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Brunetti 08 - In Sachen Signora Brunetti

Brunetti 08 - In Sachen Signora Brunetti

Titel: Brunetti 08 - In Sachen Signora Brunetti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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in den hinteren Teil der Wohnung. Schnell, bevor sie es sich noch anders überlegen konnte, stand Brunetti auf und verließ das Zimmer. Er ging über den Flur, vorbei an einer Küche auf der einen und einem Eßzimmer auf der anderen Seite. Ganz hinten blickte er durch eine offene Tür in ein Zimmer und sah den Stummen Diener eines Mannes an der Wand stehen. Er öffnete die Tür gegenüber und fand sich im Traumzimmer eines jungen Mädchens wieder: Weiße Chiffonrüschen säumten das Bett und den Frisiertisch, eine Wand bestand ganz aus Spiegeln.
    Neben dem Bett stand ein kunstvoller Telefonapparat aus Messing, dessen Hörer auf einem großen, eckigen Kasten lag; die Wählscheibe erinnerte an vergangene Zeiten. Er ging hin, kniete sich auf den Boden und schob die Chiffonwolken beiseite. Zwei Kabel führten von dem Kasten weg, eines zur Telefondose in der Wand, das andere zu einem kleinen schwarzen Kassettenrecorder, der kaum größer war als ein Walkman. Brunetti kannte dieses Gerät, denn er hatte es schon selbst benutzt, wenn er mit Verdächtigen sprach: stimmaktiviert und von einer Tonqualität, die bei so einem kleinen Ding erstaunlich war.
    Er löste den Anschluß und ging mit dem Gerät ins Wohnzimmer zurück. Als er dort wieder eintrat, hatte sie noch immer die Hand vor den Augen, aber sie sah auf, als sie ihn hörte.
    Er stellte den Recorder vor sie auf den Tisch. »Ist das der Kassettenrecorder, Signora?« fragte er.
    Sie nickte.
    »Darf ich mir anhören, was darauf ist?«
    Im Fernsehen hatte er einmal eine Sendung darüber gesehen, wie Schlangen ihr Opfer buchstäblich hypnotisieren konnten. Während sie jetzt langsam den Kopf hin und her bewegte und genau verfolgte, wie er sich über das Gerät beugte, mußte er daran denken, und ihm wurde unbehaglich.
    Sie nickte zustimmend, und wieder folgte ihr Kopf seinen Bewegungen, als er zuerst die Rückspultaste und dann, nachdem das Band zurückgelaufen war, auf Start drückte.
    Gemeinsam hörten sie zu, wie jetzt andere Stimmen, darunter die eines Toten, den Raum füllten. Mitri sprach mit einem alten Schulfreund und verabredete sich mit ihm zum Essen; Signora Mitri bestellte neue Vorhänge; Signor Mitri rief eine Frau an und sagte ihr, wie sehr er darauf brenne, sie wiederzusehen. Dabei wandte Signora Mitri schamhaft das Gesicht ab, und wieder kamen die Tränen.
    Es folgten Minuten mit immer der gleichen Art von Gesprächen, eines banaler und belangloser als das andere. Und nichts erschien, nun, da er in den Armen des Todes lag, von geringerer Bedeutung zu sein als Signor Mitris in Worte gefaßte Leidenschaft. Dann hörten sie Bonaventuras Stimme; er fragte Mitri, ob er sich am nächsten Abend die Zeit nehmen könne, ein paar Unterlagen durchzusehen. Als Mitri bejahte, sagte Bonaventura, dann werde er gegen neun vorbeikommen oder vielleicht einen der Fahrer mit den Papieren schicken. Und dann kam er, der Anruf, den er sich so sehnlich erhofft hatte. Das Telefon klingelte zweimal, und Bonaventura meldete sich mit einem nervösen Sì?. Dann tönte die Stimme eines anderen Toten durchs Zimmer: »Ich bin's. Es ist erledigt.«
    »Bestimmt?«
    »Ja. Ich bin noch hier.«
    Die Stille, die darauf folgte, war Ausdruck von Bonaventuras Schrecken über solche Unbesonnenheit. »Verschwinde. Sofort.«
    »Wann sehen wir uns?«
    »Morgen. In meinem Büro. Dann gebe ich dir den Rest.« Darauf hörten beide nur noch, wie aufgelegt wurde.
    Brunetti drückte auf Stop. Als er zu Signora Mitri hinübersah, war alles Gefühl aus ihrer Miene gewichen, die Tränen vergessen. »Ihr Bruder?«
    Gleich einem Bombenopfer konnte sie nichts weiter tun als stumm und mit weitaufgerissenen Augen nicken.
    Brunetti erhob sich, nahm den Recorder an sich und steckte ihn in die Tasche. »Ich finde keine Worte, um Ihnen zu sagen, wie leid mir das alles tut, Signora«, sagte er.

28
    B runetti ging nach Hause. Der kleine Kassettenrecorder wog schwerer in seiner Tasche als jede Pistole oder irgendein anderes Instrument des Todes, das er je getragen hatte. Er zog ihn körperlich nach unten, und die Nachrichten, die darauf waren, lasteten auf seinem Gemüt. Wie leicht hatte Bonaventura den Tod seines Schwagers betreiben können! Nur ein Anruf und die Mitteilung, ein Fahrer werde vorbeikommen und ihm irgendwelche Papiere bringen, die Mitri lesen solle. Und der ahnungslose Mitri hatte seinen Mörder eingelassen, ihm vielleicht die Papiere aus der Hand genommen und sich umgedreht, um sie auf einen Tisch zu

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