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Brunetti 10 - Das Gesetz der Lagune

Brunetti 10 - Das Gesetz der Lagune

Titel: Brunetti 10 - Das Gesetz der Lagune Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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sich behielt, und überließ Signorina Elettra wieder ihrem Veblen und seiner Analyse der Probleme und unausbleiblichen Laster des Reichtums. Er ging in den Bereitschaftsraum, wo er nur einen von den Bootsführern antraf, Rocca, dem er sagte, daß er nach Pellestrina müsse. Roccas Gesicht leuchtete bei dieser Mitteilung auf: eine weite Fahrt, ein herrlicher Tag und frischer Wind aus Westen.
    Auf der ganzen Fahrt stand Brunetti an Deck und blickte zu den Inseln hinüber, die sie passierten: Santa Maria della Grazia, San Clemente, Santo Spirito, selbst das kleine Poveglia, bis er links von ihnen die Häuser von Malamocco sah. Brunetti hatte zwar einen Großteil seiner Jugend auf Booten und in der Lagune verbracht, aber nie gelernt, selbst ein Boot zu steuern, und so hatte sich seinem Gedächtnis nie eine Skizze der direktesten Routen zwischen verschiedenen Punkten der Lagune eingebrannt. Er wußte, daß Pellestrina voraus lag, etwa in der Mitte dieses schmalen Streifens Land, und er wußte auch, daß sie mit ihrem Boot genau zwischen den schräg aus dem Wasser ragenden Holzpfählen bleiben mußten, aber wären sie vom Weg abgekommen und in das weite Wasser zu ihrer Rechten geraten, es wäre ihm beschämend schwergefallen, sicher wieder nach Venedig zu finden.
    Rocca, dessen junges Gesicht simple Freude darüber ausstrahlte, an so einem schönen Tag draußen und in Aktion zu sein, rief seinem Vorgesetzten über die Schulter zu: »Wohin fahren wir, Commissario?«
    »Zum Hafen. Da sind Vianello und Bonsuan. Eigentlich müßten wir sie schon sehen.«
    Links von ihnen standen Bäume; hin und wieder rauschte ein Auto vorbei. Vor ihnen erkannte Brunetti jetzt Boote, eine lange Reihe von Booten, wie es schien, und alle mit dem Bug an einer betonierten Mole. Er suchte die stumpfen Hecks ab, sah aber nirgendwo das Polizeiboot. Sie kamen an eine Lücke in der Bootsreihe, und da erblickte er Vianello, der nur ein paar Meter entfernt am Ufer in der Sonne stand und sich die eine Hand schützend über die Augen hielt.
    Brunetti winkte, und Vianello wandte sich sogleich nach rechts, auf das Ende der Bootsreihe zu; seine Geste bedeutete, daß sie ihm folgen sollten. Als sie endlich die freien Plätze am Ende der Mole erreichten, legte Rocca an, und Brunetti sprang ans Ufer, einen Moment ganz überrascht, wie fest sich der Boden unter seinen Füßen anfühlte.
    »Ist Bonsuan zurückgefahren?« fragte er.
    »Einer der Nachbarn ist auf unser Boot gekommen und hat sie identifiziert. Unsere Vermutung war richtig: Es sind Giulio Bottin und sein Sohn Marco. Ich habe sie von Bonsuan ins Krankenhaus bringen lassen.« Er deutete mit einer Kopfbewegung zu Rocca, der damit beschäftigt war, eine Leine an einem der Poller festzumachen. »Ich kann ja mit Ihnen zurückfahren.«
    »Was weiter?« fragte Brunetti.
    »Ich habe mit ein paar Leuten gesprochen, und alle haben mir so ziemlich das gleiche erzählt: daß sie gegen drei Uhr morgens vom Knall des explodierenden Treibstoff-tanks aufgewacht sind. Bis sie draußen an der Mole waren, stand das Boot in Flammen, und ehe sie etwas unternehmen konnten, war es schon gesunken.«
    Vianello machte kehrt und ging auf die Reihe niedriger Häuser zu, die das Dorf Pellestrina bildeten. Brunetti nahm neben ihm Schritt auf. »Und dann der übliche Murks«, fuhr Vianello fort. »Niemand hielt es für nötig, die Carabinieri zu rufen, weil alle dachten, jemand anders hätte das schon getan. Folglich wurden die Carabinieri erst am Vormittag verständigt.« Vianello blieb abrupt stehen und blickte zu den Häusern, als könnte er nicht glauben, daß darin Menschenwesen wohnen sollten. »Es ist doch nicht zu fassen: Da kommen zwei Männer durch eine Explosion ums Leben, und keiner ruft uns an, keiner ruft überhaupt irgendwen an.«
    Er setzte sich wieder in Bewegung. »Also, die Carabinieri sind jedenfalls herausgekommen und haben sofort uns angerufen, weil sie meinten, für so etwas wären wir zuständig.« Er zeigte zu der Lücke zwischen den Booten. »Die Taucher haben sie heraufgeholt.«
    »Sie sagen, der Vater hatte eine Kopfwunde?«
    »Ja, schrecklich. Schädel eingeschlagen.«
    »Und der Sohn?«
    »Messer«, sagte Vianello. »In den Bauch. Ich nehme an, er ist daran verblutet.« Ehe Brunetti nachfragen konnte, fuhr er schon fort: »Er sah aus, als wenn ihn einer regelrecht geschlachtet hätte. Das Messer unten in den Bauch gestoßen und hochgezogen. Sein Hemd war darüber, als die Leiche heraufgeholt wurde,

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