Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brunetti 08 - In Sachen Signora Brunetti

Brunetti 08 - In Sachen Signora Brunetti

Titel: Brunetti 08 - In Sachen Signora Brunetti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
Vom Netzwerk:
Hörweite waren, ohne dabei jedoch die Frau aus den Augen zu lassen. Sie steckten die Köpfe zusammen und tuschelten kurz miteinander, dann zückte der eine sein Handy und wählte die Nummer der Questura. Über ihnen ging ein Fenster auf, und ein Kopf erschien, verschwand aber gleich wieder. Das Fenster wurde zugeschlagen.
    Der Polizist sprach eine ganze Weile ins Telefon, berichtete, was sich zugetragen hatte, und meldete, daß die verantwortliche Person bereits ergriffen sei. Als der Wachhabende sagte, sie sollten den Mann herbringen, korrigierte der Polizist ihn erst gar nicht. Er klappte sein Handy zusammen und steckte es wieder in die Tasche. »Danieli sagt, ich soll sie in die Questura bringen«, teilte er seinem Kollegen mit.
    »Das heißt, ich muß hierbleiben?« fragte der andere, ohne seinen Unmut darüber zu verhehlen, daß er nun verurteilt war, in der Kälte auszuharren.
    »Du kannst ja drinnen warten. Danieli ruft den Besitzer an. Ich glaube, er wohnt hier irgendwo in der Nähe.« Er gab seinem Partner das Handy. »Melde dich, wenn er nicht aufkreuzt.«
    Mit einem Lächeln machte der zweite Polizist gute Miene zum bösen Spiel und nahm das Handy. »Ich warte, bis er kommt. Aber nächstes Mal bin ich mit der Überstellung in die Questura an der Reihe.«
    Sein Partner nickte. Nachdem damit der Frieden wiederhergestellt war, gingen die beiden zu der Frau zurück, die sich während des langen Wortwechsels nicht von der Stelle gerührt hatte und noch auf dem Pfosten saß, den Blick auf das eingeschlagene Fenster und die Glassplitter gerichtet, die in einem glitzernden Bogen verstreut lagen.
    »Kommen Sie bitte mit«, sagte der erste Polizist.
    Sie erhob sich stumm und ging auf den Eingang einer schmalen calle links neben dem kaputten Schaufenster zu.
    Keinem der beiden Polizisten fiel dabei auf, daß sie offensichtlich den kürzesten Weg zur Questura kannte.
    Sie brauchten zehn Minuten dorthin, und in der ganzen Zeit sprachen die Frau und der Polizist kein Wort. Hätte jemand von den sehr wenigen Leuten, denen sie begegneten, auf die beiden geachtet, wie sie über die schlafende Piazza San Marco und weiter durch die schmale calle in Richtung San Lorenzo und Questura gingen, er hätte nur eine attraktive, gutgekleidete Frau in Begleitung eines uniformierten Polizisten gesehen. Ein ungewohnter Anblick um vier Uhr früh, aber vielleicht war in ihrem Haus eingebrochen worden, oder man holte sie, um ein verirrtes Kind zu identifizieren.
    Es erwartete sie niemand am Eingang zur Questura, und der Polizist mußte mehrmals klingeln, bevor aus dem Wachraum rechts von der Tür das verschlafene Gesicht eines jungen Kollegen erschien. Als er sie sah, verschwand er und kam kurz darauf in seiner Uniformjacke wieder. Er öffnete die Tür und murmelte eine Entschuldigung. »Keiner hat mir gesagt, daß du kommst, Ruberti«, sagte er. Der andere wischte die Entschuldigung beiseite und bedeutete ihm, er könne sich wieder hinlegen, denn er wußte noch gut, wie es war, wenn man neu bei der Polizei und ganz verschlafen war.
    Dann führte er die Frau die Treppe linker Hand hinauf in den ersten Stock. Er öffnete die Tür und hielt sie ihr höflich auf, und als die Frau hineinging, folgte er ihr ins Zimmer und setzte sich an seinen Schreibtisch. Aus der rechten Schublade nahm er einen dicken Block mit Formularen, klatschte ihn vor sich auf den Schreibtisch, sah die Frau an und bedeutete ihr mit einer Handbewegung, daß sie ihm gegenüber Platz nehmen solle.
    Während sie sich hinsetzte und ihren Mantel aufknöpfte, füllte er schon einmal den oberen Teil des Formulars aus, wo nach Datum, Uhrzeit und seinem Namen und Dienstgrad gefragt wurde. Als er zur Spalte »Art des Vergehens« kam, zögerte er kurz und schrieb dann »Vandalismus« in das leere Rechteck.
    Nun blickte er zu ihr auf und sah sie zum erstenmal richtig. Dabei hatte er einen Eindruck, der ihm widersinnig erschien, denn alles an ihr - Kleidung, Frisur, sogar ihre Art zu sprechen - strahlte ein Selbstbewußtsein aus, das nur Geld einem Menschen gibt, viel Geld. Bitte, laß sie keine Irre sein, betete er stumm.
    »Haben Sie Ihren Ausweis dabei, Signora?«
    Sie nickte und griff in ihre Tasche. Er kam nicht auf die Idee, daß es gefährlich sein könnte, eine Frau, die er eben erst wegen einer Gewalttat festgenommen hatte, in eine große Tasche greifen und etwas herausnehmen zu lassen.
    Ihre Hand kam mit einer ledernen Brieftasche wieder zum Vorschein. Sie klappte sie auf,

Weitere Kostenlose Bücher