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Brunetti 01 - Venezianisches Finale

Brunetti 01 - Venezianisches Finale

Titel: Brunetti 01 - Venezianisches Finale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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hatte seinen Spaß an der Contessa, die mit all den Perlenketten und Lagen aus schwarzem Chiffon so förmlich wirkte. Wie immer steckten ihre Füße in ebenso spitzen wie hochhackigen Schuhen, die sie dennoch kaum bis zur Schulter ihres Mannes reichen ließen.
    »Paola, Paola«, rief sie mit unverhohlener Freude, ihr einziges Kind zu sehen. »Ich bin ja so froh, dass du Guido doch mitbringen konntest.« Sie unterbrach sich kurz, um beide zu küssen. »Ich freue mich, dich einmal nicht nur zu Weihnachten und zu diesem schrecklichen Feuerwerk zu sehen.« Sie nahm kein Blatt vor den Mund, die Contessa.
    »Komm, Guido«, sagte der Conte, »wir besorgen dir etwas zu trinken.«
    Brunetti nickte und zu Paola und zu ihrer Mutter gewandt fragte er: »Können wir euch etwas mitbringen?«
    »Nein, danke. Mamma und ich holen uns dann selbst etwas.«
    Der Conte Falier führte Brunetti durch den Raum, wobei er hier und dort stehen blieb, um einen Gruß oder ein paar Sätze auszutauschen. An der Bar bestellte er Champagner für sich und einen Scotch für seinen Schwiegersohn.
    Als er ihm den Drink gab, fragte er: »Gehe ich recht in der Annahme, dass du sozusagen beruflich hier bist?«
    »Ja«, antwortete Brunetti, froh über die Direktheit des anderen.
    »Gut, dann war meine Zeit nicht verschwendet.«
    »Wie bitte?«
    Der Conte nickte einer umfangreichen Dame zu, die sich gerade vor dem Flügel aufbaute und sagte: »Ich weiß von Paola, dass du diese Wellauer-Geschichte übernommen hast. Schlecht für die Stadt, ein solches Verbrechen.« Er konnte sein Missvergnügen darüber nicht verhehlen, dass der Dirigent sich hatte umbringen lassen und auch noch während der Saison. »Jedenfalls habe ich ein paar Telefonate geführt, als ich hörte, dass ihr heute Abend beide kommt. Ich nahm an, du würdest gern etwas über seine Finanzen erfahren.«
    »Ja, das stimmt.« Gab es eigentlich irgendeine Information, an die dieser Mann nicht herankam, wenn er den Telefonhörer aufnahm und die richtige Nummer wählte? »Darf ich fragen, was du in Erfahrung gebracht hast?«
    »Er war nicht so reich, wie man allgemein angenommen hat.« Brunetti wartete auf eine Übersetzung in Zahlen, die er verstehen konnte. Er und der Conte hatten sicher unterschiedliche Vorstellungen von ›reich‹. »Sein Vermögen in Aktien, Anleihen und Immobilien beläuft sich wahrscheinlich auf nicht vielmehr als zehn Millionen D-Mark. Er hat vier Millionen in der Schweiz, auf einem Frankenkonto in Lugano, aber davon werden die deutschen Finanzbehörden wohl nichts erfahren.« Brunetti rechnete gerade aus, dass er etwa dreihundertfünfzig Jahre arbeiten müsste, um diese Summe zu verdienen, als der Conte hinzufügte: »Die Einnahmen aus Gastspielverträgen und Plattenaufnahmen belaufen sich wahrscheinlich auf mindestens drei bis vier Millionen D-Mark im Jahr.«
    »Aha«, sagte Brunetti. »Und das Testament?«
    »Ich konnte leider keine Abschrift davon bekommen«, meinte der Conte entschuldigend. Da der Mann erst zwei Tage tot war, fand Brunetti, dass man über diesen Mangel hinwegsehen konnte. »Aber es wird alles zu gleichen Teilen zwischen seinen Kindern und seiner Frau aufgeteilt. Allerdings wird gemunkelt, er habe ein paar Wochen vor seinem Tod versucht, sich mit seinen Anwälten in Verbindung zu setzen, niemand weiß warum und es muss ja auch nichts mit dem Testament zu tun gehabt haben.«
    »Was heißt das, ›versucht, in Verbindung zu setzen‹?«
    »Er hat das Büro seiner Anwälte in Berlin angerufen, aber offenbar kam die Verbindung aus irgendeinem Grunde nicht zustande und er hat es nicht noch einmal versucht.«
    »Hat sich von all diesen Leuten jemand über sein Privatleben geäußert?«
    Das Glas des Conte stoppte so abrupt vor seinem Mund, dass von der blassen Flüssigkeit etwas auf sein Revers schwappte. Er funkelte Brunetti so verblüfft an, als hätten sich seine fast zwei Jahrzehnte lang gehegten Vorbehalte plötzlich allesamt bewahrheitet. »Wofür hältst du mich? Für einen Spitzel?«
    »Tut mir leid«, sagte Brunetti und hielt dem Conte sein Taschentuch hin. »Es ist der Beruf. Da vergesse ich so etwas.«
    »Ja, ich verstehe«, räumte der Conte ein, obwohl sein Tonfall keinerlei Verständnis erkennen ließ. »Ich sehe mal nach, ob ich Paola und ihre Mutter irgendwo finde.« Er ging, ohne das Taschentuch zurückgegeben zu haben; das würde er, so fürchtete Brunetti, gewaschen, gestärkt und gebügelt per Sonderkurier zugestellt bekommen.
    Brunetti

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