Brüllbeton - Kriminalroman
einen Auftritt im Kolosseum.«
Müller wurde ruhiger und versuchte, wieder die Oberhand zu gewinnen. »Wenn Sie mir nicht glauben, dann fragen Sie das Publikum. Ich denke mal, etwa ein Dutzend Menschen kann sich erinnern, mich dort gesehen zu haben.«
Hopfinger schien sich mit der Antwort zufriedenzugeben. Er nickte nur kurz mit dem Kopf. Dann aber hakte er nach: »Waren Sie in Begleitung von Mörtel dort?«
Der Bauunternehmer pulte eine zweite Tablette aus der Plastikverpackung und würgte sie nervös mit einem Schluck Wasser hinunter. »Mörtel? Meinen Sie meinen Vorarbeiter? Das ist ein einfacher Prolet, der hat mich mit Klassik nichts am Hut. Aber jetzt heraus mit der Sprache, was hat das mit meiner Sekretärin zu tun?«
Hopfinger antwortete mit harter Stimme: »Ihre Sekretärin ist während ihrer, wie Sie sagten, verordneten Auszeit von einem Felsen gestürzt und hat sich das Rückgrat gebrochen.«
»Oh Gott!«, jammerte Müller in einem, wie Hopfinger schien, etwas übertriebenen Ton. »Wie kann so etwas denn passieren, wo sie doch so eine umsichtige, nette Frau war. Und warum kommen Sie dann zu mir? Also, wenn Sie mich in Verdacht haben, dann ist das absurd. Ich bin viel zu sensibel und krank, um zu so etwas fähig zu sein.«
»Wir verdächtigen niemanden«, stellte Hopfinger klar. »Wir stellen hier lediglich Routinefragen. Erst wenn alles analysiert ist, ziehen wir unsere Schlussfolgerungen. Und dann wird sich zeigen, wer verdächtig ist und wer nicht.«
Hopfinger begann, während des Sprechens im Raum auf und ab zu gehen. Dann blieb er neben der Eingangstür stehen, wo neben ölverschmierten Motorenteilen ein Stapel staubiger Zementsäcke lag. Er studierte aufmerksam deren Aufschrift.
»Ah ja«, sagte er mit betont lässiger Kennermiene, »FB 67 â Faserbeton, wenn ich mich nicht irre.«
Müller schaute ihn verwundert an. Woher hatte ein einfacher Kriminalbeamter derartige Spezialkenntnisse? »Sie sind vom Fach?«
»Nun«, legte Hopfinger nach. »Als Polizeibeamter muss man in vielen Dingen Bescheid wissen. Und was man nicht weiÃ, muss man sich eben erfragen.«
Hopfinger machte eine kleine Kunstpause, dann wandte er sich wieder Müller zu. »Und da wäre noch eine letzte Frage, wieder eine meiner Routinefragen. Was haben Sie denn an dem Wochenende vor dem besagten Dienstag gemacht?«
Mit dieser Frage schien Beton-Müller in keiner Weise gerechnet zu haben. Hopfinger beobachtete, wie sich SchweiÃperlen auf Müllers Stirn bildeten. Seine Lider zuckten beängstigend, als schien er gleich ausrasten zu wollen.
Nur mit Mühe sich beherrschend, antwortete er: »Jetzt habe ich aber genug von Ihrer Fragerei. Ich sage nichts mehr ohne meinen Anwalt.«
Er fühlte, dass er überreagiert hatte und versuchte es verkrampft auf die scherzhafte Art: »Oder am besten, Sie fragen meine Frau. Man sagt ja, Frauen wüssten immer am allerbesten, was, wo und wann ihre Ehemänner machen.«
»Keine Sorge«, entgegnete Hopfinger ruhig. »Ihre Frau zu befragen, hatten wir ohnehin vor. Guten Tag dann auch.«
Kaum war der Kriminaloberkommissar hinter der Tür verschwunden, eilte Beton-Müller an seinen Schreibtisch. Jetzt brauchte er gleich drei Tabletten, um sich wieder einigermaÃen zu beruhigen.
*
Kriminalhauptkommissar Kroll hatte bei seiner Rückreise von der Pfalz in Hamburg eine Zwischenstation eingelegt, um sich mit den Kollegen vom Drogendezernat auszutauschen. Dass sich der internationale Drogenhandel zunehmend auf den Schmuggel von Dopingsubstanzen verlegte, war dort längst bekannt. Besonders vor sportlichen GroÃereignissen wie den Olympischen Spiele oder der Tour de France beobachtete man eine verstärkte Aktivität auf dem illegalen Markt. Dabei blieb der Absatz nicht nur auf den Spitzensport beschränkt. Im Gegenteil, die weitaus gröÃere Abnehmergruppe fand sich im Bereich des Breiten- und Freizeitsports.
Hinzu kam, dass die Qualität der Stoffe immer schlechter wurde, was zunehmend zu schweren Erkrankungen der Sportler bis hin zu Todesfällen führte, weil es wegen der Verunreinigungen schwere Nebenwirkungen nach sich zog. Manches wurde in obskuren Hinterhoflabors produziert, wo die hygienischen Bedingungen eine Katastrophe waren. Auch mit dem aus der Hirnanhangsdrüse von Leichen gewonnenen Wachstumshormon wurde
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