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Brunetti 02 - Endstation Venedig

Brunetti 02 - Endstation Venedig

Titel: Brunetti 02 - Endstation Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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wer Brunetti war und sie nur noch sagte: »Er ist kein schlechter Junge.«
    Brunetti wartete, bis er sicher war, daß sie nichts weiter sagen wollte, dann fuhr er fort: »Signora, ich habe heute mit einem Freund gesprochen. Er sagt, daß ein Mann, mit dem sich Peppino womöglich eingelassen hat, ein sehr schlechter Mensch ist. Wissen Sie etwas darüber? Ich meine, was Peppino macht und über die Leute, mit denen er zusammen ist, seit...« Er wußte nicht recht, wie er es formulieren sollte. »Seit er wieder zu Hause ist?«
    Sie überlegte lange, bevor sie antwortete. »Peppino war mit ganz schlechten Leuten zusammen dort.« Selbst nach all den Jahren konnte sie sich nicht überwinden, den Ort zu nennen. »Er hat von diesen Leuten gesprochen.«
    »Was hat er über sie gesagt, Signora?«
    »Er hat gesagt, daß es bedeutende Leute sind und daß sich sein Glück jetzt wendet.« Ja, das wußte Brunetti von Peppino schon: Immer wollte sein Glück sich gerade wenden.
    »Hat er Ihnen noch etwas gesagt, Signora?«
    Sie schüttelte den Kopf. Es war eine Verneinung, aber er war sich nicht sicher, was sie verneinte. Brunetti war auch in der Vergangenheit nie sicher gewesen, wieviel Signora Concetta von dem wußte, was ihr Sohn trieb. Er konnte sich vorstellen, daß sie viel mehr wußte, als sie zu erkennen gab, aber er fürchtete, daß sie dieses Wissen wahrscheinlich sogar vor sich selbst geheimhielt.
    »Haben Sie welche davon kennengelernt, Signora?«
    Sie schüttelte entschieden den Kopf. »Er darf sie nicht mit hierherbringen, nicht in meine Wohnung.« Das war zweifellos die Wahrheit.
    »Signora, wir suchen Peppino.«
    Sie schloß die Augen und senkte den Kopf. Er war erst zwei Wochen von dort weg, und schon suchte die Polizei ihn.
    »Was hat er getan, Dottore ?«
    »Wir wissen es nicht genau, Signora. Wir wollen mit ihm reden. Ein paar Leute sagen, daß sie ihn an einem Ort gesehen haben, wo ein Verbrechen passiert ist. Aber sie haben nur ein Foto von Peppino gesehen.«
    »Dann war es vielleicht gar nicht mein Sohn?«
    »Das ist noch unklar, Signora. Deshalb wollen wir ihn sprechen. Wissen Sie, wo er ist?«
    Sie schüttelte den Kopf, aber auch jetzt wußte Brunetti nicht genau, ob das hieß, daß sie es nicht wußte oder daß sie es nicht sagen wollte.
    »Signora, wenn Sie mit Peppino sprechen, würden Sie ihm zwei Dinge von mir ausrichten?«
    »Ja, Dottore.«
    »Sagen Sie ihm bitte, daß wir unbedingt mit ihm sprechen müssen. Und sagen Sie ihm, daß diese Leute schlechte Menschen sind, sie könnten gefährlich sein.«
    »Dottore, Sie sind Gast in meinem Haus, darum sollte ich das nicht fragen.«
    »Was, Signora?«
    »Ist das die Wahrheit, oder ist es ein Trick?«
    »Signora, sagen Sie mir, worauf ich schwören soll, und ich schwöre Ihnen, daß es die Wahrheit ist.«
    Ohne zu zögern sagte sie: »Schwören Sie beim Herzen Ihrer Mutter?«
    »Signora, ich schwöre beim Herzen meiner Mutter, daß dies die Wahrheit ist. Peppino soll zu uns kommen und mit uns reden. Und er sollte sich sehr vor diesen Leuten in acht nehmen.«
    Sie stellte ihr Glas ab, ohne getrunken zu haben. »Ich will versuchen, mit ihm zu reden, Dottore. Aber vielleicht ist es diesmal doch anders?« Sie konnte die Hoffnung nicht aus ihrer Stimme bannen.
    Brunetti merkte, daß Peppino seiner Mutter ziemlich viel von seinen bedeutenden Freunden erzählt haben mußte, von seiner neuen Chance, wodurch sich alles ändern würde und wodurch sie endlich reich würden.
    »Es tut mir leid, Signora«, sagte er aufrichtig. Er erhob sich. »Vielen Dank für den Kaffee und die süßen Köstlichkeiten. In ganz Venedig kann das niemand so wie Sie.«
    Sie wuchtete sich hoch, nahm eine Handvoll Pralinen vom Teller und steckte sie ihm in die Jackentasche. »Für Ihre Kinder. Sie wachsen noch. Zucker ist gut für sie.«
    »Sie sind sehr freundlich, Signora«, sagte er, wobei ihm schmerzlich klar war, wie sehr das stimmte.
    Sie ging mit ihm zur Tür und führte ihn dabei wieder am Arm, als ob er blind wäre oder sich verlaufen könnte.
    An der Haustür verabschiedeten sie sich mit förmlichem Handschlag, und sie blieb noch stehen und sah ihm nach, wie er davonging.

15
    Der nächste Morgen, ein Sonntag, war der Tag in der Woche, den Paola fürchtete, denn es war der Tag, an dem sie neben einem Fremden aufwachte. In den Jahren ihrer Ehe hatte sie sich daran gewöhnt, neben einem grimmigen, schlechtgelaunten Kerl aufzuwachen, der mindestens noch eine Stunde unfähig zu jeglicher

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