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Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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Sinne der Mitmenschlichkeit, Elisabeth«, sagte sie, »werden Sie bitte dafür sorgen, dass dieser Brief zu ihm gelangt.«
    »Es wird nichts nützen.« Sie lächelte. »Sein Entschluss ist gefasst.«
    Oben im Haus saß Robespierre allein und wartete darauf, dass die beiden Frauen gingen. Als sie auf die Straße traten, brach die Sonne durch die Wolken, und sie liefen durch die berauschend milde Frühlingsluft nach Hause.
    Camille Desmoulins an Lucile Desmoulins, aus dem Gefängnis im Palais du Luxembourg:
Ich habe in der Wand meines Zimmers einen Riss entdeckt und das Ohr daran gelegt, und da hörte ich jemanden stöhnen. Ich habe ein paar Worte riskiert, worauf ich die Stimme eines schmerzgeplagten Kranken hörte. Er fragte nach meinem Namen. Als ich ihn nannte, rief er, »O Gott!« und sank wieder auf das Bett, von dem er sich hochgerafft hatte. Da erkannte ich Fabre d’Églantines Stimme. »Ja, ich bin Fabre«, sagte er. »Aber was machst du hier? Hat die Konterrevolution begonnen?«
    Voruntersuchung im Luxembourg:
    L. Camille Desmoulins, Anwalt, Journalist, Abgeordneter des Nationalkonvents, vierunddreißig Jahre alt, wohnhaft in der Rue Marat. Anwesend: F.-J. Denisot, zusätzlicher Richter des Revolutionstribunals; F. Girard, stellvertretender Urkundsbeamter des Revolutionstribunals; A. Fouquier-Tinville; und G. Liendon, stellvertretender öffentlicher Ankläger.
    Vernehmungsprotokoll:
    F: Ob er gegen die französische Nation konspiriert habe und durch die Zerstörung der nationalen Vertretung und republikanischen Regierung die Monarchie habe wiederherstellen wollen?
    A: Nein.
    F: Ob er einen Anwalt habe?
    A: Nein.
    Wir ernennen sonach Chauveau-Lagarde.
     
    Lucile und Annette gehen in den Jardin du Luxembourg. Sie bleiben stehen, legen den Kopf in den Nacken, suchen ohne große Hoffnung die Fassade ab. Das Kind weint in den Armen seiner Mutter, es will nach Hause. An einem der Fenster steht Camille. Hinter ihm im schummrigen Zimmer steht der Tisch, an dem er den größten Teil des Tages gesessen und eine Verteidigungsrede aufgesetzt hat, ohne dass man ihm bisher mitgeteilt hätte, wie die Anklage lautet. Der raue Aprilwind reißt an Luciles Haar, es flattert, schlängelt sich von ihrem Kopf weg wie das Haar einer Ertrunkenen. Sie dreht den Kopf, sucht immer noch. Er kann sie sehen; sie sieht ihn nicht.
     
    Camille Desmoulins an Lucile Desmoulins:
     
Gestern, als der Bürger, der dir meinen Brief gebracht hat, zurückkam, habe ich gefragt: »Und, haben Sie sie gesehen?«, so wie ich es auch den Abbé Laudréville immer gefragt habe, und ich ertappte mich dabei, wie ich ihn betrachtete, als haftete etwas von dir an seiner Person, seiner Kleidung …
     
    Die Zellentür fiel ins Schloss. »Er hat gesagt, er habe gewusst, dass ich kommen würde.« Robespierre lehnte sich gegen die Wand. Er schloss die Augen. Sein ungepudertes Haar schimmerte im Licht der Fackel rötlich. »Ich sollte nicht hier sein. Ich hätte nicht kommen sollen. Aber ich wollte … Ich konnte nicht anders.«
    »Also kein Handel«, stellte Fouquier fest. Auf seinem Gesicht zeichnete sich Ungeduld ab, auch leichter Spott, wobei nicht erkennbar war, wem dieser galt.
    »Kein Handel. Er hat gesagt, Danton gibt uns noch drei Monate.« Seine forschenden blaugrünen Augen suchten im Dämmerlicht Fouquiers Blick.
    »Geschwätz.«
    »Ich glaube, er hat einen Moment lang gedacht, ich sei gekommen, um ihm vor der Verhandlung noch eine Fluchtmöglichkeit anzubieten.«
    »Tatsächlich?«, fragte Fouquier. »Das entspräche Ihnen doch überhaupt nicht. Das müsste er doch wissen.«
    »Ja, eigentlich schon.« Er stieß sich von der Wand ab, dann streckte er noch einmal die Hand danach aus und strich über den Verputz. »Lebwohl«, flüsterte er. Schweigend gingen sie los. Doch plötzlich blieb Robespierre wie angewurzelt stehen. »Hören Sie mal.« Hinter einer geschlossenen Tür erklang Gemurmel und dann ein ungezwungenes lautstarkes Lachen. »Danton«, flüsterte Robespierre mit ehrfürchtiger Miene.
    »Kommen Sie«, sagte Fouquier, doch Robespierre blieb stehen und horchte.
    »Wie kann er das tun? Wie kann er lachen?«
    »Wollen Sie die ganze Nacht hier stehen bleiben?«, fragte Fouquier. Er war dem Unbestechlichen gegenüber immer sehr auf Korrektheit bedacht gewesen, aber wo war der Unbestechliche? Er schlich durchs Gefängnis, um Handel abzuschließen, Angebote und Versprechungen zu machen. Fouquier sah einen kleingewachsenen jungen Mann neben

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