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Brunetti 01 - Venezianisches Finale

Brunetti 01 - Venezianisches Finale

Titel: Brunetti 01 - Venezianisches Finale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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offener Kamin, in dem ein Feuerchen brannte. Davor standen, durch einen Couchtisch getrennt, zwei Sessel. Sie bot ihm mit einer Handbewegung den einen an und setzte sich in den anderen. Auf dem Tisch stand ein voller Aschenbecher, in dem eine brennende Zigarette lag. Im Hintergrund sah man durch ein großes Fenster die ockerfarbenen Dächer der Stadt. An den Wänden hingen Bilder, die seine Kinder als ›richtige Bilder‹bezeichnet hätten.
    »Möchten Sie einen Drink, Dottor Brunetti? Oder lieber Tee?« Ihre italienischen Sätze klangen wie aus dem Sprachführer, aber er fand es interessant, dass sie seinen richtigen Titel kannte.
    »Bitte machen Sie sich keine Mühe, Signora«, antwortete er im selben Ton.
    »Zwei von Ihren Polizisten waren heute Vormittag hier. Sie haben einige Dinge mitgenommen.« Man merkte, dass ihr Italienisch nicht ausreichte, um diese Dinge zu benennen.
    »Wäre es vielleicht einfacher für Sie, wenn wir Englisch sprechen würden?«, fragte er in dieser Sprache.
    »O ja«, sagte sie und lächelte zum ersten Mal, wobei er einen Eindruck von ihrer wahren Schönheit bekam. »Das wäre viel leichter für mich.« Ihr Gesicht wurde weicher und sie wirkte gelöster. Sogar ihr Körper schien sich zu entspannen, nachdem die Sprachschwierigkeiten beseitigt waren. »Ich bin erst einige Male hier in Venedig gewesen und es ist mir richtig peinlich, wie schlecht ich Italienisch spreche.«
    Unter anderen Umständen hätte es die Situation erfordert, dass er widersprach und ihr ein Kompliment über ihr Italienisch machte. Stattdessen sagte er: »Mir ist klar, wie schwierig dies alles für Sie ist, Signora und ich möchte Ihnen und Ihrer Familie mein Beileid aussprechen.« Warum klangen die Worte, mit denen wir uns dem Tod stellten, nur immer so unzureichend, so ganz und gar unaufrichtig? »Er war ein großer Musiker, sein Tod ist ein Verlust für die gesamte Musikwelt. Aber Sie muss er viel schlimmer treffen.« Gestelzt und künstlich, aber besser konnte er es nicht.
    Er sah die vielen Telegramme neben dem Aschenbecher, einige geöffnet, andere noch geschlossen. Wahrscheinlich hatte sie den ganzen Tag dasselbe gehört, aber sie ließ es sich nicht anmerken, sondern sagte nur: »Danke.« Dann holte sie eine Schachtel Zigaretten aus der Tasche ihres Pullovers, nahm sich eine und hob sie zum Mund, als ihr Blick auf die noch brennende im Aschenbecher fiel. Sie warf die unangezündete zusammen mit der Schachtel auf den Tisch, griff nach der im Aschenbecher glimmenden und tat einen langen, tiefen Zug, um schließlich zögernd den Rauch auszustoßen.
    »Ja, in der Musikwelt wird man ihn vermissen«, meinte sie. Und bevor er zu dieser seltsamen Bemerkung etwas sagen konnte, fügte sie hinzu: »Und hier auch.« An ihrer Zigarette hatte sich noch kaum ein Millimeter Asche gebildet, aber sie schnippte sie ab, beugte sich vor und drehte das Ende an der Innenwand des Aschenbechers, als ob sie einen Bleistift anspitzen wollte.
    Er holte sein Notizbuch aus der Tasche und schlug die Seite mit der Liste neuer Bücher auf, die er lesen wollte. Er hatte schon gestern Abend festgestellt, dass sie fast schön war und es aus bestimmtem Blickwinkel und in bestimmtem Licht fraglos sein würde. Soviel sah man trotz der Erschöpfung, die ihr Gesicht heute wie ein Schleier überzog. Sie hatte weit auseinander stehende blaue Augen und naturblondes Haar, das sie heute im Nacken zu einem schlichten Knoten gesteckt hatte.
    »Wissen Sie, woran er gestorben ist?«, fragte sie.
    »Ich habe heute Vormittag mit dem Pathologen gesprochen. Es war Zyankali. Im Kaffee.«
    »Dann ist es schnell gegangen. Wenigstens das.«
    »Ja«, stimmte er zu. »Wahrscheinlich auf der Stelle.« Er kritzelte in sein Buch und fragte: »Kennen Sie das Gift?«
    Sie warf ihm einen raschen Blick zu, bevor sie antwortete. »Nicht besser als jeder Arzt.«
    Er blätterte die Seite um. »Der Pathologe meinte, man käme nicht so leicht heran, an Zyankali«, log er.
    Sie sagte nichts, also fragte er: »Was für einen Eindruck hatten Sie gestern Abend von Ihrem Mann, Signora? War sein Verhalten in irgendeiner Weise seltsam oder ungewöhnlich?«
    Sie spitzte weiter ihre Zigarette am Rand des Aschenbechers und meinte: »Nein, ich hatte eigentlich den Eindruck, dass er nicht anders war als sonst auch.«
    »Und wie war das, wenn ich fragen darf?«
    »Ein bisschen angespannt, in sich gekehrt. Er sprach vor der Vorstellung oder während der Pausen nicht gern mit Leuten. Er wollte

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