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Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima

Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima

Titel: Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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erwähnt, der sich allzu intensiv für sie interessierte oder sie womöglich gar belästigte? Schweigen in der Leitung. Nach einer langen Weile sagte Lucia: »Sie bekam Anrufe. Ein paarmal auch, als ich dabei war.«
    »Was denn für Anrufe?« fragte Brunetti.
    »Ach, Sie wissen schon, von irgend so einem Typen, der mit einem ausgehen oder sich einfach nur unterhalten möchte. Von dem man selber aber nichts wissen will.« Sie sagte das mit der größten Selbstverständlichkeit: ein schönes junges Mädchen, für das solche Nachstellungen alltäglich sind. »Den Eindruck hatte ich jedenfalls, nach der Art, wie sie mit ihm redete.«
    »Haben Sie eine Ahnung, wer dieser Mann sein könnte, Lucia?«
    Wieder langes Schweigen, und Brunetti wunderte sich, wieso Lucia Skrupel hatte, ihm diese Frage zu beantworten. Doch schließlich sagte sie: »Ich glaube nicht, daß es immer ein Mann war.«
    »Wie bitte?« sagte Brunetti. »Würden Sie mir das erklären, Lucia?«
    Es klang ein bißchen ungeduldig, als Lucia erwiderte: »Ich sag doch: Es war nicht immer ein Mann. Einmal, vor etwa zwei Wochen, bekam Claudia wieder so einen Anruf, und da war eine Frau am Telefon. Aber das Gespräch war ihr genauso unangenehm wie die anderen Male.«
    »Wissen Sie Näheres über diesen Anruf?« fragte Brunetti.
    »Nun ja, ich habe ihn entgegengenommen, und die Frau fragte nach Claudia.«
    Wieso hatte sie das nicht schon bei der ersten Befragung erwähnt, wunderte sich Brunetti. Doch dann fiel ihm ein, daß damals ihre Mitbewohnerin tot in der Wohnung über ihnen gelegen hatte. »Diese Frau - was hat sie gesagt?« »Sie wollte Claudia sprechen«, wiederholte Lucia in einem Ton, als könne nur ein Trottel dieselbe Antwort zweimal verlangen.
    »Erinnern Sie sich, ob sie nach Claudia verlangte oder nach Signorina Leonardo?«
    Nach einer langen Pause antwortete das Mädchen: »Genau weiß ich's nicht mehr, aber sie könnte nach Signorina Leonardo gefragt haben.« Lucia überlegte noch einmal und sagte dann, nun ohne jede Ungeduld in der Stimme: »Tut mir leid, ich erinnere mich wirklich nicht mehr. Ich habe auch nicht weiter drauf geachtet, denn als die Frau sich meldete, dachte ich zunächst, es wäre was Berufliches.«
    »Wissen Sie noch, wann der Anruf kam?«
    »Irgendwann vor dem Abendessen.«
    »Könnte es die österreichische Dame gewesen sein?«
    »Nein, die hatte einen Akzent, die Anruferin aber nicht.«
    »Also war's eine Italienerin?«
    »Ja. «
    »Venezianerin?«
    »Dazu habe ich nicht lange genug mit ihr gesprochen. Aber Italienerin war sie ganz bestimmt. Darum dachte ich ja, es handele sich um Claudias Arbeit.«
    »Sie sagten, Claudia wollte nicht mit der Anruferin reden. Wie kamen Sie darauf?«
    »Ach, durch die Art, wie sie mit der Frau gesprochen hat. Oder besser gesagt, wie sie ihr zuhörte. Ich war in der Küche und machte das Abendbrot, aber ich konnte Claudia reden hören, und sie klang, na ja, sie klang irgendwie verärgert.«
    »Was hat sie gesagt?«
    »So genau weiß ich das nicht mehr. Aber ich habe an ihrer Stimme gemerkt, daß sie nicht mit dieser Frau reden wollte. Ich war grade dabei, Zwiebeln anzubraten, also konnte ich den Wortlaut nicht verstehen. Ich hab nur mitbekommen, daß ihr der Anruf oder die Anruferin gegen den Strich ging. Irgendwann hat sie dann aufgelegt.«
    »Und hat sie mit Ihnen darüber gesprochen?«
    »Nein, eigentlich nicht. Sie kam in die Küche und machte eine Bemerkung über die unglaubliche Dummheit gewisser Leute. Aber sie wollte nicht weiter darüber reden, also sprachen wir über die Uni.«
    »Und dann?«
    »Und dann haben wir zu Abend gegessen. Und anschließend mußten wir beide noch arbeiten.«
    »Hat sie den Vorfall vielleicht später noch einmal erwähnt?«
    »Nicht, daß ich wüßte.«
    »Und bekam sie danach weiter solche Anrufe?«
    »Ich kann mich nicht erinnern.«
    »Und der Mann?«
    »Ich war nie am Telefon, wenn er anrief, also kann ich Ihnen auch nichts über ihn sagen. Es war auch mehr so ein Gefühl von mir. Irgend jemand rief sie an, eine Weile hörte sie zu und sagte nur ›ja‹ oder ›nein‹, dann sprach sie ein paar Worte, und irgendwann legte sie auf.«
    »Und Sie haben sie nie darauf angesprochen?«
    »Nein. Wissen Sie, wir waren nicht wirklich befreundet, Claudia und ich. Ich meine, befreundet waren wir schon, aber nicht so eng, daß man sich gegenseitig solche Sachen erzählt hätte.«
    »Verstehe«, sagte Brunetti, überzeugt, daß, auch wenn ihm der Unterschied nicht klar

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