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Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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Sicherheit des Landes über seine Frau, seine Kinder und seine Freunde zu stellen. Es ist nicht die Zeit für persönliche Gefühle.«
    Danton rang nach Luft, und Tränen traten ihm in die Augen. Er rieb sich das Gesicht, hielt seine feuchten Finger hoch. Er versuchte etwas zu sagen, doch es gelang ihm nicht.
    (Maximilien Robespierre, aus den privaten Notizbüchern: »Danton machte sich lächerlich, vergoss Krokodilstränen … bei Robespierre zu Hause.«)
    »Das ist unnötig«, sagte Robespierre. »Und nutzlos.«
    »Sie sind ein Krüppel«, sagte Danton schließlich. Seine Stimme war müde, ausdruckslos. »Nicht Couthon ist der Krüppel: Sie sind es. Wissen Sie das eigentlich, Robespierre? Wissen Sie, dass mit Ihnen etwas nicht stimmt? Stellen Sie sich je die Frage, was Gott weggelassen hat, als er Sie erschuf? Ich habe mich früher oft über Sie lustig gemacht, Sie als impotent bezeichnet, aber Ihnen fehlt mehr als die Manneskraft. Sind Sie überhaupt real? Ich sehe Sie reden und herumlaufen, aber haben Sie wirklich Leben in sich?«
    »Ich lebe sehr wohl.« Robespierre sah zu Boden. Er tippte die Fingerspitzen gegeneinander, wie ein nervöser Zeuge vor Gericht. »Ich lebe sehr wohl. Auf meine Art.«
    »Was ist passiert, Danton?«
    »Nichts. Wir sind unterschiedlicher Meinung über Fabre. Das Gespräch« – er ballte nachdenklich die eine Hand zur Faust, umschloss sie mit der anderen – »ist ergebnislos geblieben.«
    Morgens um halb sechs in der Rue Condé: Unten wurde an die Tür gehämmert, Annette zog sich die Decke über den Kopf und wollte von nichts wissen. Doch im nächsten Moment schrak sie hoch. Sie schwang sich aus dem Bett: Was ist los, was ist passiert?
    Draußen auf der Straße schrie jemand etwas. Sie griff nach ihrem Umschlagtuch. Hörte die erschrockenen Stimmen von Claude und Elise, dem Hausmädchen. Elise war Bretonin, ein schwerfälliges Mädchen mit hartem Gesicht, abergläubisch, plump-vertraulich und des Französischen nur in Maßen mächtig; ihr Kopf erschien jetzt in der Tür, und sie sagte: »Das sind Leute von der Sektion. Die wollen wissen, ob Ihr Liebhaber hier ist. Ich soll keine Lügen erzählen, haben sie gesagt, sie wären nicht von gestern.«
    »Mein Liebhaber? Du meinst, sie suchen Camille?«
    »Das haben Sie gesagt, Madame.« Elise grinste.
    Das Mädchen war im Nachthemd. In der einen Hand hielt sie ein qualmendes, fast heruntergebranntes Talglicht. Annette schlug im Vorbeieilen nach ihr, sodass ihr die Kerze aus der Hand fiel und auf dem Boden erlosch. Die Klage des Mädchen folgte Annette: »Das war meine Kerze, nicht Ihre!«
    Im Stockfinstern stieß Annette mit jemandem zusammen. Eine Hand schoss vor und packte sie am Handgelenk. Sie roch den weingeschwängerten Atem eines Mannes, der sagte: »Was haben wir denn da?« Sie versuchte sich loszureißen, woraufhin er noch fester zugriff. »Das ist doch Madame, fast ohne Kleider.«
    »Es reicht, Jeannot«, sagte eine andere Stimme. »Los, wir brauchen ein paar Kerzen.«
    Jemand öffnete die Fensterläden. Von der Straße drang Fackellicht herein, kroch über die Wände. Elise hatte weitere Kerzen gebracht. Jeannot trat einen Schritt zurück und grinste anzüglich. Er trug die grobe, sackartige Kleidung des praktizierenden Sansculotte, dazu eine rote Mütze mit blau-weiß-roter Kokarde, die er sich bis über die Augenbrauen heruntergezogen hatte. Die Mütze sah so albern aus, dass Annette unter anderen Umständen laut aufgelacht hätte. Jetzt drängten sich ein halbes Dutzend Männer ins Zimmer, gafften, rieben sich fluchend die Hände. Das Volk, dachte sie. Max’ geliebtes Volk.
    Der Mann, der Jeannot zurückgerufen hatte, trat nun vor. Es war ein mausgesichtiger Junge in einem schäbigen schwarzen Mantel. Er hatte einige Papiere in der Hand.
    »Gesundheit und Brüderlichkeit, Bürgerin. Wir kommen von der Sektion Mutius Scaevola.« Er hielt ihr das oberste Blatt unter die Nase. »Sektion Luxembourg« war durchgestrichen, daneben stand in Tinte der neue Name. »Ich habe hier« – er blätterte in seinen Unterlagen – »einen Haftbefehl für Claude Duplessis, Beamter im Ruhestand, wohnhaft unter dieser Anschrift.«
    »Das ist doch idiotisch«, sagte Annette. »Das muss ein Irrtum sein. Ein Haftbefehl wegen was?«
    »Konspiration, Bürgerin. Wir haben Anweisung, die Räumlichkeiten zu durchsuchen und jegliche verdächtigen Papiere zu beschlagnahmen.«
    »Wie können Sie es wagen, um diese Uhrzeit hier zu erscheinen –«
    »Wenn

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