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Brunetti 06 - Sanft entschlafen

Brunetti 06 - Sanft entschlafen

Titel: Brunetti 06 - Sanft entschlafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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einfiel, daß Mittwoch war, der Tag, an dem das Ufficio Stranieri geschlossen war, verstand er den Grund für diese ungewohnte Ruhe.
    Da ihm ein bißchen vor den vier Treppenfluchten zu seinem Dienstzimmer graute, beschloß er, es hinter sich zu bringen und gleich mit Patta zu reden. Doch als er die erste Treppe hinaufging, die zu Pattas Dienstzimmer führte, merkte er erstaunt, wie leicht das Treppensteigen eigentlich war, und fragte sich, warum er nicht in sein eigenes Zimmer hatte hochgehen wollen, es fiel ihm aber nicht mehr ein. Er überlegte, wie schön es doch wäre, wenn er die Treppen einfach hinauffliegen könnte, wieviel Zeit ihm das täglich sparen würde, aber dann fand er sich in Signorina Elettras Vorzimmer wieder und vergaß die Fliegerei.
    Sie blickte von ihrem Computer auf, als er hereinkam, und als sie seinen Arm sah und merkte, in welchem Zustand er war, sprang sie auf und kam hinter ihrem Schreibtisch hervor. »Was ist denn mit Ihnen, Commissario?« Ihr Erschrecken war ihr so deutlich anzusehen und anzuhören, daß Brunetti richtig gerührt war. Wie gut es die Frauen doch haben, dachte er, daß sie ihre Gefühle so offen zeigen dürfen, und wie wohltuend die Zeichen ihrer Zuneigung oder Sorge doch sind!
    »Danke, Signorina«, sagte er und widerstand dem Drang, ihr die Hand auf die Schulter zu legen zum Dank für diese offene Anteilnahme, die sie ihm zeigte, ohne daß es ihr selbst wohl klar war. »Ist der Vice-Questore da?«
    »Ja, er ist da - aber sind Sie sicher, daß Sie jetzt zu ihm wollen?«
    »O ja. Es ist genau der richtige Zeitpunkt.«
    »Kann ich Ihnen einen Kaffee besorgen, Dottore?« fragte sie, während sie ihm aus dem Regenmantel half.
    Brunetti schüttelte den Kopf. »Nein, schon gut, Signorina. Danke für das Angebot, aber ich will nur ein paar Worte mit dem Vice-Questore reden.«
    Die Gewohnheit, und nur die Gewohnheit, veranlaßte Brunetti, an Pattas Tür zu klopfen. Als er eintrat, begrüßte Patta ihn mit dem gleichen Erstaunen, das Signorina Elettra bei seinem Anblick an den Tag gelegt hatte, aber während Signorina Elettras Erstaunen mit Sorge gepaart gewesen war, ging es bei Patta nur mit Mißbilligung einher.
    »Was ist denn mit Ihnen los, Brunetti?«
    »Jemand hat versucht, mich umzubringen«, antwortete er wegwerfend.
    »Große Mühe kann sich der Betreffende nicht gegeben haben, wenn das alles ist, was er erreicht hat.«
    »Stört es Sie, wenn ich mich setze, Vice-Questore?«
    Patta, der darin kaum mehr sah als einen Versuch Brunettis, auf seine Verwundung aufmerksam zu machen, nickte ungnädig und zeigte auf einen Stuhl. »Wie ist das zugegangen?« wollte er wissen.
    »Letzte Nacht im Krankenhaus...«, begann Brunetti, aber Patta fiel ihm ins Wort.
    »Ich weiß, was im Krankenhaus passiert ist. Diese Frau wollte die Nonne töten, weil sie die verrückte Idee hatte, diese habe ihren Vater umgebracht«, sagte Patta, legte eine längere Pause ein und fuhr dann fort: »Gut, daß Sie da waren und das verhindern konnten.« Wenn Patta sich angestrengt hätte, wäre ihm das womöglich noch widerwilliger über die Lippen gekommen.
    Brunetti hörte zu und wunderte sich nur über das Tempo, mit dem Patta überzeugt worden war. Er wußte ja, daß man eine Geschichte dieser Art konstruieren würde, um Signorina Lerinis Verhalten zu erklären, aber er hätte nicht gedacht, daß sie so frech daherkommen würde.
    »Könnte es nicht eine andere Erklärung geben, Vice-Questore?«
    »Zum Beispiel?« fragte Patta mit gewohntem Argwohn.
    »Daß die Nonne etwas wußte, was Signorina Lerini geheimhalten wollte.«
    »Was könnte eine Frau dieser Sorte denn schon für Geheimnisse haben?«
    »Eine Frau welcher Sorte, wenn ich fragen darf?«
    »Eine Zelotin«, antwortete Patta wie aus der Pistole geschossen. »Eine von denen, die nichts als Religion und Kirche im Kopf haben.« Aus Pattas Ton war nicht zu schließen, ob er so etwas bei Frauen guthieß oder nicht. »Nun?« meinte er herausfordernd, als Brunetti dazu schwieg.
    »Ihr Vater hatte nichts am Herzen«, sagte Brunetti.
    Patta wartete, ob Brunetti noch etwas sagen würde, und als das nicht der Fall war, verlangte er zu wissen: »Und was soll das bitte heißen?« Brunetti antwortete noch immer nicht. »Etwa, daß Sie glauben, die Frau habe ihren Vater getötet?« Er stieß sich von seinem Schreibtisch ab, um seiner Ungläubigkeit sichtbaren Ausdruck zu geben. »Haben Sie den Verstand verloren, Brunetti? Eine Frau, die täglich in die Messe

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