Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brunetti 02 - Endstation Venedig

Brunetti 02 - Endstation Venedig

Titel: Brunetti 02 - Endstation Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
Vom Netzwerk:
wenn er wußte, daß der Ausflug aussichtslos wäre.
    Seine Gegensprechanlage summte. »Brunetti«, meldete er sich, nachdem er den Hörer abgenommen hatte.
    »Commissario«, sagte Pattas Stimme, »kommen Sie bitte unverzüglich zu mir herunter.«
    Er ging sofort nach unten, klopfte und wurde hereingerufen. Patta saß an seinem Schreibtisch und sah aus, als käme er gerade von Probeaufnahmen zu einem Film - die er erfolgreich bestanden hatte. Bei Brunettis Eintreten war er damit beschäftigt, eine seiner russischen Zigaretten in seine Zigarettenspitze aus Onyx zu stecken, wobei er beide gewissenhaft von seinem Schreibtisch weghielt, damit auch nicht das kleinste Krümelchen Tabak herunterfallen und die glänzende Vollkommenheit des Renaissancetisches trüben konnte, hinter dem er saß. Da die Zigarette sich als widerspenstig erwies, ließ er Brunetti warten, bis es ihm gelungen war, sie in dem goldgefaßten Rund des Halters zu befestigen. »Brunetti«, sagte er dann, während er sich die Zigarette anzündete und ein paarmal probeweise daran zog, vielleicht auf der Suche nach dem geschmacklichen Effekt des Goldes, »ich habe einen sehr unerfreulichen Anruf bekommen.«
    »Hoffentlich nicht von Ihrer Frau«, sagte Brunetti in einem Ton, der untertänig klingen sollte.
    Patta legte die Zigarette auf den Rand seines Malachitaschenbechers und griff hastig danach, als die schwere Spitze sie auf die Schreibtischplatte kippen ließ. Er legte sie zurück, diesmal das brennende Ende und das Mundstück der Spitze auf die gegenüberliegenden Seiten des runden Aschenbechers. Als er die Hand wegnahm, drückte das Gewicht der Spitze nach unten, und das Ende der Zigarette rutschte heraus, so daß sie zusammen mit der Spitze, letztere mit einem dumpfen Klappern, in den Aschenbecher fiel.
    Brunetti verschränkte die Hände auf dem Rücken, blickte aus dem Fenster und wippte ein paarmal auf den Fußballen. Als er wieder hinsah, war die Zigarette ausgedrückt, die Spitze verschwunden.
    »Setzen Sie sich, Brunetti.«
    »Danke«, sagte er, höflich wie immer, und nahm seinen üblichen Platz auf dem Stuhl vor dem Schreibtisch ein.
    »Ich habe einen Anruf bekommen.« Er hielt gerade lange genug inne, um Brunetti herauszufordern, seine Vermutung von vorhin zu wiederholen, dann fuhr er fort: »Von Signor Viscardi, aus Mailand.« Als Brunetti schwieg, fügte er hinzu: »Er sagte mir, daß Sie seinen Leumund in Zweifel ziehen.« Brunetti beeilte sich nicht, etwas zu seiner Verteidigung vorzubringen, so daß Patta erklärend fortfahren mußte: »Er sagt, sein Versicherungsagent sei angerufen worden, von Ihnen, wohlgemerkt, und Sie hätten gefragt, woher er so schnell gewußt habe, daß bestimmte Dinge aus dem Palazzo entwendet wurden.« Wäre Patta in die begehrenswerteste Frau der Welt verliebt gewesen, er hätte ihren Namen nicht ehrerbietiger flüstern können als das Wort »Palazzo«. »Außerdem hat Signor Viscardi erfahren, daß Riccardo Fosco, ein bekannter Linker« - was sollte das wohl heißen, fragte sich Brunetti, in einem Land, in dem der Präsident der Abgeordnetenkammer seit Jahren Kommunist war? -»vieldeutige Fragen nach Signor Viscardis Finanzlage gestellt hat.«
    Hier legte Patta eine Pause ein, um Brunetti Gelegenheit zur Rechtfertigung zu geben, aber der schwieg weiter. »Signor Viscardi«, nahm Patta den Faden wieder auf, »hat mir diese Informationen nicht von sich aus gegeben, ich mußte ihn erst eingehend danach befragen, wie man hier mit ihm umgegangen ist. Aber er sagte, daß der Polizist, der zweite, wobei ich keine Veranlassung sehe, warum zwei hingeschickt werden mußten, daß dieser Polizist einige seiner Antworten nicht zu glauben schien. Natürlich fand Signor Viscardi, ein geachteter Geschäftsmann und Mit-Rotarier,« - überflussig zu erklären, wessen Mit-Rotarier er war - »diese Behandlung unwürdig, insbesondere so kurz nach seiner brutalen Mißhandlung durch die Männer, die in seinen Palazzo eingebrochen waren und Gemälde und kostbaren Schmuck hatten mitgehen lassen. Hören Sie überhaupt zu, Brunetti?« fragte Patta unvermittelt.
    »O ja, Vice-Questore.«
    »Warum sagen Sie dann nichts?«
    »Ich warte, was es mit dem unerfreulichen Anruf auf sich hat.«
    »Verdammt noch mal«, schrie Patta und schlug mit beiden Händen auf den Tisch. »Das war der unerfreuliche Anruf. Signor Viscardi ist ein bedeutender Mann, hier wie in Mailand. Er hat beträchtlichen politischen Einfluß, und ich möchte nicht, daß er

Weitere Kostenlose Bücher