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Brunetti 04 - Vendetta

Brunetti 04 - Vendetta

Titel: Brunetti 04 - Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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gegen das Vorurteil, das aus dieser Tatsache bestimmte Schlüsse ableiten würde, vor allem wenn sich herausstellen sollte, daß Martucci Sizilianer war.
    Blieb Francesca, die Tochter, und ihre Geschichte von der Angst ihrer Eltern, sie könnte entführt werden. Bevor Brunetti heute morgen aus dem Haus gegangen war, hatte er zu Chiara gesagt, die Polizei habe die Entführungsgeschichte geklärt und brauche ihre Hilfe nicht mehr. Schon die entfernteste Möglichkeit, daß jemand von Chiaras Interesse an einer Sache erfahren könnte, die mit der Mafia zu tun hatte, bereitete Brunetti allergrößtes Unbehagen, und er wußte, daß er sie von weiterer Fragerei am besten abhielt, indem er sich uninteressiert stellte.
    Ein Klopfen riß ihn aus seinen Überlegungen. »Avanti«, rief er, und als er aufblickte, sah er Signorina Elettra die Tür für einen Mann aufhalten. »Commissario«, sagte sie, während sie über die Schwelle trat, »ich möchte Ihnen Signor Giorgio Rondini vorstellen. Er würde gern mit Ihnen sprechen.«
    Der Mann, den sie mitgebracht hatte, überragte sie mindestens um Haupteslänge, aber er wog wahrscheinlich nicht viel mehr als sie. Signor Rondini war so hager, als hätte er El Greco Modell gestanden, und diesen Eindruck verstärkten ein dunkler Spitzbart und die schwarzen Augen, die unter buschigen Brauen hervor in die Welt blickten.
    »Bitte nehmen Sie doch Platz, Signor Rondini«, sagte Brunetti und erhob sich. »Was kann ich für Sie tun?«
    Während Rondini sich setzte, ging Signorina Elettra zur Tür zurück, die sie offengelassen hatte, und blieb dort unbeweglich stehen, bis Brunetti zu ihr hinübersah und sie, den Finger auf Rondini gerichtet, mit den Lippen ein unhörbares ›Gior-gio‹ formte, als hätte sie es mit einem Tauben zu tun. Brunetti sagte mit einem kaum wahrnehmbaren Kopfnicken: »Grazie, signorina«, worauf sie hinausging und die Tür hinter sich schloß.
    Für eine Weile sprach keiner der beiden Männer ein Wort. Rondini sah sich im Zimmer um, und Brunetti betrachtete die Liste auf seinem Schreibtisch. Endlich sagte Rondini: »Commissario, ich bin gekommen, um mir von Ihnen einen Rat geben zu lassen.«
    »Ja, Signor Rondini?« fragte Brunetti und sah auf.
    »Es geht um den Strafbescheid«, sagte Rondini und verstummte.
    »Strafbescheid, Signor Rondini?«
    »Ja, wegen der Sache am Strand.« Er bedachte Brunetti mit einem ermunternden Lächeln, wie um ihn an etwas zu erinnern, wovon er doch irgendwann einmal gewußt haben mußte.
    »Bedaure, Signor Rondini, aber ich weiß nichts von einem Strafbescheid. Könnten Sie mir Näheres darüber sagen?«
    Rondinis Lächeln verblaßte und machte einem gequälten, verlegenen Gesichtsausdruck Platz.
    »Hat Elettra es Ihnen nicht erzählt?«
    »Nein, darüber hat sie leider nicht mit mir gesprochen.« Als Rondinis Gesicht daraufhin noch grimmiger wurde, fügte Brunetti lächelnd hinzu: »Nur über die große Hilfe, die Sie uns waren, versteht sich. Die Fortschritte, die wir in diesem Fall gemacht haben, verdanken wir ausschließlich Ihnen.« Daß es eigentlich noch gar keine Fortschritte gab, machte diese Behauptung nicht unbedingt zur Lüge, aber auch das hätte Brunetti nicht davon abgehalten, es auszusprechen.
    Als Rondini schwieg, meinte Brunetti ermunternd: »Vielleicht könnten Sie mir etwas Genaueres darüber sagen, dann wüßte ich, ob und wie ich Ihnen helfen kann.«
    Rondini faltete die Hände im Schoß und massierte mit der rechten die Finger der linken. »Wie gesagt, es geht um diesen Strafbescheid.« Er sah auf, und Brunetti lächelte und nickte ermutigend.
    »Wegen Erregung Öffentlichen Ärgernisses.«
    Brunettis Lächeln veränderte sich nicht; das schien Rondini Mut zu machen.
    »Sehen Sie, Commissario, ich war vorletzten Sommer am Strand, dem von Alberoni.« Brunetti lächelte immer noch weiter, selbst als der Name dieses Strandes am Ende des Lido fiel, der bei Schwulen so beliebt war, daß er im Volksmund schon ›Sündenstrand‹ hieß. Das Lächeln blieb also unverändert, aber Brunettis Augen musterten Rondini - und dessen Hände - jetzt mit erhöhter Aufmerksamkeit.
    »Nein, nein, Commissario«, sagte Rondini mit energischem Kopf schütteln. »Nicht ich. Nur mein Bruder.« Er unterbrach sich und schüttelte wieder den Kopf, ganz durcheinander vor Verlegenheit. »Ich mache es immer schlimmer.« Wieder lächelte er, noch nervöser jetzt, und seufzte einmal tief. »Lassen Sie mich noch mal von vorn anfangen.« Brunetti

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