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Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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passiert.«
    Er quittierte die Unterbrechung mit einem bösen Blick. »Also, Babette.« Er nahm wieder ihre Hand, oder nein: Er berührte ihren Handrücken mit den Fingerspitzen.
    »Los, Babette«, sagte ihr Mann, gröber, als ihm lieb war. »Erzähl ihm, was passiert ist.«
    »Ach, er hat den Arm um mich gelegt. Ich wollte kein Theater machen – man muss ja irgendwann erwachsen werden, und überhaupt – er hat die Hand in mein Kleid geschoben, aber ich dachte, na ja, man hat ihn ja schon in der ehrenwertesten Gesellschaft gesehen, also … Ich meine, was er mit Bürgerin Desmoulins gemacht hat – ich habe Leute erzählen hören, dass er mehr oder weniger über sie hergefallen ist, in aller Öffentlichkeit, aber natürlich ist das unbedeutend, weil er ja nicht bis zum Letzten geht. Trotzdem hab ich mit aller Kraft versucht, mich loszureißen. Aber er ist sehr stark, das wissen Sie ja, und was er für Wörter gesagt hat – ich kann das nicht wiederholen –«
    »Ich denke, das musst du.« Robespierres Stimme war kalt wie Eis.
    »Also, er hat gesagt, er wollte mir zeigen, um wie viel besser es mit einem Mann ist, der Erfahrung mit den Frauen hat, als mit so einem hochgesinnten, jungfräulichen Robespierre-Jünger – und dann hat er versucht –« Sie hielt sich die verschränkten Finger vors Gesicht. Ihre Stimme drang kaum hörbar dahinter hervor. »Ich habe mich natürlich gewehrt. Er hat gesagt, deine Schwester Eléonore ist nicht so moralisch. Die weiß genau, was wir Republikaner wollen. Ich glaube, da bin ich dann ohnmächtig geworden.«
    »Das sollte ja wohl reichen?«, sagte Lebas. Er trat zur Seite und legte die Hände nun auf Robespierres Stuhllehne, sodass er auf dessen Nacken hinunterblickte.
    »Stellen Sie sich nicht so hinter mich«, sagte Robespierre scharf. Doch Lebas rührte sich nicht vom Fleck. Robespierre sah sich im Zimmer um, auf der Suche nach einer Ecke, einem Winkel, wo er das Gesicht hinwenden konnte, während er um Fassung rang. Doch von überallher starrten ihn Duplays an. »Wann bist du wieder zu dir gekommen?«, fragte er also. »Und wo warst du?«
    »Im selben Zimmer«, sagte sie mit bebender Stimme. »Meine Kleider waren in Unordnung, mein Rock –«
    »Ja«, sagte Robespierre. »Wir brauchen keine Einzelheiten.«
    »Außer mir war niemand im Zimmer. Als ich mich wieder gefasst hatte, bin ich aufgestanden und habe mich umgesehen. Es war niemand da, also bin ich zur Haustür hinausgerannt.«
    »Du willst mir – nur um das klarzustellen – du willst mir also sagen, dass Danton dich vergewaltigt hat?«
    »Ich habe mich gewehrt, solange ich konnte.« Sie begann zu weinen.
    »Und was ist dann passiert?«
    »Dann?«
    »Ich nehme an, du bist nach Hause gegangen. Was hat Panis’ Frau gesagt?«
    Sie hob das Gesicht. Eine perfekte Träne rollte ihre Wange hinunter. »Sie hat gesagt, dass ich auf keinen Fall irgendjemand anderem davon erzählen soll. Weil es dann fürchterlichen Ärger gäbe.«
    »Und daran hast du dich gehalten.«
    »Ja, bis jetzt. Ich dachte, ich müsste –« Sie brach erneut in Tränen aus. Ganz unerwartet stieß sich Saint-Just von der Wand ab, beugte sich über sie und tätschelte ihr den Kopf.
    »Babette«, sagte Robespierre. »Nicht weinen, komm, hör mir zu. Wo waren Dantons Dienstboten, als das passiert ist? Er ist ein Mann, der nicht ohne Dienstboten auskommt, irgendjemand muss doch im Haus gewesen sein?«
    »Ich weiß es nicht. Ich habe geschrien und gebrüllt, aber es ist niemand gekommen.«
    Mme Duplay ergriff das Wort. Sie hatte die ganze Zeit geschwiegen und große Geduld bewiesen, und jetzt sagte sie zögernd: »Wissen Sie, Maximilien, was da passiert ist, ist ja schon schlimm genug, aber es gibt noch ein weiteres Problem –«
    »Ich bin mir sicher, dass er eins und eins zusammenzählen kann«, sagte Saint-Just.
    Es dauerte einen Augenblick, bis er begriff. »Das heißt, Babette … du hast damals noch nicht gewusst –«
    »Nein.« Sie ließ den Kopf wieder sinken. »Wie kann ich es wissen? Vielleicht hatte ich schon empfangen – ich weiß es einfach nicht. Ich hoffe es natürlich. Ich hoffe, dass ich nicht mit seinem Kind schwanger bin.«
    Nun hatte sie es ausgesprochen – den Gedanken hatten sie alle schon gehabt, aber nun, da er laut ausgesprochen war, stockte ihnen vor Entsetzen der Atem.
    Nur er, Robespierre, übte sich in Selbstbeherrschung. Es war jetzt wichtig, der Versuchung zu widerstehen: der Versuchung, wie ein Bettler in das

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