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Brunetti 09 - Feine Freunde

Brunetti 09 - Feine Freunde

Titel: Brunetti 09 - Feine Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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»Du weißt, daß ich weder ihm noch irgend jemand anderem jemals Einzelheiten erzähle, aber ich habe ihm gesagt, daß du unter größerer Belastung stehst als sonst.«
    »Belastung?«
    »Ja, Belastung.« Und um das zu erklären, fuhr sie fort: »Durch die Sache mit Pattas Sohn, der ungeschoren davonkommen wird«, sagte sie. »Und diese armen jungen Leute, die tot sind.« Als sie sein Gesicht sah, sagte sie rasch: »Nein, ich habe von dem allen nichts zu ihm gesagt, ich habe ihm nur klarzumachen versucht, wie schwer du es in letzter Zeit hast. Schließlich lebe und schlafe ich mit dir, du brauchst mir also gar nicht jeden Tag zu berichten, wie dir diese Dinge zusetzen.«
    Er sah, wie sie sich gerader aufsetzte, als ob das Gespräch für sie beendet und sie selbst damit frei wäre, aufzustehen und ihnen etwas zu trinken zu holen.
    »Was hast du ihm denn noch erzählt, Paola?« fragte er, bevor sie wirklich aufstehen konnte.
    Sie ließ sich mit der Antwort eine Weile Zeit, aber dann sagte sie die Wahrheit: »Ich habe ihm von diesem Quatsch aus dem Katasteramt erzählt und daß diese Sache, obwohl wir seitdem nichts mehr gehört haben, über uns hängt wie eine bürokratische Ausgabe des Damoklesschwerts.« Brunetti kannte diese Taktik: Ablenkungsversuch mit einem Witzchen. Er ließ sich nicht beeindrucken.
    »Und wie hat er darauf reagiert?«
    »Er hat gefragt, ob er etwas tun kann.«
    Wäre Brunetti nicht so müde gewesen, nicht so niedergedrückt nach einem Tag, an dem er sich so sehr mit menschlicher Verderbtheit hatte befassen müssen, er hätte es wahrscheinlich dabei bewenden lassen und es hingenommen, daß die Dinge über seinen Kopf hinweg und hinter seinem Rücken ihren Lauf nahmen. Aber irgend etwas, entweder Paolas selbstgefällige Doppelzüngigkeit oder seine eigene Scham darüber, ließ ihn sagen: »Ich hatte dir doch verboten, das zu tun.« Schnell korrigierte er diesen Satz: »Ich hatte dich gebeten.« »Ich weiß. Also habe ich ihn nicht um Hilfe gebeten.«
    »Das brauchtest du ja wohl auch nicht, wie?« Seine Stimme wurde lauter.
    Auch die ihre. »Ich weiß nicht, was er getan hat. Ich weiß nicht einmal, ob er überhaupt etwas getan hat.«
    Brunetti zeigte auf den Umschlag in ihrer Hand. »Die Antwort muß man wohl nicht weit suchen, oder? Paola, ich hatte dich gebeten, uns nicht von ihm helfen zu lassen. Er sollte seine Freundeskreise und Beziehungen nicht für uns einspannen.«
    »Aber die unseren einzuspannen, darin hättest du nichts Anrüchiges gesehen?« schoß sie zurück.
    »Das ist etwas anderes«, beharrte er.
    »Wieso?«
    »Weil wir kleine Leute sind. Wir haben nicht seine Macht. Wir können uns nicht darauf verlassen, immer alles zu bekommen, immer die Gesetze umgehen zu können.«
    »Ist das für dich wirklich ein Unterschied?« fragte sie verwundert.
    Er nickte.
    »Wohin gehört dann Patta?« fragte sie. »Zu uns oder zu den Mächtigen?«
    »Patta?«
    »Ja, Patta. Wenn du es den kleinen Leuten zugestehst, daß sie dem System ein Schnippchen schlagen wollen, dasselbe aber bei den Großen als Unrecht ansiehst, wohin gehört dann Patta?« Als Brunetti zögerte, sagte sie: »Ich frage dich das, weil du ja nun gewiß nicht versuchst, mit deiner Meinung über das, was er getan hat, um seinen Sohn herauszuhauen, hinterm Berg zu halten.«
    Brunetti fühlte sich plötzlich von heißem Zorn gepackt. »Sein Sohn ist ein Krimineller!«
    »Trotzdem ist er sein Sohn.«
    »Und deswegen ist es völlig in Ordnung, wenn dein Vater das System korrumpiert, nur weil er es für seine Tochter tut?« Kaum waren die Worte heraus, bereute er sie schon, und die Reue besiegte seinen Zorn und erstickte ihn restlos. Paola sah ihn an, den Mund zu einem kleinen »O« geformt, als hätte er sie geohrfeigt.
    Er versuchte es sofort gutzumachen. »Entschuldige. Entschuldige bitte«, rief er, »das hätte ich nicht sagen sollen.« Er ließ den Kopf an die Rückenlehne des Stuhls sinken. Am liebsten hätte er die Augen geschlossen und das alles davongejagt. Statt dessen hob er die Hand und ließ sie mit der Innenseite nach oben auf seinen Schoß fallen. »Es tut mir wirklich leid. Das hätte ich nicht sagen sollen.«
    »Nein, das hättest du nicht.«
    »Weil es ja gar nicht stimmt«, meinte er abbittend.
    »Aber nicht doch«, sagte sie mit ganz ruhiger Stimme. »Nach meiner Meinung hättest du das nicht sagen sollen, gerade weil es stimmt. Er hat es ja getan, weil ich seine Tochter bin.«
    Brunetti wollte erwidern, daß es

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