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Brunetti 01 - Venezianisches Finale

Brunetti 01 - Venezianisches Finale

Titel: Brunetti 01 - Venezianisches Finale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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links zum Rio dell'Arsenale zu schlagen. »Ich würde gern noch einmal mit Ihnen sprechen«, sagte er. »Wann immer es Ihnen passt.«
    »Ist es nötig?«
    »Ja, ich glaube schon.«
    Der Motor dröhnte tiefer, als das Boot auf die Landeplattform rechterhand zusteuerte.
    »Wann?«
    »Morgen?«
    Falls sie sich wunderte oder die beiden anderen unangenehm berührt waren, ließen sie es sich nicht anmerken. »Gut«, sagte sie. »Nachmittags dann.«
    »Danke«, sagte er, während das Boot schon schwankend am Holzsteg lag. Keiner antwortete ihm. Er trat aus der Kabine und sprang hinüber auf die Plattform. Dort stand er noch, als das Boot wieder ablegte und dem Sarg ins tiefere Wasser der Lagune hinaus folgte.

12.
    Wie die meisten Palazzi am Canal Grande war der Palazzo Falier ursprünglich so angelegt, dass man ihn mit dem Boot anfahren und Gäste ihn über die vier flachen Stufen betreten sollten, die vom Landeplatz am Kanal hinaufführten. Doch dieser Zugang war längst durch ein schweres Eisengitter versperrt, das nur geöffnet wurde, wenn große Gegenstände per Boot geliefert wurden. In diesen Zeiten des Niedergangs kamen die Gäste zu Fuß, entweder von Ca Rezzonico, der nächsten Vaporetto-Haltestelle, oder aus anderen Stadtteilen.
    Auch Brunetti und Paola gingen zu Fuß, vorbei an der Universität, dann über den Campo San Barnaba und links an einem schmalen Kanal entlang, der sie zum Seiteneingang des Palazzo führte.
    Sie klingelten und wurden von einem jungen Mann in den Hof geführt, den Paola noch nie gesehen hatte. Wahrscheinlich war er nur für heute Abend angeheuert.
    »Wenigstens trägt er weder Kniehosen noch Perücke«, bemerkte Brunetti, während sie die Außentreppe des Palazzo hinaufstiegen. Der junge Mann hatte nicht nach ihrem Namen gefragt oder ob sie eingeladen seien. Entweder hatte er die Gästeliste im Kopf, oder es war ihm schlicht egal, wen er einließ.
    Am oberen Ende der Treppe tönte ihnen von links, wo die drei großen Empfangsräume lagen, Musik entgegen. Sie folgten den Klängen durch einen Spiegelgang, begleitet von ihren eigenen verschwommenen Abbildern. Die großen Eichentüren zum ersten Raum standen weit offen und ließen Licht, Musik und den Duft teurer Parfüms und Blumen zu ihnen herausdringen.
    Das Licht kam von Kerzenleuchtern entlang der Wände und von zwei riesigen, mit verspielten Engelchen und Cupidos bedeckten Kronleuchtern aus Muranoglas, die von der hohen bemalten Decke hingen. Die Musik kam von einem diskreten Trio in der Ecke, das ein Stück von Vivaldi aus einer seiner weniger originellen Phasen spielte. Den Duft verströmte die Schar in lebhaften Farben gekleideter und noch lebhafter plaudernder Damen, die den Raum schmückten.
    Es dauerte nicht lange und der Conte kam zu ihnen, beugte sich hinunter, um Paola auf die Wange zu küssen und reichte seinem Schwiegersohn die Hand. Er war ein großer Mann Ende Sechzig, der sein schütter werdendes Haar gar nicht erst zu verbergen suchte, sondern es rings um eine Tonsur kurz geschnitten trug, was ihm das Aussehen eines besonders gelehrten Mönchs verlieh. Paola hatte die braunen Augen und den großen Mund von ihm geerbt, der aristokratische Auswuchs von einer Nase, das Hauptmerkmal seines Gesichts, war ihr erspart geblieben. Sein Abendjackett war so gut geschneidert, dass es sogar rosa hätte sein können und doch wäre einzig der perfekte Schnitt aufgefallen.
    »Mutter ist entzückt, dass ihr beide kommen konntet.« Die leichte Betonung war eine Anspielung darauf, dass Brunetti zum ersten Mal an einer ihrer Parties teilnahm. »Ich hoffe, ihr werdet euch amüsieren.«
    »Bestimmt«, antwortete Brunetti für sie beide. Seit siebzehn Jahren vermied er es, seinen Schwiegervater direkt anzureden. Den Titel konnte er nicht benutzen, noch brachte er es über sich, den Mann Papà, zu nennen. ›Orazio‹, sein Taufname, war zu vertraulich, ein Anbellen des Mondes sozialer Gleichheit. So behalf sich Brunetti eben, indem er ihn möglichst gar nicht anredete, nicht einmal mit ›Signore‹. Sie machten allerdings einen Kompromiss und benutzten das familiäre tu, auch wenn selbst das keinem von beiden leicht über die Lippen ging.
    Der Conte hatte seine Frau entdeckt und winkte ihr lächelnd, sich zu ihnen zu gesellen. Brunetti bewunderte die Mischung aus natürlicher Grazie und gesellschaftlicher Gewandtheit, mit der sie sich durch die Menge schlängelte, hier im Vorbeigehen eine Wange küsste, dort leicht einen Arm berührte. Er

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