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Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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hartnäckiger Hand an ihren Kleidern. »Wozu haben wir die Revolution denn gemacht? Ich dachte, damit wir uns gegen Unterdrückung aussprechen können. Ich dachte, um uns von der Tyrannei zu befreien. Aber wir leben in einer Tyrannei. Sag mir, wann es je eine schlimmere gegeben hat. Menschen haben aus Machthunger gemordet, aus Habgier, aus Blutdurst, aber zeig mir eine andere Diktatur, die mit Effizienz tötet, die Tugend preist und über offenen Gräbern die Banner ihrer Abstraktionen schwenkt. Wir behaupten, alles, was wir tun, diene dem Erhalt der Revolution, aber in Wirklichkeit ist die Revolution nur noch ein beseelter Kadaver.«
    Robespierre sah ihn nicht an, doch er griff nach seinem Arm. »Das stimmt alles, was du sagst«, flüsterte er. »Aber ich weiß nicht, wie ich vorgehen soll.« Eine Pause. »Komm, lass uns nach Hause gehen.«
    »Du hast doch gesagt, drinnen könnten wir uns nicht unterhalten.«
    »Das müssen wir ja auch nicht mehr, oder? Du hast alles gesagt.«
    Hébert, Le Père Duchesne :
Hier, meine braven Sansculotten, ist ein braver Mann, den ihr vergessen habt. Und das ist wahrlich undankbar von euch, denn er behauptet, ohne ihn hätte es keine Revolution gegeben. Früher kannte man ihn als den Generalstaatsanwalt der Laterne. Ihr denkt, ich rede von jenem berühmten Wüterich, der die Aristokraten in die Flucht geschlagen hat – aber nein, der Mann, von dem hier die Rede ist, behauptet, ein äußerst friedliebender Mensch zu sein. Glaubt man seinen Worten, dann wohnt ihm nicht mehr Bosheit inne als einer Taube; er ist so empfindsam, dass er das Wort »Guillotine« nicht hören kann, ohne bis ins Mark zu erschauern. Es ist höchst bedauerlich, dass er kein Redner ist, sonst würde er nämlich dem Wohlfahrtsausschuss beweisen, dass dieser sein Handwerk nicht versteht; aber mag er auch nicht sprechen können, so macht M. Camille das wett, indem er schreibt – zur großen Befriedigung der Moderaten, Aristokraten und Royalisten.
    Sitzungsbericht des Jakobinerclubs:
BÜRGER NICOLAS [Zwischenruf] : Sie sind der Guillotine sehr nah, Camille!
     
BÜRGER DESMOULINS : Und Sie sind dem Reichtum sehr nah, Nicolas! Noch vor einem Jahr haben Sie Bratäpfel zu Abend gegessen, und jetzt sind Sie der Drucker der Regierung!
[Gelächter]
     
    Hérault de Séchelles kam Mitte Dezember aus dem Elsass zurück. Seine Arbeit war getan. Die Österreicher befanden sich auf dem Rückzug, und die Grenze war gesichert. Saint-Just sollte ein, zwei Wochen später folgen, von Ruhm umweht.
    Hérault ging zu Danton, doch Danton war nicht zu Hause. Er hinterließ eine Nachricht und bat um ein Treffen, doch Danton erschien nicht. Er wollte Robespierre besuchen und wurde von den Duplays abgewiesen.
    Er stellte sich im Tuilerienpalast ans Fenster, um den Weg der Todeskarren zu verfolgen, und manchmal ging er ihnen nach und mischte sich am Ziel unters Volk. Er hörte von Ehefrauen, die ihren Mann, und von Ehemännern, die ihre Frau beim Tribunal denunzierten, von Müttern, die ihren Sohn der Nationalen Gerechtigkeit opferten, und von Kindern, die ihre Eltern verrieten. Er sah Frauen, die, vom Wochenbett aufgescheucht, ihre Kinder stillten, bis der Schinderkarren kam. Er sah Männer und Frauen ausrutschen und vornüber ins Blut ihrer Freunde fallen, sah, wie die Henker sie an ihren gefesselten Armen wieder hochzerrten. Er sah, wie triefende Köpfe hochgehalten wurden, damit die Meute sie anbellen konnte. »Warum zwingen Sie sich, das alles mitanzusehen?«, fragte ihn jemand.
    »Ich lerne, wie man stirbt.«
     
    Am 29. Frimaire eroberte die republikanische Armee Toulon zurück. Der Held der Stunde war ein junger Artillerieoffizier namens Buonaparte. »Wenn es mit den Offizieren so weitergeht wie bisher«, sagte Fabre, »gebe ich Buonaparte noch drei Monate, bis ihm der Kopf abgeschnitten wird.«
    Drei Tage später, am 2. Nivôse, zerrieben Regierungstruppen die Überreste der Rebellenarmee in der Vendée. Bewaffnete Bauern galten als Vogelfreie, die sofort zu erschießen waren; es folgte eine blutige Menschenjagd in Feldern, Wald und Sumpf.
    In dem grünen Raum mit den silbernen Spiegeln legten die zerstrittenen Mitglieder des Wohlfahrtsauschusses ihre Differenzen bei. Sie waren dabei, den Krieg zu gewinnen, und vermochten den stets gefährdeten Frieden auf den Straßen von Paris zu erhalten. »Mit diesem Ausschuss«, befand das Volk, »ist die Revolution auf dem Vormarsch.«
     
    Es war dunkel geworden. Eléonore dachte, das

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