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Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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bitten. Hermann sitzt mit leicht geöffnetem Mund über seine Gesetzestexte gebeugt und beobachtet ihn. Danton kommt es vor, als hätte sich der gesamte Staub seiner Heimat, jenes gelben Bodens jenseits von Arcis, in seiner Kehle gesammelt und ersticke ihn.
    Hermann steckt Fouquier einen Zettel zu: In einer halben Stunde unterbreche ich Dantons Verteidigungsrede.
    Er merkt schließlich, auch wenn er es so lange wie möglich ignoriert, dass seine Stimme ihre Kraft verliert. Und der morgige Kampf steht noch bevor, er kann es sich nicht leisten, heiser zu werden. Er zückt ein Taschentuch und wischt sich die Stirn ab. Hermann springt auf.
    »Der Zeuge ist erschöpft. Wir vertagen uns auf morgen.«
    Danton schluckt und erhebt in einer letzten Anstrengung noch einmal die Stimme. »Ich werde meine Verteidigungsrede morgen fortsetzen.«
    Hermann nickt verständnisvoll.
    »Und morgen werden unsere Zeugen aussagen.«
    »Morgen.«
    »Sie haben die Liste der Leute, die wir in den Zeugenstand berufen wollen.«
    »Wir haben Ihre Listen.«
    Das Publikum applaudiert geschlossen. Er dreht sich um. Dann sieht er, dass Fabres Lippen sich bewegen, und beugt sich zu ihm. »Sprich weiter, Georges. Wenn du jetzt aufhörst, werden sie dich nicht mehr sprechen lassen. Mach weiter – es ist unsere einzige Chance.«
    »Ich kann nicht mehr. Meine Stimme muss sich erholen.« Er setzt sich, starrt geradeaus ins Leere. Dann reißt er sich das Tuch vom Hals. »Der Tag ist vorbei.«
     
    14.  GERMINAL , abends, in den Tuilerien. »Sie werden mir vermutlich zustimmen«, sagte Robespierre, »dass Sie nicht sehr weit gediehen sind.«
    »Im Gericht herrscht ein unglaublicher Tumult.« Fouquier schritt im Zimmer auf und ab. »Wir haben Angst, dass uns die Leute die Gefangenen entreißen.«
    »Ich glaube, da kann ich Sie beruhigen. Das ist noch nie passiert. Und das Volk ist Danton nicht sonderlich zugetan.«
    »Bei allem Respekt, Bürger Robespierre –«
    »Ich weiß das – das Volk ist niemandem mehr sonderlich zugetan. Ich habe Erfahrung, ich weiß diese Dinge einzuschätzen. Die Leute genießen das Spektakel, das ist alles.«
    »Trotzdem kommen wir einfach nicht voran. Danton wendet sich in seiner Verteidigungsrede immer wieder an die Zuschauer.«
    »Es war ein Fehler, sie zuzulassen. Ein Kreuzverhör wäre angebracht gewesen. Hermann hätte diese Rede nicht erlauben sollen.«
    »Sorgen Sie dafür, dass er sie nicht fortsetzen kann«, sagte Collot.
    Fouquier neigte den Kopf. Ein Halbsatz Dantons fiel ihm ein: die drei oder vier Kriminellen, die Robespierre ruinieren. »Ja, ja, selbstverständlich«, sagte er.
    »Wenn es morgen nicht besser läuft«, sagte Robespierre, »lassen Sie mir eine Nachricht zukommen. Wir werden sehen, wie wir Abhilfe schaffen können.«
    »Wie wollen Sie das machen?«
    »Nach dem Prozess gegen Brissot haben wir die Drei-Tages-Regel eingeführt. Bloß kam das damals zu spät. Es gibt keinen Grund, warum Sie nicht neue Verfahrensregeln erhalten sollten, wenn Sie sie brauchen, Fouquier. Wir wollen nicht, dass sich das Ganze noch weiter in die Länge zieht.«
    Ruiniert, korrumpiert, dachte Fouquier, ein ausgebluteter Heiland: Sie haben ihm das Herz gebrochen. »Ja, Bürger Robespierre«, sagte er. »Danke, Bürger Robespierre.«
    »Diese Desmoulins macht uns gehörigen Ärger«, sagte Saint-Just plötzlich.
    Fouquier blickte auf. »Wie könnte uns die kleine Lucile Ärger machen?«
    »Sie hat Geld. Sie hat Beziehungen. Nach den Verhaftungen hat sie alle Hebel in Bewegung gesetzt. Sie scheint verzweifelt zu sein.«
    »Fangen Sie morgen früh schon um acht an«, sagte Robespierre. »Vielleicht können Sie den Zuschauern ein Schnippchen schlagen.«
     
    Camille Desmoulins an Lucile Desmoulins:
     
Ich bin fünf Jahre lang am Abgrund der Revolution entlanggegangen, ohne abzustürzen, und ich lebe immer noch. Ich habe von einer Republik geträumt, die auf der ganzen Welt Bewunderung weckt; ich hätte nie gedacht, dass Menschen so grausam und so ungerecht sein können.
     
    »An einem Tag wie heute, vor etwa einem Jahr, habe ich das Revolutionstribunal gegründet. Ich bitte Gott und die Menschheit um Vergebung.«
    Der dritte Tag.
    »Wir werden nun«, sagt Fouquier, »zur Vernehmung von Emmanuel Frei schreiten.«
    »Wo sind meine Zeugen?«
    Fouquier gibt sich überrascht. »Über Zeugen entscheidet der Ausschuss, Danton.«
    »Der Ausschuss? Was hat der Ausschuss damit zu tun? Ich habe ein Recht auf Zeugen. Wenn Sie meine Zeugen

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