Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima

Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima

Titel: Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
Vom Netzwerk:
kontaktierten einen Agenten. Viele von ihnen waren Antiquitätenhändler, entweder hier oder in einer der großen Städte. Von den namhaften Sammlern versuchten sogar welche, mit den Deutschen zusammenzuarbeiten, mit Männern wie Karl Haberstock in Berlin, über den, wie es hieß, der Fürst Varnese in Rom viele seiner Kunstwerke auf den Markt brachte. Nun, jedenfalls setzten die Leute sich mit einem Agenten in Verbindung; der kam, schaute sich an, was sie zu bieten hatten, und machte dann ein Angebot für die Objekte, die ihm gefielen oder die er glaubte weiterverkaufen zu können.« Hier stockte Lele abermals.
    »Und?« fragte Brunetti, der immer noch rätselte, was an dieser ganzen Geschichte den Freund so in Rage bringen mochte.
    »Und sie boten einen Bruchteil dessen, was die Sachen wert waren, behaupteten aber, das sei das Äußerste, was man dafür bekommen würde.« Noch bevor Brunetti die naheliegende Frage stellen konnte, erklärte Lele: »Jeder wußte, daß es sinnlos war, einen anderen Händler zu kontaktieren. Die Agenten hatten ein Kartell gebildet, und sobald einer von ihnen ein Gebot abgab, informierte er die anderen über den Preis, und keiner hätte mehr geboten.«
    »Aber was war mit Männern wie deinem Vater? Konnten die Leute sich denn nicht an ihn wenden?«
    »Zu der Zeit saß mein Vater im Gefängnis.« Leles Stimme war eisig.
    »Weswegen denn?«
    »Wer weiß? Was spielt das für eine Rolle? Jemand hatte ihn wegen angeblich defätistischer Äußerungen angezeigt. Die er natürlich auch gemacht hatte. Jeder wußte, daß wir keine Chance hatten, den Krieg zu gewinnen. Aber er sagte so was nur zu Hause, nur zu uns. Denunziert hatten ihn die anderen Agenten. Sie zeigten ihn an, und die Polizei kam und nahm ihn fest, und bei den Verhören machte man ihm klar, daß er nicht länger als Agent arbeiten dürfe.«
    »Für die Leute, die das Land verlassen wollten?«
    »Unter anderem. Sie sagten ihm nie genau, mit wem er nicht mehr zusammenarbeiten dürfe, aber das war ja auch gar nicht nötig, oder? Mein Vater verstand auch so. Als er zum drittenmal zusammengeschlagen wurde, hatte er verstanden. Und als sie ihn laufenließen und er nach Hause kam, versuchte er nicht mehr, diesen Leuten zu helfen.«
    »Den Juden?«
    »In erster Linie, ja. Aber auch nicht-jüdischen Familien. Der deines Schwiegervaters zum Beispiel.«
    »Ist das dein Ernst, Lele?« fragte Brunetti, baff vor Staunen.
    »Über dieses Thema mache ich keine Witze, Guido«, versetzte Lele ungewohnt schroff. »Auch der Vater deines Schwiegervaters mußte das Land verlassen, und vorher kam er zu meinem Vater und fragte an, ob er den Verkauf verschiedener Stücke für ihn übernehmen würde.«
    »Und, hat er?«
    »Er hat die Sachen genommen. Ich glaube, es waren vierunddreißig Gemälde und eine große Sammlung Erstausgaben aus der Druckerei von Aldus Manutius.«
    »Hatte dein Vater denn keine Angst? Wo er doch gerade erst eine so drastische Warnung bekommen hatte?«
    »Er hat die Sachen nicht verkauft. Er gab dem Conte eine gewisse Summe und sagte ihm, er würde die Bilder und Bücher für ihn aufbewahren, bis er nach Venedig zurückkäme.«
    »Und wie ging es weiter?«
    »Die Familie, einschließlich deines Schwiegervaters, schlug sich auf dem Landweg nach Portugal durch und setzte von dort nach England über. Sie gehörten zu den Glücklichen, die durchkamen.«
    »Und die Sachen, die dein Vater in Kommission hatte?«
    »Die deponierte er an einem sicheren Ort, und als der Conte und seine Familie nach dem Krieg wiederkamen, hat er alles zurückgegeben.«
    »Wo hat er die Sachen denn versteckt?« fragte Brunetti. Nicht, daß es darauf angekommen wäre, aber der Historiker in ihm verlangte Gewißheit.
    »Ich hatte eine Tante, die Äbtissin bei den Dominikanern war, in dem Kloster bei der Chiesa Santa Maria dei Miracoli. Sie hat alles unter ihrem Bett versteckt.« Brunetti war so verblüfft, daß er nicht weiter fragte, aber Lele erklärte es ihm auch so. »Also unter dem Fußboden im Schlafzimmer der Äbtissin befand sich ein großer Hohlraum, und sie hatte ihr Bett genau über den Zugang gestellt. Ich hielt es nicht für höflich, nachzufragen, was eine Äbtissin dort wohl verstecken wollte, also weiß ich auch nicht, wozu dieser Hohlraum ursprünglich diente.«
    »Wir können nur hoffen«, bemerkte Brunetti, eingedenk der Geschichten, die man sich in seiner Kindheit über Priester und Nonnen erzählt hatte.
    »Du sagst es. Jedenfalls blieben die

Weitere Kostenlose Bücher