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Brüder und Schwestern

Brüder und Schwestern

Titel: Brüder und Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Meinhardt
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war die Dame die erste, die den Weg hierher gefunden hatte. »Ich?« fragte er. »Wieso bin ich Ihnen denn ein Rätsel?«
    »Na hören Sie mal, mitten in diesem dunklen Wald, auf dieser Lichtung, vor dieser Scheune, zu der man nur durch Zufall gelangt, stapeln Sie Blumen«, Karin Werth beugte sich über die Kisten, deutete auf die Hyazinthen und Narzissen, »darunter sogar welche, die längst verblüht sein müßten. Das ist doch alles ziemlich geheimnisvoll, ich würde sogar sagen, das ist ominös.«
    Heiner Jagielka wäre natürlich nicht der gewesen, der er war, wenn er nicht registriert hätte, daß die Dame von einem Zufall sprach, welcher sie hergetrieben. Dieser Sachverhalt erleichterte ihn ungemein. Geradezu frohlockend, und, wie er meinte, perfekt ablenkend, rief er: »Das ist mir aber völlig neu, daß Sie sich für Blumen interessieren! Wenn ich mich recht erinnere, haben Sie es doch damals abgelehnt, welche von mir entgegenzunehmen, und das, obwohl sie kostenlos gewesen wären … nein, schweigen Sie, schweigen Sie, denn ich betone das nicht wegen des Geldes, sondern nur aufgrund Ihrer kategorischen Weigerung, einer mir zutiefst unverständlichen Weigerung, jawohl, lassen Sie es mich so sagen: Ein’ geschenkten Blumenstrauß, den schlägt doch nur die Närrin aus!«
    »Ich kann ausschlagen, was ich will«, rief Karin Werth plötzlich aufgebracht, »ich muß mir von Ihnen nicht vorschreiben lassen, was ich zu tun oder zu lassen habe!«
    »Na bitte, na bitte, Sie sind gar nicht so zurückhaltend, Sie haben Feuer, dacht ich’s mir doch, oh, manchmal treibe ich meine Spielchen, verzeihen Sie mir, ich kann nicht anders, ich wollte nur einmal Ihr Feuer sehen, Fräulein, natürlich sind Sie keine Närrin, wie käme ich denn darauf, Sie im Ernst als Närrin zu bezeichnen.«
    »Ach, Spielchen?« Karin Werth schaute ihn herausfordernd an. »Hören Sie doch auf! In Wirklichkeit sind Sie beleidigt. Sie hätten sich eben mal sehen sollen. Eine beleidigte Leberwurst. Und bloß, weil jemand es wagte, Ihre süßen Blümchen zurückzuweisen.« Sie zog demonstrativ einen Schmollmund, sie versuchte, mitzuhalten in dem Spiel.
    »Ertappt, Fräulein, Sie haben mich ertappt, ja ja ja, Feuer, wer Feuer hat, der ist den anderen gefährlich! Aber nun sagen Sie endlich der beleidigten Leberwurst: Warum haben Sie meine Blumen nicht genommen? Sie lieben doch Blumen, ich seh’s Ihnen an. Also warum?«
    Karin Werth taxierte ihn mit einem langen Blick, und schließlich sagte sie: »Nun denn – ich werde es Ihnen gestehen. Aber vorher sagen Sie mir, was Sie hier eigentlich genau treiben. Ich sehe Sie schon eine Weile nicht mehr auf dem Markt, ich denke, Sie haben Ihren Handel aufgegeben, statt dessen wuseln Sie hier oben mit einem Haufen Blumen herum. Das ist sozusagen mein Preis. Bei mir gibt’s nämlich nichts kostenlos. Erklären Sie sich mir, und ich werde mich Ihnen erklären.«
    »Das ist unfair«, sagte Heiner Jagielka. »Was hätten Sie mir denn zu erzählen? Letztlich, nehmen Sie mir’s nicht übel, so bin ich, immer geradeheraus, kann das nur eine Belanglosigkeit sein. Irgendeine Petitesse. Ich aber würde Ihnen meine … meine Geschäftsgrundlage würde ich Ihnen freilegen müssen. Ich würde Sie einweihen in etwas, das mir lebenswichtig ist, ich würde meine Existenz in Ihre Hände legen, und bei aller Wertschätzung«, er blickte Sie würdevoll an, »scheint mir das doch ein unangemessener, geradezu riskanter, mit einem Wort, ein höchst unvernünftiger Preis zu sein.«
    »Nun, jeder muß wissen, wieviel ihm eine bestimmte Sache wert ist. Ihre Entscheidung. Ich für meinen Teil kann Ihnen nur sagen, daß ich Ihnen etwas nicht ganz so Belangloses zu erzählen hätte, wie Sie wohl denken. Für mich ist es jedenfalls überhaupt nicht belanglos.«
    Nun fiel es dem guten Jagielka aber schwer, sich weiter zu verweigern. So einer bezaubernden Frau, der mußte man doch folgen, wenn sie einem anbot, ein bißchen was von sich blicken zu lassen. Außerdem überlegte er, was er eigentlich gewänne, wenn er sich sperrte, und ihm fiel da gar nichts ein; er würde, im Gegenteil, unweigerlich sogar verlieren: Verbarg er nämlich das Geheimnis der Scheune vor seiner Besucherin, würde die ja wohl erst recht hellhörig werden. Sie würde sich um so mehr dafür interessieren, würde versuchen, auf eigene Faust dahinterzukommen, und wenn sie ein Plappermaul war (was er allerdings nicht vermutete, denn dieses Fräulein erschien ihm eher

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