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Brunetti 09 - Feine Freunde

Brunetti 09 - Feine Freunde

Titel: Brunetti 09 - Feine Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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der andere Teil sei, der nicht stimme: Conte Falier könne kein System korrumpieren, das schon korrupt sei, vielleicht von Geburt an. Er sagte dann aber nur: »Ich möchte das nicht, Paola.«
    »Was?«
    »Daß wir uns wegen so etwas streiten.«
    »Ist doch egal.« Ihre Stimme klang fern, gleichgültig, leicht gebieterisch.
    »Ach, nun komm«, sagte er, schon wieder verärgert.
    Lange sprachen sie beide nicht. Endlich fragte Paola: »Was soll ich also tun?«
    »Ich glaube nicht, daß es da noch etwas zu tun gibt.« Er zeigte auf den Brief. »Seit wir den haben.«
    »Vermutlich nicht«, pflichtete sie ihm bei. Sie hob den Brief hoch. »Aber abgesehen davon?«
    »Ich weiß es nicht.« Dann sagte er in sanfterem Ton: »Es wäre dir wohl nicht zuzumuten, zu den Idealen deiner Jugend zurückzukehren?«
    »Würdest du das denn von mir wollen?« fragte sie, um aber sofort hinzuzufügen: »Es wäre unmöglich, das sage ich dir gleich. Meine Frage ist also rein rhetorisch. Würdest du das von mir wollen?«
    Doch als er aufstand, wurde ihm klar, daß eine Rückkehr zu ihrer beider Jugendidealen keine Garantie für Seelenfrieden wäre.
    Er ging in die Wohnung und kam ein paar Minuten später mit zwei Gläsern Chardonnay zurück. Eine halbe Stunde saßen sie zusammen und redeten kaum miteinander, bis Paola auf die Uhr sah, aufstand und meinte, sie wolle jetzt gehen und das Abendessen machen. Als sie sein leeres Glas nahm, bückte sie sich und küßte ihn aufs rechte Ohr, knapp an der Wange vorbei.
    Nach dem Essen legte er sich aufs Sofa und gab sich der Hoffnung hin, daß es ihm irgendwie gelingen möge, seiner Familie den Frieden zu erhalten und sein Heim davor zu bewahren, daß es von den schrecklichen Dingen belagert würde, die seinen Alltag bestimmten. Er versuchte weiter im Xenophon zu lesen, doch obwohl die noch übrigen Griechen sich inzwischen der Sicherheit heimischer Gestade näherten, fiel es ihm schwer, sich auf ihre Geschichte zu konzentrieren, und völlig unmöglich war es ihm, an ihren Nöten von vor zweitausend Jahren Anteil zu nehmen. Chiara, die gegen zehn hereinkam und ihm einen Gutenachtkuß gab, sagte diesmal nichts von Booten, weil sie ja nicht wissen konnte, daß Brunetti ihr heute ohne Umstände die Queen Elizabeth II. versprochen hätte.
    Wie gehofft, fand er am nächsten Morgen, als er sich auf dem Weg zur Arbeit den Gazzettino kaufte, seine Schlagzeile auf der ersten Seite des Lokalteils. In der Questura angekommen, setzte er sich an seinen Schreibtisch und las den Artikel. Es klang darin alles noch viel grausiger und dramatischer, als er es dargestellt hatte, und wie so viele jener wilden Geschichten, die speziell in diesem Blatt veröffentlicht wurden, erschien es alles vollkommen glaubhaft. Obwohl es im Text ausdrücklich hieß, die Therapie helfe nur gegen eine eventuelle Übertragung durch Bisse - was für Unsinn konnte man den Leuten noch auftischen? -, fürchtete Brunetti nun, daß Drogenabhängige und Infizierte in Massen das Krankenhaus heimsuchen würden, um an die Wunderarznei zu kommen, die ihnen angeblich in der Notfallambulanz des Ospedale Civile verabreicht werden konnte.
    Unterwegs hatte Brunetti noch etwas getan, was er selten tat: Er hatte sich La Nuova gekauft, wobei ihn hoffentlich niemand gesehen hatte, der ihn kannte. Darin fand er den Artikel auf Seite siebenundzwanzig: drei Spalten, sogar mit einem Foto von Zecchino, das offensichtlich aus einer Gruppenaufnahme ausgeschnitten war. Die Gefährlichkeit des Bisses wurde hier, soweit das überhaupt möglich war, noch viel übertriebener dargestellt, ebenso aber auch die Hoffnung, die man in das neue Medikament setzen könne, das es nur in der Notfallambulanz des Ospedale Civile gebe.
    Er war noch keine zehn Minuten in seinem Zimmer, als die Tür aufflog. Brunetti blickte auf und sah - zuerst erschrocken, dann überrascht - Vice-Questore Patta auf der Schwelle stehen. Er blieb dort allerdings nicht lange stehen, sondern war mit ein paar schnellen Schritten im Zimmer und baute sich vor Brunettis Schreibtisch auf. Brunetti erhob sich halb, doch Patta machte eine Handbewegung, als wollte er ihn auf seinen Stuhl zurückstoßen, dann ballte er die Hand zur Faust und ließ sie auf Brunettis Schreibtisch niedersausen.
    »Warum tun Sie das?« schrie er. »Was habe ich Ihnen je zuleide getan, daß Sie uns das jetzt antun? Die bringen ihn um. Das wissen Sie genausogut wie ich. Es muß Ihnen von Anfang an klar gewesen sein.«
    Im ersten Moment

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