Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety
fertigkriege, wenn es so weitergeht. Es ist ein gutes Theaterstück mit einigen sehr gelungenen Versen. Vielleicht könnte es der große Erfolg werden, der mir bisher verwehrt geblieben ist.
Danton wirkt in den letzten paar Tagen eher wie ein ausgestopfter räudiger Bär als wie jemand, der vorhat, den Stier bei den Hörnern zu packen. Die Hinrichtungen scheinen ihm sehr nahezugehen. Stundenlang sitzt er einfach nur da und denkt nach; wenn man ihn fragt, was er tut, sagt er: nachdenken.
Und Camille: Den werden sie niemals der Korruption überführen können, und ich glaube auch nicht, dass sie es versuchen werden. Karnickel zufolge verbringen er und Duplessis manch einen gemütlichen Nachmittag zusammen in diesem Bauernhaus, das sie haben, und ergehen sich in den Einzelheiten seiner undurchsichtigen Winkelzüge – die natürlich alle vollkommen legal sind. Es ist das Einzige, was sie verbindet.
Aber jetzt lasse ich mich schon wieder zu Beschimpfungen hinreißen. Tatsächlich würde ich Camille, wenn ich ihn in seiner absurden, überempfindlichen Art so erschüttert dreinblicken sehe, am liebsten kräftig schütteln und ihm sagen: Auch ich leide. Robespierre würde sich die Haare ausreißen und sich erbrechen, wenn er wüsste, dass de Sade ihn in diese Richtung gelenkt hat. Wenn Danton nicht bald etwas unternimmt – aber was wage ich da zu hoffen?
Ich würde nicht verlangen, dass er handelt, bevor die Zeit reif ist, falls er einen Staatsstreich plant. Ich würde nicht erwarten, dass die Rettung meines Lebens mehr als einen zufälligen Nutzen für ihn darstellt. Das können Sie für Philippe Fabre verbuchen: Ich bin im Grunde ein bescheidener Mensch.
In den letzten zwei, drei Wochen ging es mir nicht gut. Angeblich bekommen wir einen milden Winter. Hoffentlich. Ich habe einen schlimmen Husten. Ich habe schon überlegt, ob ich zu Dr. Souberbielle gehen soll, aber ich weiß nicht, ob ich sein Urteil hören will. Sein medizinisches, meine ich; er ist auch Geschworener des Tribunals, aber bei dem Urteil hätte ich keine Wahl mehr.
Ich habe keinen Appetit, habe Schmerzen in der Brust. Na ja, vielleicht spielt das alles bald keine Rolle mehr.
Danton fordert im Konvent die Einführung einer staatlichen Rente für Priester, die keine Existenzgrundlage mehr haben:
Was wird ein Priester wohl tun, wenn er keinen Lebensunterhalt mehr hat? Er wird sterben, sich den Aufständischen in der Vendée anschließen oder unser unversöhnlicher Feind werden. … Politische Forderungen sind durch die Forderungen der Vernunft und des gesunden Menschenverstandes zu temperieren … Es darf keine Intoleranz, keine Verfolgung geben. (Applaus)
DANTON : Dieser verfluchte Chaumette. Dem werd ich seinen Kult der Vernunft in den A … – um die Ohren hauen. Diese anti-religiösen Maskeraden müssen aufhören. Tag für Tag müssen wir es im Konvent über uns ergehen lassen, dass eine Prozession dröger Geistlicher ihre Seelen vor uns auswringt wie nasse Wäsche. In der Zeit, die sie brauchen, um ihrem Glauben abzuschwören, könnten sie ein Hochamt halten. Es gibt für alles eine Grenze, und ich werde ihnen klarmachen, dass diese Grenze erreicht ist.
CAMILLE : Während du weg warst, sind ein paar Sansculotten mit einem Schädel angekommen, angeblich war es der Schädel des heiligen Dionysius. Sie haben behauptet, das sei ein grausiges Relikt aus abergläubischen Zeiten, und wollten ihn loswerden. Ich hätte ihn gern genommen. Ich wollte ihn Saint-Just zeigen.
DANTON : Diese Schwachköpfe.
LOUISE : Ich hätte nicht gedacht, dass Bürger Robespierre ein religiöser Mann ist.
DANTON : Das ist er auch nicht, nicht in deinem Sinne. Aber er will keine Verfolgung und er will nicht, dass der Atheismus zur Politik erhoben wird. Allerdings gibt es etwas, was er noch viel lieber täte als die Revolution anzuführen. Er wäre nämlich gern Papst.
CAMILLE : Die Inkarnation der Gewöhnlichkeit! Nein, er strebt Höheres an.
DANTON : Der heilige Maximilien?
CAMILLE : Er redet überhaupt nicht mehr von Gott, sondern nur noch von dem Höchsten Wesen. Ich glaube, ich weiß, wer das sein soll.
DANTON : Maximilien?
CAMILLE : Genau.
DANTON : Dein Spott wird dich noch in Schwierigkeiten bringen. Saint-Just hat gesagt, wer über die Regierenden spottet, ist verdächtig.
CAMILLE : Welches Schicksal ist denen vorbehalten, die sich über Saint-Just lustig machen? Für die ist die Guillotine doch noch zu gut.
Vadier (über Danton):
Wir
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