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Brunetti 05 - Acqua alta

Brunetti 05 - Acqua alta

Titel: Brunetti 05 - Acqua alta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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hörte dennoch das tiefe Grummeln von Männerstimmen. Das Telefon wurde auf etwas Hartes gestellt, Hintergrundgeräusche waren zu hören, dann eine andere Stimme, die sagte: »Buon giorno, Dottor Brunetti. Sie müssen meinen Sohn entschuldigen. Er ist neu im Geschäft. Frisch von der Universität und vielleicht nicht ganz vertraut mit dem Gewerbe, noch nicht.«
    »Natürlich, Signor Scattalon. Ich verstehe das durchaus.«
    »Was für Auskünfte möchten Sie denn haben, Dottor Brunetti?« fragte Scattalon.
    »Ich hätte gern eine grobe Vorstellung davon, wieviel Signor La Capra für die Restaurierung seines Palazzo aufgewendet hat.«
    »Aber natürlich, dottore, natürlich. Ich muß mir nur eben die Unterlagen holen.« Der Hörer wurde weggelegt, aber Scattalon war schnell zurück. Er sagte, er wisse nicht, wie hoch der Kaufpreis gewesen sei, aber seine Firma habe Signor La Capra im Laufe des letzten Jahres schätzungsweise siebenhundert Millionen in Rechnung gestellt, für Arbeit und Material zusammen. Brunetti nahm an, daß es sich dabei um den Preis in bianco handelte, die offizielle Summe, die dem Staat als Ausgabe und Einnahme gemeldet worden war. Er kannte Scattalon nicht gut genug, um sich die Freiheit zu nehmen und danach zu fragen, aber man konnte davon ausgehen, daß ein großer, vielleicht sogar der größte Teil der Arbeiten darüber hinaus in nero bezahlt worden war, inoffiziell und zu einem niedrigeren Satz, so daß Scattalon sie nicht als Einnahmen deklarieren und keine Steuern davon abführen mußte. Brunetti hielt es für eine plausible Annahme, daß er noch einmal siebenhundert Millionen dazurechnen durfte, wenn nicht für Scattalon, dann für andere Arbeiter und Materialkosten, die in nero bezahlt worden waren.
    Zu der Frage, welche Arbeiten an dem Palazzo tatsächlich vorgenommen worden waren, gab Scattalon sich mehr als auskunftsfreudig. Ein neues Dach, neue Decken, bauliche Verstärkung mit Stahlträgern (wofür die Strafe bezahlt war), alle Mauern bis auf den Originalbackstein freigelegt und neu verputzt, neue Wasser- und Elektroleitungen, eine komplette Heizungsanlage, zentrale Klimaanlage, drei neue Treppen, Parkett in den Wohnräumen und überall doppelt verglaste Fenster. Auch ohne Fachmann zu sein, konnte Brunetti sich ausrechnen, daß diese Arbeiten weitaus mehr gekostet haben mußten als die von Scattalon genannte Summe. Aber das war eine Sache zwischen Scattalon und der Steuerbehörde.
    »Ich dachte, er hätte einen Raum für seine Sammlung eingeplant«, phantasierte Brunetti. »Haben Sie daran auch gearbeitet, an einem Raum für Gemälde oder« - hier machte er eine hoffnungsvolle Pause -»Keramiken?«
    Scattalon schwieg kurz, wohl um seine Beziehungen zu La Capra gegen die zum Conte abzuwägen, dann sagte er: »Da war ein Raum im dritten Stock, der vielleicht als eine Art Galerie dienen könnte. Wir haben alle Fenster mit kugelsicheren Scheiben und Stahlgittern versehen.« Und dann: »Er liegt auf der Rückseite des Palazzo, und die Fenster gehen nach Norden, er hat also indirektes Licht, aber die Fenster sind so groß, daß er gut ausgeleuchtet ist.«
    »Eine Galerie?«
    »Nun, er hat es nie so genannt, aber allem Anschein nach ist es eine. Nur eine Tür, mit Stahl verstärkt, außerdem haben wir auf seinen Wunsch einige Nischen in die Wände geschlagen. Sie wären gut geeignet, um darin Statuen aufzustellen, oder vielleicht auch Keramiken.«
    »Und eine Alarmanlage? Haben Sie eine eingebaut?«
    »Nein, aber solche Arbeiten machen wir nicht. Wenn er eine hat einbauen lassen, dann von einer anderen Firma.«
    »Wissen Sie, ob eine eingebaut wurde?«
    »Nein, das weiß ich wirklich nicht.«
    »Was für ein Mensch ist er Ihrem Eindruck nach, Signor Scattalon?«
    »Ein Mann, für den man sehr gern arbeitet. Überaus vernünftig. Und sehr einfallsreich. Er hat einen exzellenten Geschmack.«
    Brunetti kannte diese Übersetzung von »extravagant«, besonders, wenn es sich um die Art von Extravaganz handelte, die sich nicht um die Höhe der Rechnungen kümmerte oder diese auch nur allzu genau ansah.
    »Wissen Sie, ob Signor La Capra jetzt in dem Palazzo wohnt?«
    »Ja. Er hat uns sogar schon einige Male gerufen, um Kleinigkeiten beheben zu lassen, die bei der Arbeit in den letzten Wochen übersehen worden waren.«
    Aha, dachte Brunetti, das allzeit nützliche Passiv: Kleinigkeiten »waren übersehen worden«; nicht Scattalons Arbeiter hatten sie übersehen. Wie wundervoll doch die Sprache

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