Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brunetti 03 - Venezianische Scharade

Brunetti 03 - Venezianische Scharade

Titel: Brunetti 03 - Venezianische Scharade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
Vom Netzwerk:
habe und es allein nicht mehr schaffe. Und er hatte es fertiggebracht, wie ein besonders eifriges Trüffelschwein so lange im Etat herumzuschnüffeln, bis er das Geld für eine Sekretärin ausfindig gemacht hatte.
    »Sehr erfreut, Signorina Zorzi«, sagte Brunetti. Der Name kam ihm irgendwie bekannt vor.
    »Ich glaube, ich soll auch für Sie arbeiten, Commissario«, sagte sie lächelnd.
    Wohl kaum, wie er Patta kannte. Trotzdem sagte er: »Das wäre ja sehr schön«, und schaute auf die Papiere, die sie ihm hingelegt hatte.
    Er hörte, wie sie sich zurückzog, und folgte ihr mit dem Blick bis zur Tür. Ein Rock, weder kurz noch lang, und ausgesprochen hübsche Beine. Sie drehte sich noch einmal um, bemerkte seinen Blick und lächelte wieder. Er sah auf seine Papiere. Wer würde sein Kind Elettra nennen? Vor wie vielen Jahren? Fünfundzwanzig? Und Zorzi; er kannte viele Zorzis, aber keiner von ihnen würde seine Tochter Elettra nennen. Die Tür fiel hinter ihr ins Schloß, und er wandte sich wieder den Akten zu, aber sie hatten wenig Interessantes zu bieten; Venedigs Verbrecherwelt war offenbar in Urlaub.
    Er ging nach unten zu Pattas Büro und blieb erstaunt stehen, als er das Vorzimmer betrat. Jahrelang hatte hier nur ein angeschlagener Schirmständer aus Porzellan gestanden, dazu ein Tisch voller alter Zeitschriften der Sorte, wie man sie häufig beim Zahnarzt findet. Jetzt waren diese Zeitschriften einem Computer gewichen, verbunden mit einem Drucker, der links davon auf einem niedrigen Metalltischchen stand. Vor dem Fenster war statt des Schirmständers ein Holztischchen plaziert, auf dem in einer Glasvase ein riesiger Strauß gelber und orangefarbener Gladiolen prangte.
    Entweder wollte Patta der Zeitschrift Ambiente ein Interview geben, oder die neue Sekretärin fand, daß die Üppigkeit, die Patta in seinem Büro für angemessen hielt, sich auch dort widerspiegeln sollte, wo die niederen Ränge arbeiteten. Wie durch Brunettis Gedanken herbeigerufen, kam sie plötzlich herein.
    »Das sieht ja wirklich gut aus«, sagte er lächelnd und machte eine ausladende Handbewegung.
    Sie kam durchs Zimmer, legte einen Stapel Ordner auf ihrem Schreibtisch ab und drehte sich zu ihm um. »Schön, daß es Ihnen gefällt, Commissario. So, wie es war, hätte man unmöglich hier arbeiten können. Diese Zeitschriften«, setzte sie mit leisem Schaudern hinzu.
    »Die Blumen sind wunderschön. Ist das Ihr Einstandsstrauß?«
    »Aber nein«, erwiderte sie nachsichtig. »Ich habe bei Fantin einen Dauerauftrag gegeben; von jetzt an schicken sie jeden Montag und Donnerstag frische Blumen.« Fantin, der teuerste Blumenladen der Stadt. Zweimal die Woche. Hundertmal im Jahr? Sie unterbrach seine Berechnungen und erklärte: »Da ich auch das Spesenkonto des Vice-Questore führen soll, habe ich mir gedacht, ich setze die Blumen als feste Ausgabe mit darauf.«
    »Und liefert Fantin auch Blumen fürs Büro des Vice-Questore?«
    Ihr Erstaunen schien echt zu sein. »Gütiger Himmel, nein. Ich bin sicher, die könnte der Vice-Questore selbst bezahlen. Es wäre nicht recht, das Geld des Steuerzahlers dafür auszugeben.« Sie ging um ihren Schreibtisch herum und schaltete den Computer ein. »Kann ich etwas für Sie tun, Commissario?« fragte sie, nachdem die Sache mit den Blumen für sie offenbar erledigt war.
    »Im Augenblick nicht, Signorina«, sagte er, während sie sich schon über die Tastatur beugte.
    Er klopfte an Pattas Tür und wurde hereingerufen. Obwohl Patta wie immer hinter seinem Schreibtisch saß, war sonst kaum etwas wie immer. Sein Schreibtisch, gewöhnlich frei von allem, was an Arbeit erinnern konnte, war mit Mappen und Papieren bedeckt, sogar eine zerlesene Zeitung war dabei. Und zwar nicht Pattas üblicher Osservatore Romano, wie Brunetti feststellte, sondern die fast schon skurrile La Nuova, ein Blatt, dessen hohe Leserzahlen offenbar auf der allgemeinen Annahme beruhten, daß Menschen nicht nur gemeine und niederträchtige Dinge taten, sondern daß andere auch darüber lesen wollten. Selbst die Klimaanlage - Pattas Büro war eines der wenigen, das überhaupt eine hatte - schien heute nicht in Betrieb zu sein.
    »Setzen Sie sich, Brunetti«, sagte der Vice-Questore.
    Wie von Brunettis Blick angesteckt, sah Patta auf die Papiere vor sich und begann sie zusammenzuraffen. Er legte sie in wilder Unordnung übereinander, schob sie beiseite und saß dann still, die eine Hand selbstvergessen auf dem Stapel.
    »Wie geht es in Mestre?«

Weitere Kostenlose Bücher