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Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima

Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima

Titel: Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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schickte, einem fremden Mann die Hand zu reichen.

23
    A ls Brunetti aus Salimas Haus kam, mußte er überrascht feststellen, daß seine Knie zitterten. Er wußte nicht, ob es an der fremdländischen Geste lag, mit der die Frau ihn gewissermaßen verpflichtet hatte, dafür zu sorgen, daß sie das Geld bekam, mit dem sie ihre Familie nachholen konnte, oder ob die brisanten Dokumente, die sie ihm überlassen hatte, ihn so erregten.
    Aus einer Bar rief er Lele Bortoluzzi an und verabredete sich mit ihm in zwanzig Minuten in seiner Galerie; so lange würde er schätzungsweise brauchen, wenn er die Linie 82 vom Rialto nahm. Als Brunetti eintraf, unterhielt der Künstler sich gerade mit einem Kunden, einem Amerikaner, der darauf bestand, sich sämtliche Arbeiten anzusehen, sich nach Techniken und Farben erkundigte, nach dem Licht und Leles Stimmung beim Malen der jeweiligen Bilder, und der nach fast einer Viertelstunde die Galerie verließ, ohne irgend etwas gekauft zu haben.
    Lele trat zu Brunetti, der vor einem Seestück stand, umarmte den Jüngeren und küßte ihn auf beide Wangen. Als engster Freund seines verstorbenen Vaters hatte Lele ihn stets mit väterlicher Herzlichkeit umsorgt, wie um ihn dafür zu entschädigen, daß Brunettis leiblicher Vater seinen Söhnen nie hatte zeigen können, was er für sie empfand.
    Brunetti wies mit einer Kopfbewegung auf das Gemälde und sagte: »Das ist wunderschön.«
    »Ja, nicht wahr?« erwiderte der Künstler ohne eine Spur von Verlegenheit. »Besonders diese Wolke da links, gleich über dem Horizont.« Er führte die Kuppe seines rechten Zeigefingers dicht an die Leinwand und tippte dann ein-, zweimal mit dem Fingernagel auf die Wolke. »Es ist die schönste, die ich je gemalt habe, wirklich einmalig.«
    Da es sonst gar nicht Leles Art war, seine eigenen Arbeiten zu loben, trat Brunetti gespannt näher, aber er sah nach wie vor bloß eine Wolke.
    Der Commissario legte den wattierten Umschlag auf den Tisch, öffnete ihn und nahm das Päckchen mit der Zeichnung heraus, wobei er sorgsam darauf achtete, die schützenden Pappdeckel nicht zu knicken. »Sieh dir das mal an«, sagte er.
    Bortoluzzi zog die mit Seidenpapier umhüllte Zeichnung zwischen den Pappen hervor, schlug das Papier zurück, und als er sah, was sich darunter verbarg, entfuhr ihm unwillkürlich ein staunendes »Mamma mia!«. Er sah kurz zu Brunetti auf, aber die Schönheit des Kunstwerks zog seinen Blick gleich wieder magisch an. Und während das Auge des Malers andächtig Strichführung und Lineatur des Leichnams Christi folgte, fragte Lele: »Wo hast du das her?«
    »Kann ich dir nicht sagen.«
    »Ist es gestohlen?«
    »Ich glaube nicht«, antwortete Brunetti und bekräftigte nach einigem Nachdenken in entschiedenerem Ton: »Nein, nicht gestohlen.«
    »Und warum kommst du damit zu mir?« fragte Lele.
    »Weil du es verkaufen sollst.«
    »Bist du auch sicher, daß es nicht gestohlen ist?« fragte der Maler.
    »Lele, es ist nicht gestohlen, aber ich brauche dich, um es zu verkaufen.«
    »Das werde ich nicht tun«, sagte der Maler, doch bevor Brunetti etwas einwenden konnte, setzte er hinzu: »Ich kaufe es selber.«
    Lele nahm das Blatt vom Tisch und trat näher ans Tageslicht, das durch Tür und Fenster einfiel. Abwechselnd prüfte er die Zeichnung in kurzem Abstand oder hielt sie auf Ar* meslänge von sich, ehe er zurückkam und sie wieder auf den Tisch legte. Mit dem kleinen Finger seiner rechten Hand strich er behutsam über die linke untere Ecke. »Das Papier ist echt. Venezianisch, sechzehntes Jahrhundert.« Wieder nahm er die Zeichnung zur Hand und studierte sie, wie Brunetti schien, minutenlang, bevor er sagte: »Über den Daumen gepeilt würde ich dieses Blatt auf zweihundert Millionen schätzen. Natürlich müßte man die Preise der letzten Auktionen vergleichen, aber ich weiß, daß Pietro vor etwa drei Jahren einen Tizian verkauft hat, also kann ich ihn fragen, was er damals bekommen hat.«
    »Pietro Palma?« fragte Brunetti und benannte damit einen berühmten venezianischen Kunsthändler.
    »Ja. Er wird mich anlügen, der Mistkerl. Das macht er immer, trotzdem kann ich mir anhand seiner Flunkerei ausrechnen, wieviel er wirklich erzielt hat. Aber der Preis dürfte sich irgendwo zwischen hundertfünfzig und zweihundert Millionen bewegen.« Und ganz beiläufig, zu beiläufig, fragte Lele: »Gehört dir das Bild?«
    »Nein, aber ich bin bevollmächtigt, es zu verkaufen.« Womit er nicht die Unwahrheit

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