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Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety

Titel: Brüder - Mantel, H: Brüder - A Place of Greater Safety Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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Kredit für den Staat aufzunehmen. Wenn er sich nicht durchsetzen kann, wird er gezwungen sein, die Generalstände einzuberufen. Philippe macht sich bereit, eine – wie de Sillery sagen würde – Breitseite gegen die königliche Autorität abzufeuern.
    Camille traf Lucile vor Saint-Sulpice, wo sie gerade den Segen empfangen hatte. »Unsere Kutsche steht da drüben«, sagte sie. »Unser Mann, Théodore, ist im Prinzip auf meiner Seite, aber er wird demnächst herüberkommen müssen. Beeilen wir uns also.«
    »Aber Ihre Mutter sitzt da nicht drin?« Er wirkte alarmiert.
    »Nein, die ist zu Hause und schmollt. Übrigens habe ich gehört, dass Sie an einem Tumult beteiligt waren.«
    »Woher wissen Sie denn das?«
    »Die Gerüchteküche brodelt. Claude kennt da so einen Mann namens Charpentier. Na ja, wie Sie sich vorstellen können, ist Claude begeistert.«
    »Sie sollten hier nicht stehen«, sagte er. »Ein scheußlicher Tag. Sie werden nass.«
    Sie hatte den deutlichen Eindruck, dass er sie am liebsten in die Kutsche gepackt hätte, um sie loszuwerden.
    »Manchmal«, sagte sie, »träume ich davon, an einem warmen Ort zu leben. Wo jeden Tag die Sonne scheint. Italien wäre schön. Dann wieder denke ich, nein, bleib zu Hause und fröstele ein bisschen vor dich hin. Das viele Geld, das mein Vater für meine Mitgift beiseitegelegt hat, sollte ich mir nicht durch die Finger rutschen lassen. Es wäre geradezu undankbar. Wir sollten hier heiraten«, sie hob die Hand, »an einem Termin unserer Wahl. Danach könnten wir nach Italien in den Urlaub fahren. Nachdem wir uns gegen diesen Widerstand durchgesetzt haben, werden wir einen Urlaub brauchen. Wir könnten mit ein paar Elefanten die Alpen überqueren.«
    »Sie wollen mich also heiraten?«
    »Aber ja.« Sie sah ihn erstaunt an. Wie war es möglich, dass sie vergessen hatte, ihm das zu sagen? Wo sie doch seit Wochen an nichts anderes mehr dachte? Vielleicht hatte sie auch auf die Gerüchteküche vertraut. Aber dass die ihre Wirkung nicht getan hatte … Konnte es sein, dass er gar nicht mehr daran gedacht hatte? »Camille …«, sagte sie.
    »Sehr gut«, sagte er. »Aber wenn ich Elefanten organisieren soll, reicht mir ein einfaches Versprechen nicht. Dann müssen Sie einen feierlichen Schwur ablegen. Sagen Sie: ›Bei den Gebeinen des Abbé Terray‹.«
    Sie kicherte. »Bei uns wird der Abbé Terray sehr ernst genommen.«
    »Genau das meine ich: einen ernsten Schwur.«
    »Wie Sie wollen. Ich schwöre bei den Gebeinen des Abbé Terray, dass ich Sie heiraten werde, egal was irgendwer sagt, und selbst wenn der Himmel einstürzt. Eigentlich sollten wir uns jetzt wohl küssen, aber mehr als dies« – sie streckte die Hand aus – »geht im Moment nicht. Sonst gerät Théodore in einen Gewissenskonflikt und kommt sofort herüber.«
    »Sie könnten Ihren Handschuh ausziehen«, sagte er. »Das wäre ein Anfang.«
    Sie zog den Handschuh aus und reichte ihm die Hand. Sie hatte gedacht, dass er vielleicht ihre Fingerspitzen küssen würde, doch stattdessen griff er nach ihnen, drehte ihre Hand fast grob um und drückte sie mit der Innenseite einen Moment lang an den Mund. Genau das, er küsste sie nicht, hielt sie nur reglos an den Mund. Sie erschauerte. »Sie kennen sich aus, wie?«, sagte sie dann.
    Die Kutsche war jetzt vorgefahren. Die Pferde schnauften geduldig, traten auf der Stelle; Théodore hatte sich mit dem Rücken zu ihnen hingesetzt und betrachtete mit größtem Interesse das Geschehen auf der Straße. »Hören Sie zu«, sagte sie. »Wir kommen hierher, weil meine Mutter eine Schwäche für einen der Geistlichen hier hat. Sie hält ihn für einen religiös hochstehenden, erhabenen Mann.«
    Théodore wandte sich ihnen jetzt zu. Er öffnete ihr die Tür. Sie drehte sich um. »Er heißt Abbé Laudréville. Er kommt so oft zu uns, wie meine Mutter meint, über ihre Seele sprechen zu müssen, und das ist dieser Tage mindestens dreimal die Woche. Und er hält meinen Vater für einen empfindungslosen Menschen. Schreiben Sie mir also.« Die Tür knallte zu, und sie sprach durchs Fenster weiter zu ihm. »Ich nehme an, mit älteren Priestern können Sie gut umgehen. Wenn Sie mir schreiben, wird er mir die Briefe bringen. Kommen Sie zur Abendmesse, dann werden Sie Antworten erhalten.« Théodore griff nach den Zügeln. Sie zog den Kopf zurück. »So erfüllt die Frömmigkeit wenigstens einen Zweck«, murmelte sie.
    NOVEMBER : Camille bekommt im Café du Foy die Worte gar nicht

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