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Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima

Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima

Titel: Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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gekommen oder sogar außerhalb von Italien. Brunettis Gedanken wetteiferten mit seinem forschen Schritt, und er kam zu dem Schluß, daß die persönlichen Daten sicher bei der Universität oder beim Ufficio Anagrafe abzurufen waren, wo Claudia gemeldet sein mußte. Und da sie noch so jung war, sollten ihre Daten bereits im Computer erfaßt und somit Signorina Elettra leicht zugänglich sein. Der Commissario blickte auf und lächelte vor sich hin, froh, wieder etwas gefunden zu haben, womit er Signorina Elettra beschäftigen und ihr beweisen konnte, wie unentbehrlich sie für die Questura war.
    Claudias Großmutter war nach dem Krieg mit einem britischen Soldaten durchgebrannt und hatte ihr Kind - Claudias späteren Vater - mitgenommen. Wie war es zugegangen, daß die Enkelin wieder in Venedig landete, obendrein akzentfrei Italienisch sprach und Signora Jacobs als ihre Adoptivgroßmutter betrachtete? Sosehr Brunetti sich auch vorhielt, daß alles Spekulieren fruchtlos sei, so wenig konnte er seiner Phantasie Einhalt gebieten.
    Seine sorgenvollen Gedanken begleiteten den Commissario bis nach Hause, aber als er die Treppen zu seiner Wohnung hinaufstieg, bemühte er sich redlich, sie auf den letzten Stufen hinter sich zu lassen - zumindest bis der nächste Morgen ihn zurückholen würde in den Bann des Todes.
    Ein weiser Entschluß, wie sich herausstellte, denn für die Menschen, die seine Gedanken bevölkerten, wäre kein Platz mehr gewesen am häuslichen Tisch, um den heute außer seiner Familie noch zwei Gäste versammelt waren, nämlich Raffis Freundin Sara Paganuzzi und Michela Fabris, eine Schulfreundin von Chiara, die über Nacht bleiben würde.
    Weil Marco ihn um sein Mittagessen gebracht hatte, nahm Brunetti von den Spinat- und Ricotta-Crèpes, die Paola als ersten Gang servierte, guten Gewissens eine zweite Portion. Anfangs war er zu sehr aufs Essen konzentriert, als daß er viel zur Unterhaltung beigetragen hätte, und so teilte sich das Gespräch in zwei Gruppen, wie der Chor in einem Oratorium von Scarlatti: Paola diskutierte mit Chiara und Michela über einen Filmschauspieler, dessen Name Brunetti nichts sagte, aber in den seine einzige Tochter offenbar hoffnungslos vernarrt war; Raffi und Sara turtelten in dem unergründlichen Code junger Liebe, den Brunetti seiner Erinnerung nach auch einmal beherrscht hatte.
    Als der größte Hunger gestillt war, begann er aufmerksamer auf das zu achten, was um ihn her gesprochen wurde, gleichsam als schalte er sich in ein laufendes Radioprogramm ein. »Ich finde ihn wunderbar«, seufzte Michela, was Brunetti veranlaßte, den Sender zu wechseln und auf Sara umzuschalten. Aber außer daß hier die Schwärmerei seinem einzigen Sohn galt, wurde ihm das Zuhören auf diesem Kanal auch nicht leichter gemacht.
    Paola kam gerade rechtzeitig mit einer gewaltigen Kasserolle aus der Küche, um ihn aus seiner Verwirrung zu retten. Als Beilage zu dem geschmorten Kaninchen, das sie auftrug, glaubte Brunetti Oliven zu erkennen. »Und Walnüsse?« fragte er und deutete auf eine Handvoll hellbrauner Bröckchen, die obenauf lagen.
    »Ja«, sagte Paola und bat Michela um ihren Teller.
    Das Mädchen reichte ihn ihr, fragte aber sichtlich nervös: »Ist das Kaninchen, Signora Brunetti?«
    »Nein, Hühnchen, Michela«, antwortete Paola mit ungezwungenem Lächeln und legte dem Mädchen einen Schenkel auf den Teller.
    Chiara wollte etwas sagen, doch Brunetti kam ihr zuvor, indem er sich hinüberbeugte, ihren Teller nahm und Paola anreichte. »Und was ist sonst dran?« fragte er harmlos.
    »Oh, etwas Sellerie für den Geschmack und die üblichen Gewürze.«
    Brunetti gab Chiara ihren Teller zurück und fragte Michela: »Was war das für ein Film, über den ihr geredet habt, Chiara und du?«
    Während sie ihm antwortete und dabei nicht vergaß, den umwerfenden Charme des jungen Schauspielers zu rühmen, der es ihr angetan hatte, verzehrte Brunetti genüßlich seine Portion Kaninchen. Lächelnd nickte er Michela zu und versuchte gleichzeitig herauszuschmecken, ob Paola außer Rosmarin auch ein Lorbeerblatt zugegeben hatte. Raffi und Sara aßen schweigend, und Paola trug noch eine Schüssel mit gerösteten Prinzeßkartoffeln und Zucchini auf, die sie mit hauchdünnen Mandelscheiben gedünstet hatte. Michela war inzwischen bei zwei früheren Filmen angelangt, die ihren Schauspieler zum Star gemacht hatten, und Brunetti tat sich noch ein Stück Braten auf.
    Während des Erzählens aß Michela

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