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Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima

Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima

Titel: Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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genüßlich ihren Teller leer und hielt nur kurz inne, als Paola ihr noch eine Portion Fleisch und einen Löffel voll Sauce nachreichte. »Das Hühnchen schmeckt köstlich, Signora«, lobte sie. Und Paola dankte mit einem Lächeln.
    Nach dem Essen, als Chiara mit Michela zurück auf ihr Zimmer gegangen war, wo sie in einer Lautstärke kicherten, wie sie nur Mädchen im Teenageralter erreichen, leistete Brunetti Paola beim Abwasch Gesellschaft. Während sie die Teller in den Geschirrständer über der Spüle stapelte, nippte er an einem Fingerhut voll Pflaumenlikör.
    »Warum wollte sie kein Kaninchen essen?« fragte er.
    »Kinder sind so. Sie essen nicht gern Tiere, zu denen sie eine Gefühlsbindung haben«, erklärte Paola mit allen Anzeichen von Sympathie für diese Einstellung.
    »Was Chiara nicht davon abhält, Kalbfleisch zu essen«, warf Brunetti ein.
    »Oder auch Lamm«, stimmte Paola zu.
    »Warum wollte Michela dann kein Kaninchen essen?« hakte Brunetti nach.
    »Weil ein Kaninchen ein Schmusetier ist, eins, das jedes Stadtkind kennt und sicher auch schon mal auf dem Arm hatte, und sei es nur in einer Tierhandlung. Um ein Kalb oder ein Lamm zu streicheln, müßte man erst auf einen Bauernhof fahren, also haben die Kinder keinen echten Bezug zu ihnen.«
    »Glaubst du, darum essen wir keine Hunde und Katzen?« fragte Brunetti. »Weil wir sie dauernd um uns haben und sie uns zu Freunden werden?«
    »Nun ja, andererseits essen wir auch keine Schlangen«, sagte Paola.
    »Nein, aber das ist wegen Adam und Eva. Viele Völker setzen Schlangen problemlos auf den Speisezettel. Die Chinesen zum Beispiel.«
    »Und wir essen Aal«, ergänzte sie, trat neben ihn, griff nach seinem Glas und trank einen Schluck.
    »Warum hast du sie angelogen?« fragte er endlich.
    »Weil sie ein nettes Mädchen ist und ich nicht wollte, daß sie etwas essen muß, wogegen sie sich sträubt, oder daß sie sich mit einer Weigerung in Verlegenheit bringt.«
    »Aber es hat köstlich geschmeckt«, beharrte er.
    »Falls das ein Kompliment war, dann danke ich dir«, sagte Paola und reichte ihm sein Glas zurück. »Im übrigen wird sie darüber hinwegkommen oder ihre Skrupel vergessen, wenn sie älter wird.«
    »Und Geschmack an Kaninchen finden?«
    »Wahrscheinlich.«
    »Ich fürchte, ich kann mit jungen Mädchen nicht viel anfangen«, sagte er nach einer Pause.
    »Wofür ich vermutlich dankbar sein sollte«, antwortete sie.
    Als er am nächsten Morgen in Signorina Elettras Büro kam, hatte sie gerade eine Auseinandersetzung mit Tenente Scarpa. Der Tenente war ein rotes Tuch für die Sekretärin seines Vorgesetzten und brachte regelmäßig ihre mißliebigste Seite zum Vorschein; Brunetti, der das wußte, wünschte nur allgemein ein für beide bestimmtes »buongiorno« und zog sich ans Fenster zurück, um das Ende des Streits aus sicherer Entfernung abzuwarten.
    »Ich bin nicht sicher, ob Sie befugt sind, Akten aus dem Archiv zu entnehmen«, sagte Scarpa.
    »Möchten Sie, daß ich jedesmal, wenn ich was nachschauen muß, zu Ihnen komme und Sie um Erlaubnis bitte, Tenente?« entgegnete sie mit ihrem gefährlichsten Lächeln.
    »Natürlich nicht. Aber Sie müssen die Bestimmungen befolgen.«
    »Und was für Bestimmungen wären das, Tenente?« fragte sie, griff nach einem Stift und zog sich einen Notizblock heran.
    »Sie müssen eine Genehmigung einholen.«
    »Gut, aber von wem?«
    »Von demjenigen, der befugt ist, sie zu erteilen«, sagte er, und seine Stimme klang nicht mehr freundlich.
    »Ja, aber können Sie mir sagen, wer das ist?«
    »Derjenige, der in der Personalrichtlinie, welche die Befehlsund Verantwortungshierarchie festlegt, als Weisungsbefugter ausgewiesen ist.«
    »Und wo finde ich eine Kopie dieser Richtlinie?« fragte sie und tippte mit der Spitze ihres Stifts auf den Block, aber nur ganz leicht und bloß einmal.
    »In der Akte mit den Weisungslisten«, sagte der Tenente, der zusehends die Kontrolle über seine Stimme verlor.
    »Ah«, seufzte Signorina Elettra mit glücklichem Lächeln. »Und wer gibt mir die Vollmacht, diese Akte einzusehen?«
    Scarpa machte abrupt kehrt und stürmte aus dem Büro. In der Tür zögerte er jedoch, und man sah ihm an, daß er sie liebend gern zugeknallt hätte, aber dann besann er sich auf die Gegenwart des ausdruckslos höflichen Brunetti und widerstand der Versuchung.
    Sobald Scarpa gegangen war, trat der Commissario an den Schreibtisch. »Ich habe Sie vor ihm gewarnt, Signorina«, erinnerte er sie

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