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Brunetti 04 - Vendetta

Brunetti 04 - Vendetta

Titel: Brunetti 04 - Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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üblen Nachrede schuldig machen, wenn ich sie wiederholte, aber jedem, der bei internationalen Geschäften um die Steuer herumkommen oder auch nur wissen möchte, wen er bestechen muß, damit seine Sendungen vom Zoll unbehelligt hier ankommen, ist bekannt, daß er sich am besten an ihn wendet.«
    Die obere Hälfte des Zeigefingers verschwand. »Die Ehefrau hat ein Verhältnis mit Martucci.«
    Der Mittelfinger gesellte sich zu den anderen. »Vor etwa fünf Jahren hatte Trevisan - und auch das ist nur ein Gerücht - mit irgendwelchen Geldgeschäften zweier Angehöriger der Mafia von Palermo zu tun, zweier sehr gewalttätiger Männer. Ich kenne die Art seiner Verwicklung nicht, ob sie kriminell war oder nicht, oder ob er sich überhaupt freiwillig darauf eingelassen hat, aber ich weiß, daß diese Männer Interesse an ihm hatten, oder er an ihnen, weil die Aussicht bestand, daß Osteuropa sich bald öffnen und es in der Folge verstärkten Handel zwischen Italien und diesen Ländern geben würde. Es ist bekannt, daß die Mafia schon Kinder von Leuten entführt oder ermordet hat, die nicht mit ihr ins Geschäft kommen wollten. Es heißt, daß Trevisan eine Zeitlang große Angst hatte, aber es heißt auch, daß diese Angst sich wieder gelegt hat.« Der Richter ließ die beiden übrigen Finger in der Faust verschwinden. »Ich glaube, damit sind alle Ihre Fragen beantwortet.«
    Brunetti stand auf. »Ich danke Ihnen, eccellenza.«
    »Gern geschehen, Commissario.«
    Es wurde weder von Roberto gesprochen, der vor einem Jahr an einer Überdosis gestorben war, noch wurde der Krebs erwähnt, der die Leber des Richters zerfraß. Vor der Tür ließ Brunetti sich von dem Wachposten seine Pistole zurückgeben und verließ das Gerichtsgebäude.

18
    Als Brunetti am nächsten Morgen in sein Büro kam, wählte er als erstes Barbara Zorzis Privatnummer. Nach dem Piepton sagte er: »Dottoressa, hier Guido Brunetti. Wenn Sie da sind, nehmen Sie bitte ab. Ich muß noch einmal mit Ihnen über die Trevisans sprechen. Ich habe nämlich gehört ... «
    »Ja?« unterbrach sie, aber es überraschte ihn nicht, daß sie auf Begrüßungsfloskeln und Nettigkeiten verzichtete.
    »Ich wüßte gern, ob Signora Trevisans Besuch in Ihrer Praxis etwas mit einer Schwangerschaft zu tun hatte.« Und bevor sie antworten konnte, fügte er hinzu: »Nicht mit der ihrer Tochter, mit der eigenen.«
    »Warum wollen Sie das wissen?« fragte sie.
    »Im Autopsiebericht steht, daß ihr Mann sterilisiert war.«
    »Wann hat er das machen lassen?«
    »Ich weiß es nicht. Spielt das eine Rolle?«
    Es gab eine lange Pause, bevor sie wieder sprach. »Nein, wohl nicht. Ja, als sie vor zwei Jahren zu mir kam, glaubte sie, schwanger zu sein. Sie war damals einundvierzig, es hätte also durchaus sein können.«
    »War sie schwanger?«
    »Nein.«
    »War sie besonders in Unruhe deswegen?«
    »Damals hatte ich nicht den Eindruck, das heißt, nicht mehr als jede Frau in ihrem Alter, die dachte, sie hätte das alles hinter sich. Aber jetzt muß ich wohl sagen, doch, sie war in Unruhe.«
    »Danke«, sagte Brunetti nur.
    »War das schon alles?« Ihr Erstaunen war hörbar.
    »Ja.«
    »Sie wollten mich nicht fragen, ob ich weiß, wer der Vater war?«
    »Nein. Ich denke, wenn Sie den Verdacht gehabt hätten, daß es ein anderer als Trevisan war, hätten Sie mir das neulich schon gesagt.«
    Sie antwortete zuerst nicht, aber als sie es dann doch tat, zog sie das erste Wort sehr in die Länge. »Jaaa, das hätte ich wahrscheinlich.«
    »Gut.«
    »Vielleicht.«
    »Danke«, sagte Brunetti und legte auf.
    Als nächstes rief er in Trevisans Kanzlei an und versuchte einen Termin mit Avvocato Salvatore Martucci zu vereinbaren, bekam allerdings die Auskunft, Signor Martucci sei geschäftlich in Mailand und werde Commissario Brunetti zurückrufen, sobald er wieder in Venedig sei. Es lag kein neuer Papierkram auf Brunettis Schreibtisch, und so befaßte er sich mit der Liste, die er tags zuvor aufgestellt hatte, und dachte über sein Gespräch mit dem Richter nach.
    Es wäre Brunetti nie eingefallen, die Wahrheit dessen, was Richter Beniamin ihm erzählt hatte, in Frage zu stellen und seine Zeit damit zu vertun, es zu überprüfen. Wenn man also davon ausging, daß Trevisan mit der Mafia zu tun hatte, sah sein Tod sogar noch mehr nach Hinrichtung aus: so plötzlich und anonym wie ein Blitzschlag. Martucci kam, dem Namen nach zu urteilen, wahrscheinlich aus dem Süden; Brunetti mahnte sich zur Vorsicht

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