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Brüder und Schwestern

Brüder und Schwestern

Titel: Brüder und Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Meinhardt
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Grundeis, was!«
    Erik ahnte, daß er unbedingt versuchen mußte, seinen Widersacher zu stoppen, sonst würde die Schikane zu einem wer weiß wie furchtbaren Höhepunkt getrieben. Vielleicht würde er hier sogar malträtiert und verletzt werden, konnte man es ausschließen? Möglichst gleichmütig, und seine Lippen einziehend, daß sie ja nicht wieder zu zittern begannen, erklärte er: »Ich bin kein Sprutz. Nimm’s mir nicht übel, aber ich hab paar weniger Tage als du.«
    Splittig starrte Erik blöde an. Hinter ihm erhob sich Gemurmel. Doch schnell hatte er sich wieder gefaßt. Er lachte höhnisch, fuhr mit dem Zeigefinger unter die linke, pickellose Schulterklappe Eriks, hob sie, und mit ihr die ganze Uniformjacke, in die Höhe: »Und was is das hier? Was is das? Das is ja wohl glatt und sprutzig wie sons nix. Ein Spritzer, der behauptet, er wär keiner! Das is ja ganz was Neues!« Plötzlich verfiel er wieder in sein Brüllen: »Denkst du, du kannst mich verarschen! Wie dumm bis du denn, daß du denkst, du kannst mich verarschen!« Erik spürte, wie Splittig die Pranke in seine Schulter grub, und spürte auch dessen Atem, der nach Tabak und alter Blutwurst roch.
    »Ich verarsch dich nicht«, entgegnete er schnell. »Ich würd’s dir gern erklären, aber laß mich erstmal los, ich hab ja begriffen, daß du kräftig bist.« Dies schien ihm genau der Tonfall zu sein, mit dem er einerseits Selbstbewußtsein demonstrieren und andererseits dem Berserker ein wenig schmeicheln konnte.
    Splittig ließ ihn los und glotzte ihn wieder wie blöde an. Ein anderer EK kam ihm zu Hilfe und fragte Erik lauernd: »Wieviel Tage willste denn haben, wennde weniger haben willst als wir? Das kannste uns ja denn sicher erklären. Wir hören. Wieviel Tage?«
    Erik sagte, das habe er so genau noch nicht nachgerechnet.
    Daraufhin erhob sich ein allgemeines Gejohle, in das auch die Genossen des 1. Diensthalbjahres, die nicht Liegenden, die bis dahin brav geschwiegen hatten, einstimmten, erst zögernd, dann immer lauter, und bald noch ungehemmter als EK’s und Vizes.
    Nachdem sich die Stube wieder halbwegs beruhigt hatte, sagte Erik, alles Triumphierende vermeidend: »Aber meinen Entlassungstermin, den kann ich euch sagen.«
    Alle riefen höchst erregt und höchst belustigt etwas durcheinander, man hörte ein »ick fasset nich, na schießma los«, und ein »norr, ä lustsches Märschen, un das midden im hunnsgefährlischen Galden Griesch«.
    Erik spuckte den Termin aus. Auf einmal war die Stimmung in der Bude dahin. Auf den Gesichtern machte sich Enttäuschung breit. Splittig schob seine Daumen unter die Hosenträger, die über seiner imposanten Brust spannten, rang ein paar Sekunden sichtlich nach Worten und erklärte dann mit einer Stimme, in der Bestürzung und Anerkennung lagen, er wünsche, von Erik aufgeklärt zu werden über dessen Status »und über die Gründe für das ganze Theater hier«, als wäre es Erik gewesen, der gerade etwas zur Aufführung gebracht habe, und nicht Splittig selber.
    Erik verkniff sich, auf letzteres hinzuweisen. Er schilderte mit wenigen Worten, wie man ihn trotz eines irreparablen Rückenleidens gezogen hatte; wie er vor knapp zwei Monaten in die Unteroffiziersschule eingerückt und kurze Zeit später von dort ins Lazarett Bad Saarow verlegt worden war; wie man ihn schließlich dienstuntauglich geschrieben hatte.
    »Du kommst von der Uschi-Burg«, stöhnte Splittig überrascht.
    »Du bist’n Pfeffi«, rief, nicht minder überrascht, der EK aus, der Erik nach der Anzahl seiner Tage gefragt hatte. Er klang geringschätzig. Pfeffi, so schlußfolgerte Erik, war hier offenbar die Bezeichnung für einen Unteroffizier im 1. Diensthalbjahr. Er spürte, wie wichtig es war, auf der Hut zu bleiben. Er sollte wohl besser nicht als Pfeffi gelten. Es schien ihm die allerunterste Hierarchiestufe zu sein.
    Da kam ihm ausgerechnet Splittig zu Hilfe. Der hatte soeben mit seinen Daumen die Hosenträger mehrmals nach vorn gedrückt und sie dann auf seine Brust zurückschnellen lassen, und hierbei hatte er wie abwesend vor sich hin gestiert. Man konnte fast zusehen, wie er schwerfällig, als wären’s Stückgüter, ein paar Gedanken umschlug. Plötzlich rief er: »Der hat massig abgekohlt! Der ist von drei Jahren auf drei Monate runter! Sauberes Abkohlen! Schaffen nicht viele. Saubere Leistung, kann ich nur sagen!«
    Sein vierschrötiges, pickliges Gesicht drückte Respekt aus. Außerdem versuchte Splittig aber, etwas zu

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