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Brunetti 01 - Venezianisches Finale

Brunetti 01 - Venezianisches Finale

Titel: Brunetti 01 - Venezianisches Finale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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Dienstboten auseinander zu halten.« Brunetti dachte an Bretts Stiefel und wollte Einspruch erheben. Aber Padovani war schon wieder in Fahrt und nicht zu bremsen. »Es gibt eine Zeitschrift drüben, ich habe vergessen, welche es ist, darin wird jedes Jahr eine Liste der reichsten Leute Amerikas veröffentlicht. Nur die Namen und woher ihr Geld stammt. Ich glaube, sie scheuen sich davor, von allen auch noch ein Foto zu bringen. Bei den wenigen, wo sie es doch tun, könnte man leicht auf den Gedanken kommen, dass Geld wirklich die Wurzel allen Übels ist, zumindest allen schlechten Geschmacks. Die Frauen sehen samt und sonders aus wie am offenen Feuer geräuchert. Und die Männer, guter Gott, die Männer! Himmel, wer die bloß einkleidet? Glaubst du, die essen auch noch Kunststoff?«
    Brunetti kam nicht mehr zu einer Antwort, denn Antonia trat an ihren Tisch und fragte, ob sie Obst oder Kuchen zum Nachtisch wollten. Kleinmütig antworteten beide, sie wollten aufs Dessert verzichten und lieber einen Kaffee trinken. Sie war nicht einverstanden, räumte aber den Tisch ab.
    »Aber um deine Frage zu beantworten«, sagte Padovani, als sie wieder allein waren, »ich habe keine Ahnung, woher ihr Geld kommt, doch die Quelle scheint unversiegbar. Ihr Onkel war sehr großzügig gegenüber verschiedenen Krankenhäusern und karitativen Einrichtungen der Stadt und sie setzt das offenbar fort, obwohl sie das meiste gezielt für Restaurierungsarbeiten spendet.«
    »Das würde die Hilfe von ›Lucio‹ erklären.«
    »Genau.«
    »Und ihr Privatleben?«
    Padovani warf ihm einen seltsamen Blick zu. Er hatte längst erkannt, wie wenig das alles mit den Ermittlungen zu Wellauers Tod zu tun hatte. Aber das konnte ihn kaum davon abhalten, sein Wissen weiterzugeben. Schließlich lag der größte Charme allen Klatsches darin, dass er völlig überflüssig war. »Sehr undurchsichtig. Das heißt, keiner weiß etwas Genaues. Sie scheint schon immer dieser Überzeugung gewesen zu sein, aber man weiß wenig über ihr Privatleben, bevor sie hierher kam.«
    »Und wann war das?«
    »Vor etwa sieben Jahren, jedenfalls wurde Venedig damals ihr fester Wohnsitz. Sie hat aber als Kind Jahre mit ihrem Onkel hier verbracht.«
    »Daher also ihr Veneziano.«
    Padovani lachte. »Schon seltsam, jemanden so reden zu hören, der gar nicht von hier ist, was?«
    »Ja.«
    In dem Moment kam Antonia mit dem Kaffee und zwei Gläschen Grappa, einer Aufmerksamkeit des Hauses, wie sie sagte. Obwohl keiner von ihnen Lust auf den scharfen Schnaps hatte, nippten sie demonstrativ daran und lobten seine vorzügliche Qualität. Antonia entfernte sich misstrauisch und Brunetti sah, wie sie von der Küchentür zu ihnen herüberblickte, als rechnete sie damit, dass sie sich den Grappa in die Schuhe kippten.
    »Also, wie steht es mit ihrem Privatleben?«, fragte Brunetti, ohne seine Neugierde zu verbergen.
    »Ich glaube, sie hält es ziemlich unter Verschluss. Ich habe einen Freund in New York, der mit ihr studiert hat. Harvard natürlich. Dann Yale. Und danach hat sie erst in Taiwan und später auf dem Festland gearbeitet. Sie gehörte zu den ersten westlichen Archäologen, die dahin gingen. 1983 oder 1984 muss das gewesen sein. Da hatte sie schon ihr erstes Buch geschrieben, als sie noch in Taiwan war.«
    »Ist sie nicht sehr jung für das alles?«
    »Wahrscheinlich schon. Aber sie ist auch sehr gut.«
    Antonia segelte mit einem Kaffeetablett für den Nebentisch an ihnen vorbei und Brunetti machte ihr ein Zeichen, mimte das Ausstellen der Rechnung. Sie nickte.
    »Ich hoffe, dass einiges hilfreich für dich ist«, sagte Padovani aufrichtig.
    »Ich auch«, antwortete Brunetti, der nicht gern zugeben mochte, dass dem nicht so war und ebenso ungern zugab, dass ihn schlicht die beiden Frauen interessierten.
    »Wenn ich dir sonst noch irgendwie behilflich sein kann, ruf mich bitte an«, sagte Padovani, dann fügte er hinzu: »Wir könnten uns wieder hier treffen. Aber dann bestehe ich darauf, dass du zwei deiner stärksten Polizisten mitbringst, die mich beschützen gegen - ah, Signora Antonia«, sagte er übergangslos, als sie an den Tisch trat und Brunetti die Rechnung hinlegte, »wir haben hervorragend gegessen und hoffen, sobald als möglich wiederkommen zu dürfen.« Das Ergebnis dieser Schmeichelei überraschte Brunetti. Antonia lächelte sie zum ersten mal an, auf ihrem Gesicht erblühte ein Strahlen reinster Freude, das tiefe Grübchen auf beiden Seiten ihres Mundes zutage

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