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Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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vorbereitet«, sagte Fouquier missmutig.
    »Der Betrüger Chabot und seine Kumpane Basire und Delaunay, beide Abgeordnete –«
    »Um sie zu diskreditieren«, sagte Hermann.
    »Ja«, sagte Fouquier. »Wir werfen die Politiker mit Dieben und Schwindlern in einen Topf, dann werden die Leute denken, wenn einer wegen Betrugs angeklagt ist, gilt das für alle anderen auch.«
    »Wenn ich fortfahren dürfte? Außerdem eine Handvoll Ausländer – die Gebrüder Frei, der spanische Bankier Guzman, der dänische Geschäftsmann Diedrichsen. Oh, und dieser Heereslieferant, der Abbé d’Espanac. Die Anklage lautet auf Konspiration, Betrug, Hamsterei, Währungsspekulation, Verkehr mit fremden Mächten – das überlasse ich Ihnen, Fouquier. Es herrscht kein Mangel an belastendem Material gegen sämtliche Angeklagten.«
    »Außer gegen Danton.«
    »Tja, das ist jetzt Ihr Problem. Übrigens, Bürger – wissen Sie, was das hier ist?«
    Fouquier schaute nach unten. »Natürlich. Blanko-Haftbefehle, die vom Ausschuss unterzeichnet sind. Eine gefährliche Praxis, wenn ich das bemerken darf.«
    »Ja, gefährlich, nicht wahr?« Saint-Just drehte die beiden Blätter wieder zu sich und trug jeweils einen Namen ein. Dann nahm er sie zwischen Daumen und Zeigefinger und wedelte sie durch die Luft, damit die Tinte trocknete. »Das hier ist Ihrer, Hermann – und dieser, Bürger Ankläger, ist Ihrer.« Er lächelte, faltete sie zusammen und steckte sie in die Innentasche seines Rockes. »Nur für den Fall, dass bei der Verhandlung etwas schiefläuft«, sagte er.
     
    DER NATIONALKONVENT : Die Sitzung beginnt im Chaos. Als Erster springt Legendre auf. Er sieht abgespannt aus, vielleicht wurde er frühmorgens von Geräuschen auf der Straße geweckt?
    »Gestern Nacht wurden mehrere Mitglieder dieser Versammlung verhaftet. Einer davon ist Danton, wer die anderen sind, weiß ich nicht. Ich fordere, dass die festgenommenen Mitglieder des Konvents hier vor Gericht gestellt und von uns verurteilt oder freigesprochen werden. Ich bin davon überzeugt, dass Danton eine ebenso reine Weste hat wie ich –«
    Ein Wispern geht durch die Reihen. Köpfe drehen sich. Präsident Tallien blickt auf, als die Mitglieder der Ausschüsse eintreten. Collots Gesicht sieht schlaff aus, unbenutzt: Er schlüpft immer erst in seine Rolle, wenn die Vorstellung beginnt. Saint-Just trägt einen blauen Rock mit goldenen Knöpfen und hat eine Menge Papiere dabei. Ein alarmiertes Raunen erhebt sich. Der Polizeiausschuss: Vadier mit seinem langen, fleckigen Gesicht und den eingesunkenen Augen, Lebas mit entschlossener Miene. Und dann, in dem kurzen Schweigen, das ihr Erscheinen zeitigt, gleich einem großen Tragöden, der seinen Auftritt verzögert: Bürger Robespierre – der Unbestechliche höchstpersönlich. Im Gang zwischen den Stuhlreihen zögert er kurz, und einer seiner Kollegen gibt ihm einen Stoß ins Kreuz.
    Er bestieg die Rednertribüne, legte die gefalteten Hände auf seine Unterlagen, schwieg. Einige Sekunden verstrichen. Seine Augen wanderten durch den Raum, verweilten, so die Fama, für die Dauer zweier Herzschläge auf all jenen, denen er misstraute. Dann begann er zu sprechen, ruhig und gleichmäßig. Dantons Name fiel, als wäre irgendein Privileg damit verbunden. Aber von jetzt an werde es keine Privilegien mehr geben; verderbte Götzen würden gestürzt werden. Er hielt inne. Schob sich die Brille auf die Stirn. Seine Augen hefteten sich auf Legendre, fixierten ihn mit ihrem eiskalten, kurzsichtigen Blick. Legendre presste seine riesigen Schlachterhände aneinander, diese ochsentötenden, halsdurchtrennenden Pranken, bis die Knöchel ganz weiß waren. Und im nächsten Moment sprang er auf und stammelte: Sie haben mich missverstanden, Sie haben mich missverstanden. »Wer Angst zeigt, ist schuldig«, sagte Robespierre. Er stieg von der Rednertribüne, den dünnen, schmalen Mund zu einem fast höhnischen Lächeln verzogen.
    In den folgenden zwei Stunden verlas Saint-Just seinen Bericht über die Machenschaften der Dantonisten. Er hatte ihn in der Annahme verfasst, er werde den Angeklagten beim Verlesen vor sich haben, und hatte keine Änderungen mehr vorgenommen. Hätte Danton tatsächlich vor ihm gestanden, wäre sein Vortrag immer wieder durch die lautstarken Proteste von dessen Anhängern auf der Galerie sowie dessen eigene lautstarke Rechtfertigungen unterbrochen worden, doch Saint-Just sprach ins Leere, und es herrschte eine tiefe Stille, die sich aus sich

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