Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety
hier«, sagte sie. »Wir sind auf immer vereint.«
Einen Moment lang brachte er kein Wort über die Lippen. »Wie kann ich Ihnen helfen?«, fragte er schließlich.
»Wir sind nicht um Hilfe gekommen.« Eine trockene Stimme, knochentrocken. Sie schwieg einen Augenblick, wie um zu horchen. »Schlagen Sie jetzt zu«, sagte sie dann.
»Wie meinen –?«
»Er ist gerade im Nationalkonvent. Robespierre.«
»Ich finde doch schon so keine Ruhe mehr.« Er stand auf, stolperte durchs Zimmer. Eine abergläubische Angst erfasste ihn, durch seine eigenen Worte ausgelöst. »Ich kann seinen Tod nicht auf mich nehmen.«
»Er oder Sie, Danton. Gehen Sie in den Konvent, jetzt sofort. Sie müssen den Patrioten in Aktion erleben. Sie müssen sich ein Bild von seiner Stimmung machen und sich auf einen Kampf vorbereiten.«
»Also gut, ich werde hingehen. Ihnen zuliebe. Aber ich glaube, Sie irren, Bürgerin, ich glaube, weder Robespierre noch sonstwer im Ausschuss würde es wagen, gegen mich vorzugehen.«
»Sie glauben, die würden es nicht wagen.« Höhnisch. Sie näherte sich ihm, hob ihr gelbes Gesicht mit den breiten Lippen. »Sie kennen mich?«, fragte sie. »Sagen Sie mir, Bürger, wann haben wir je geirrt?«
RUE HONORÉ : »Du verschwendest meine Zeit«, sagte Robespierre. »Ich habe dir vor der Sitzung des Konvents gesagt, was ich vorhabe. Die Dokumente für Hébert und Fabre sind beim Öffentlichen Ankläger. Du kannst Haftbefehle für die Abgeordneten Philippeaux und Lacroix ausstellen. Aber sonst für niemanden.«
Saint-Justs Stimme ließ das kleine Wohnzimmer erbeben. Seine Faust sauste auf einen Tisch nieder. »Wenn Danton auf freiem Fuß bleibt, sitzt morgen du hinter Schloss und Riegel. Und dann wird es keine Woche dauern, bis du einen Kopf kürzer bist.«
»Hör auf, bitte. Beruhige dich. Ich kenne Danton. Er ist immer ein vorsichtiger Mensch gewesen, er wägt ab. Er wird nichts tun, sofern er sich nicht genötigt fühlt zu handeln. Er weiß sicher, dass du belastendes Material gegen ihn sammelst. Und er bereitet sich zweifellos darauf vor, es zu widerlegen.«
»Ja – mit Waffengewalt. Das ist seine Vorstellung vom Widerlegen. Frag Philippe Lebas. Frag den Polizeiausschuss. Frag jeden Patrioten im Jakobinerclub, sie werden dir alle das Gleiche sagen.« Ein kräftiges Rot war auf seiner makellosen weißen Haut aufgeflammt, und seine dunklen Augen leuchteten. Ihm macht das Spaß, dachte Robespierre angewidert. »Danton ist ein Verräter an der Republik, er ist ein Mörder, er hat nie Kompromisse gemacht. Wenn wir nicht sofort handeln, wird keiner von uns mehr übrig sein, um sich ihm entgegenzustellen.«
»Du widersprichst dir. Erst sagst du, er sei nie ein Republikaner gewesen, sei von Lafayette bis Brissot jedem Konterrevolutionär gefällig gewesen. Und dann sagst du, er sei nie Kompromisse eingegangen.«
»Das sind Spitzfindigkeiten. Bist du denn der Ansicht, dass Danton in der Republik auf freiem Fuß sein sollte?«
Robespierre senkte den Blick, überlegte. Er begriff das Wesen der Republik, von der Saint-Just sprach. Es war nicht die Republik, die von Rhein und Pyrenäen begrenzt wurde, sondern die Republik des Geistes, nicht die Stadt von Stein und Fleisch, sondern eine Hochburg der Tugend, das Reich der Gerechten. »Ich bin mir nicht sicher«, sagte er. »Ich kann mich nicht entscheiden.« Von der Wand betrachtete ihn abschätzend sein eigenes Gesicht. Er wandte sich um. »Philippe?«
Philippe Lebas stand in der Tür, die das kleine Wohnzimmer mit dem größeren Salon der Duplays verband. »Es gibt da etwas, das Ihnen bei der Entscheidung helfen könnte«, sagte er.
»Irgendetwas von Vadier«, sagte Robespierre skeptisch. »Vom Polizeiausschuss.«
»Nein, von Babette.«
»Von Babette? Ist sie hier? Ich kann Ihnen nicht folgen.«
»Kommen Sie mal einen Moment herüber? Es wird nicht lange dauern.« Robespierre zögerte. »Herrje«, sagte Philippe erregt. »Sie wollten wissen, ob Danton es wert ist, am Leben zu bleiben. Saint-Just, kommen Sie?«
»Also gut«, sagte Robespierre. »Aber eigentlich ziehe ich es vor, solche Diskussionen nicht bei mir zu Hause zu führen.«
Die ganze Familie Duplay war im Salon versammelt. Er sah sich um. Es lag eine solche Spannung in der Luft, dass er Gänsehaut bekam. »Was hat das zu bedeuten?«, fragte er sanft. »Ich verstehe das nicht.«
Niemand sagte etwas. Babette saß allein an dem großen Tisch, wie vor einem Ausschuss. Er beugte sich hinunter und
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