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Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima

Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima

Titel: Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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Hängeschränkchen. Die Tür links daneben führte wohl ins Bad. Es roch nach exotischen Gewürzen, unter denen Brunetti Nelken und Zimt zu erkennen glaubte, vermischt mit fremden, sehr köstlichen Düften. Seiner Schätzung nach war die ganze Wohnung kleiner als das Zimmer seiner Tochter.
    Er ging zum Tisch, schob einen der Stühle zurück, trat beiseite und bedeutete ihr lächelnd und mit einer entsprechenden Handbewegung, sie möge sich setzen. Als sie seiner Aufforderung nachgekommen war, nahm er auf dem anderen Stuhl Platz, wobei er sorgsam darauf achtete, daß soviel Abstand wie möglich zwischen ihnen blieb.
    »Ich möchte mich mit Ihnen unterhalten, Signora.« Als sie schwieg, setzte er hinzu: »Über Signora Jacobs.«
    Sie nickte zum Zeichen, daß sie ihn verstand, sagte aber immer noch nichts.
    »Wie lange waren Sie bei ihr?«
    «Zwei Jahre«, erwiderte sie, und die knappe Antwort ließ keine Rückschlüsse darauf zu, wie gut ihr Italienisch war.
    »Und haben Sie gern für die Signora gearbeitet?«
    »Sie war eine gute Frau«, entgegnete Salima. »Viel zu tun war nicht bei ihr, und sie war immer sehr großzügig.«
    »Würden Sie sagen, daß sie arm war?«
    Sie zuckte mit den Schultern, als sei jede westliche Definition von Armut von Haus aus absurd, wenn nicht gar beleidigend.
    »Inwiefern war sie großzügig?«
    »Ich bekam immer etwas zu essen bei ihr, und manchmal gab sie mir ein paar Lire extra.«
    »Ich könnte mir vorstellen, daß viele Arbeitgeber nicht so großzügig sind«, bemerkte Brunetti in der Hoffnung, sie damit etwas aus der Reserve zu locken. Aber es war wohl ein so plumper Versuch, daß sie seine Worte ignorierte und ruhig die nächste Frage abwartete.
    »Hatten Sie Schlüssel zu ihrer Wohnung?«
    An dem Blick, mit dem sie zu ihm aufsah, spürte er, daß sie abzuschätzen versuchte, wie riskant es sei, ihm die Wahrheit zu sagen. Wie gern hätte er ihr versichert, daß keine Gefahr bestünde, aber er wußte, daß das gelogen wäre, und sagte nichts.
    »Ja.« »Wie oft gingen sie hin?«
    »Zum Putzen einmal die Woche. Aber manchmal war ich zwischendurch dort und brachte ihr etwas zum Essen. Sie aß nicht genug. Hat immer nur geraucht.« Ihr Italienisch war ausgezeichnet, woraus er schloß, daß sie wohl aus Somalia stammte, dem Land, in dem sein Vater gekämpft hatte, er mit seinem Maschinengewehr gegen Männer mit bloßen Speeren.
    »Hat sie mit Ihnen über die Bilder in ihrer Wohnung gesprochen?«
    »Die sind harram«, sagte sie, »und die Signora wußte, daß ich nicht darüber reden oder sie anschauen mochte.«
    »Verzeihen Sie, Signora, aber ich weiß nicht, was Sie meinen«, gestand Brunetti.
    »Harram - unrein. Der Prophet verbietet uns, Bilder von Menschen oder Tieren zu machen. Es ist unrecht, und diese Bilder sind unrein.«
    »Danke, jetzt verstehe ich.« Brunetti nickte erleichtert, auch wenn er sich wunderte, wie jemand diese feingliedrigen jungen Tänzerinnen für unrein halten konnte.
    »Aber hat sie vielleicht trotzdem mal was darüber erzählt?«
    »Sie sagte, viele Leute würden sie für sehr wertvoll halten, aber ich wollte sie nicht ansehen, aus Angst, mich zu versündigen.«
    »Haben Sie auch das junge Mädchen kennengelernt, das Signora Jacobs ihre Enkeltochter nannte?«
    Salima lächelte. »Ja, ich bin ihr drei- oder viermal begegnet. Sie hat immer ›Signora‹ zu mir gesagt und mich mit Respekt behandelt. Einmal, als ich das Schlafzimmer saubermachte, brachte sie mir eine Tasse Tee. Und sie dachte daran, viel Zucker hineinzutun: Ich hatte ihr erzählt, daß man ihn bei uns gern süß trinkt. Sie war ein liebes Mädchen.«
    »Wußten Sie, daß man sie ermordet hat?«
    Salima senkte die Lider bei dem Gedanken, daß dieses liebe Mädchen tot war. Dann schlug sie die Augen wieder auf und sagte leise: »Ja.« »Können Sie sich vorstellen, wer ihr nach dem Leben trachtete?«
    »Wie hätte ich das wissen können und nicht zur Polizei gehen?« fragte sie ehrlich entrüstet, die erste Gefühlsregung, die sie seit Beginn des Gesprächs erkennen ließ.
    »Signor Mario sagte mir, Sie hätten Angst vor der Polizei«, sagte Brunetti.
    »Stimmt«, erwiderte sie brüsk. »Aber das spielt keine Rolle, nicht, wenn ich etwas gewußt hätte. Natürlich hätte ich es dann gemeldet.«
    »Sie wissen also nichts?«
    »Nein. Gar nichts. Aber ich glaube, das hat die Signora umgebracht.«
    »Warum sagen Sie das?«
    »Sie wußte, daß sie nicht mehr lange zu leben hatte. Ein paar Tage nach dem

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