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Brüder und Schwestern

Brüder und Schwestern

Titel: Brüder und Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Meinhardt
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verwirrt. Aus allem anderen halten Sie sich heraus, wenn ich bitten darf. Kein gemeinsames Essen, keine seltsamen Spiele, keine törichten Beschwörungen. Herrn Antonio die einfachsten Zeichen und Zahlen zu lehren, das und nichts anderes wünschte ich von Ihnen, Karandasch. Ich dachte eigentlich, das alles sei Ihnen klar, aber ich habe mich wohl geirrt. Und deshalb, schauen Sie, möchte ich Ihnen, gewissermaßen zur Untermauerung meines für Sie vielleicht unmaßgeblichen Wunsches, ein Buch in die Hand geben, in dem der Lernstoff verzeichnet ist, auf den ich Wert lege … nun scheuen Sie sich nicht, Karandasch, nehmen Sie nur, wie oft hat es sich schon erwiesen, daß es hilfreich für den Menschen ist, wenn er etwas schwarz auf weiß vor sich hat, woran er sich halten kann. Obacht übrigens, es ist ein Unikat, und es ist noch ganz neu.« Mit diesen Worten nötigte er mir eine großformatige, schmale Fibel auf. Zögernd und zitternd begann ich, darin zu blättern. Schon hatte ich Schwärze an den Fingern; das Buch mußte tatsächlich soeben erst hergestellt worden sein. Plötzlich stoppte die Kutsche, und die Fibel fiel mir beinahe aus den Händen. Der Oberste öffnete die Tür, hieß mich aussteigen und sagte nicht ohne Mitleid: »Ein bißchen frische Luft tut Ihnen gut, Sie sind ja ganz blaß, Karandasch. Ihnen ist nicht wohl, das sehe ich. Also dann, gehen Sie ruhig, ab in die Natur mit Ihnen, damit Sie morgen wieder bei Kräften sind.« Und milde nickte er mir zu. Ich setzte mich in Bewegung, aber als die Kutsche mich überholte und ich, wohl unerwartet für den Obersten, kurz durch die Scheibe sah, traf mich ein kalter, böser Blick.
    Zu Hause legte ich mich vor Erschöpfung nieder. Ich hoffte, ein wenig Schlaf zu finden, aber ich war zu aufgeregt, und es war erst Nachmittag. Also schlug ich ein zweites Mal die Fibel auf. Etwas stimmte nicht mit ihr, das hatte ich schon in der Kutsche gemerkt, aber auch jetzt kam ich nicht darauf, was es war. Ich schlug sie wieder zu, drehte und wendete sie, öffnete sie abermals, und plötzlich begriff ich es: Sie hatte das Format eines reich bebilderten Kinderbuches, enthielt jedoch keine einzige Zeichnung. Ich überlegte, ob der Oberste keine Zeichnungen gewünscht oder ob ihm schlicht die Zeit gefehlt hatte, welche anfertigen zu lassen, und vermutete, beides träfe zu. Dann begann ich zu lesen. Auf jeder der nicht mehr als 50 Seiten befanden sich zwei oder drei in einfachsten Worten gehaltene Erklärungen über Dinge und Wesen, die auf der Erde eine gewisse Rolle spielen. Um meinen Lesern einen Eindruck von dem Geschriebenen zu vermitteln, drucke ich im folgenden zwei dieser kurzen Texte ab.
    1. Die Biene. Die Biene lebt einzeln oder in Völkern. In den Völkern leben viele weibliche Bienen, die Arbeiterinnen. Weiterhin lebt dort eine Anzahl nichtweiblicher Bienen. Alle wohnen in aneinanderklebenden Waben. Aber nur ein Weibchen pro Volk kann Eier legen: die Königin. Die Zahl der von ihr gelegten Eier beträgt etwa 1000 pro Tag. Nach einigen Tagen kriechen Larven hervor, die dünne Häutchen haben und von den Arbeiterinnen gefüttert werden. Bald werden die Larven zu Puppen und die Puppen zu Bienen. Auch die jungen Bienen beginnen nun zu arbeiten. Zu ihren Aufgaben gehört, die Waben zu reinigen. Dann fliegen alle zu den Blüten der blühenden Pflanzen und bringen von dort den Nektar in die Waben. Er wird für den Winter aufgehoben und bildet einen Vorrat, der den Bienenvölkern hilft zu überleben. Wir gewinnen davon Honig. Vor vielen, vielen Jahren nutzten ihn hier Jäger, die Bären ködern wollten. Die alten Griechen verfügten über 3000 Honigrezepte für Kranke. Bienenweibchen tragen einen Dorn voller Gift. Er dient ihnen zur Verteidigung und hat vorne einen Haken. Dringt der Haken in die Haut von Kindern, kann die Biene ihn nicht wieder wegziehen und verliert ihr Leben. Den Kindern tut der Haken lange weh.
    2. Der Regen. Er fällt in unzähligen Tropfen von den Wolken. Ein kurzer Regen wird Platzregen genannt, ein langer Landregen. Ein kräftiger Regen hat die Bezeichnung Wolkenbruch. Infolge von Wolkenbrüchen treten oft Bäche über ihre Ufer. Jedoch brauchen die Pflanzen den Regen für ihre Entwicklung, denn fällt lange Zeit keiner, gehen alle zugrunde. Früher wurde in weit entfernten Gebieten der Welt für Regen gebetet. Einige Völker hatten daher einen Regengott. Die für ihre gewaltigen Bauten bekannten Azteken nannten ihren Gott Quetzalcoatl. Bilder von

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