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Brüder und Schwestern

Brüder und Schwestern

Titel: Brüder und Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Meinhardt
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verzweifelt deswegen. Darum spreche ich ja das Thema an.«
    »Sie kennt die Gründe.«
    »Ich glaube, sie auch zu kennen«, setzte Catherine vorsichtig fort. »Aber muß man bis in alle Ewigkeit darauf herumreiten? Hat sich in Wahrheit nicht alles schon längst verselbständigt? Von dem Idealismus, der mal dahintersteckte, ist da nicht nur Selbstgerechtigkeit geblieben und sogar Grausamkeit, der Bodensatz jedes Idealismus? Ach, vielleicht wäre es nicht weiter schlimm, wenn deine Abwehr irgendeinem Fremden gelten würde, Matti, aber sie gilt deinem Bruder, das ist es, woran ich dich erinnern will – bei allem, was du vielleicht nicht gutheißt an ihm, bleibt er doch dein Bruder.«
    »Der Spruch mußte ja kommen«, sagte Matti.
    Catherine war aber noch nicht fertig. »Für dich mag es nur ein Spruch sein, und das leuchtet mir ein, denn ihr kennt nichts anderes, als daß ihr Brüder seid. Für mich ist es aber ein bißchen mehr. Ich sehe von außen auf euch und denke mir, wieso schätzen sie nicht, daß sie sich haben? Wieso verspielen sie es immer weiter? Ich hatte ja nie Geschwister, ich habe mir immer welche gewünscht, um so mehr, als ich bei euch ein und aus gegangen bin, ganz früher, als alles noch prächtig funktionierte zwischen euch. Flutschte, kann man ja schon sagen, nicht? Insofern liegt in meiner Bitte natürlich auch eine eigene Sehnsucht, das gebe ich zu.«
    »Lange Rede kurzer Sinn, was willst du, praktisch gesehen? Daß ich dieser Carla morgen um den Hals falle?«
    »Ach was, wenn du ihr das Gefühl nehmen könntest, sie sei in deinen Augen eine Aussätzige, das würde ja vielleicht schon genügen«, erwiderte Catherine.
    Matti versprach es, wenn auch widerwillig und, wie er erklärte, »nur dir zuliebe«.
    Worauf sie sagen wollte, nicht ihr zuliebe möge er’s machen, aber sie schluckte die Worte hinunter und küßte Matti vorab schon mal für die Großtat, die er in Angriff zu nehmen gedachte.
    Am nächsten Morgen, kurz bevor sie losfahren wollten zum Zirkus, sollte es dann noch zu einem etwas anders gearteten und auch viel kürzeren Meinungsaustausch der beiden zum selben Thema kommen.
    Matti, damit begann es, stolperte im Flur über ein weißes Plastiktier auf blauen Rollen, das da am Abend noch nicht gewesen war oder das er in seiner Lust auf Catherine übersehen hatte. Was um Himmels willen das denn sei, rief er aus. Dabei drehte und wendete er das Teil vor seinen Augen, als wär’s ein Meteorit.
    Das sei ganz einwandfrei ein Nashorn, beschied Catherine.
    Hm. Und wozu das Nashorn hier herumstünde.
    Womöglich, damit sie es mitnähmen in den Zirkus?
    Im Zirkus gäbe es doch wohl schon genug Tiere, und alle echt.
    Eben, alle echt.
    Jetzt spreche sie wirklich in Rätseln.
    Nun, vielleicht könne das Nashorn, gerade weil’s nicht echt sei, einem der vielen anwesenden Kinder zum Geschenk gemacht werden? Nur so ein Gedanke …
    Ah ja, interessant, zum Geschenk gemacht. Und ob sie … ob sie vielleicht auch schon ein bestimmtes Kind im Auge habe.
    Zufälligerweise ja.
    Da wolle er mal aufs Geratewohl tippen, daß es Wiktor heiße, ganz zufälligerweise.
    Glückwunsch, Treffer – aber bitte, wenn er das jetzt übertrieben fände und lieber nicht wolle …
    Übertrieben? Durchtrieben sei es, wenn er’s recht betrachte, durchtrieben.
    Na, das erfreue sie aber, daß er wenigstens lächle während seiner Vorhaltung.
    Umgehend kassierte Matti sein Lächeln. Und um ihr seine überaus kritische Haltung noch zusätzlich zu verdeutlichen, warf er Catherine das Nashorn zu, sollte sie’s doch mitschleppen, so verließen sie die Wohnung.
    *
    Sie fuhren mit dem Zug hoch nach Pasewalk, denn dort sollte der Saisonauftakt steigen, aus einem schlichten Grund: Es war die dem Winterquartier nächstgelegene Kreisstadt, und der alte Devantier wollte sich mit der Premiere bei allen möglichen Leuten der Umgebung bedanken, denen er sich zwar beileibe nicht aufs engste, aber doch aufs geschäftlichste verbunden fühlte.
    Als Matti und Catherine am noch leeren Zirkuseingang anlangten, stieg nebenan auf dem Parkplatz gerade Carla mit Wiktor aus dem Familien-Wartburg. Kam’s nicht jetzt schon drauf an, ob die großmütige Aktion gelingen würde oder nicht? Man kann nämlich, wenn man so steht, während diese Carla auf einen zuläuft, die Hände in die Hosentaschen stecken und sich eins pfeifen und überhaupt so tun, als sähe man sie nicht. Dann liegt der Schwarze Peter gleich bei ihr, dann muß sie, obwohl sie weiß,

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