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Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist

Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist

Titel: Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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auf die Terrasse.
    Er schenkte zwei Gläser ein, ließ die Flasche aber stehen. Gegebenenfalls konnte er jederzeit wieder hineingehen und Nachschub holen. Draußen fand er Paola mit geschlossenen Augen im Sessel sitzen; die Füße hatte sie auf der untersten Sprosse des Geländers abgestützt. Als er näher kam, streckte sie einen Arm aus, und er drückte ihr das Glas in die Hand. Sie nippte daran, seufzte und nahm gleich noch einen Schluck. »God's in His heaven - All's right with the world«, zitierte sie genüßlich.
    »Vielleicht hast du schon genug getrunken, Paola«, bemerkte er.
    »Erzähl mir, was mit dem Hemd passiert ist«, bat sie, und er gehorchte.
    »Und du glaubst dieser Frau, dieser Signora Gismondi?« fragte sie, als Brunetti geendet hatte.
    »Ich denke schon«, antwortete er. »Sie hätte keinen Grund zu lügen. Nichts von dem, was sie ausgesagt hat, deutet darauf hin, daß sie mehr war als die Nachbarin der alten Frau.«
    »Gegen die sie einen Groll hegte«, gab Paola zu bedenken.
    »Wegen des Fernsehers?« fragte er.
    »Ja.«
    »Aber wegen eines zu lauten Fernsehers bringt man doch niemanden um«, beharrte er.
    Da langte Paola herüber und legte ihm die Hand auf den Arm. »Ich habe dir nun schon so viele Jahre zugehört, Guido, wenn du von deinen Ermittlungen erzählst, und ich habe den Eindruck, bei vielen Morden geht es um weit weniger als einen zu lauten Fernseher.« »Zum Beispiel?«
    »Erinnerst du dich an den Mann, ich glaube, es war in Mestre, der den Typen in dem Wagen vor seinem Haus aufforderte, das Radio leiser zu stellen? Wie lange ist das jetzt her, vier Jahre? Der wurde auch umgebracht, oder?«
    »Aber der Täter war ein Mann«, wandte Brunetti ein. »Und einschlägig vorbestraft.«
    »Und deine Signora Gismondi ist unbescholten?«
    Was Brunetti daran erinnerte, daß er Signorina Elettra hatte bitten wollen, Erkundigungen über Signora Gismondi einzuholen. »Etwas anderes kann ich mir kaum vorstellen«, sagte er.
    »Wahrscheinlich würdest du ohnehin nichts gegen sie finden«, meinte Paola.
    »Warum sollte ich dann an ihr zweifeln?«
    Sie seufzte leise. »Mitunter enttäuscht es mich, daß du nach all den Jahren meinen Gedankengängen immer noch nicht folgen kannst.«
    »Ich fürchte, das wird mir nie gelingen«, gestand Brunetti ohne eine Spur von Ironie. Und dann: »Was habe ich denn diesmal nicht begriffen?«
    »Daß ich deine Meinung über Signora Gismondi teile. Ich bitte dich, Guido: eine Frau, der es peinlich ist, wenn jemand ihr in der Öffentlichkeit die Hand küssen will!« So direkt hatte Signora Gismondi das zwar nicht gesagt; auch würde Brunetti wohl kaum Gelegenheit haben, Paolas Einschätzung noch einmal zu überprüfen; trotzdem hielt er sie für ein selten brauchbares Rezept zur Beurteilung menschlichen Verhaltens.
    »Aber ich möchte, daß du Leuten wie Patta und Scarpa, die dir nicht so ohne weiteres glauben werden, stichhaltige Beweise liefern kannst.«
    Paola hatte die Augen noch immer geschlossen, und er betrachtete ihr Profil: gerade Nase, vielleicht etwas zu lang, zarte Fältchen um die Augen, von denen er wußte, daß sie vom Lachen herrührten, und unterm Kinn die ersten schwachen Anzeichen für ein Erschlaffen der Haut.
    Er dachte an die Kinder und daran, wie müde sie nach dem Essen gewesen waren, während sein Blick an Paolas Körper hinabwanderte. Er stellte sein Glas auf den Tisch und beugte sich zu ihr. »Meinst du, wir könnten unsere Erforschung der sieben Todsünden fortsetzen?« fragte er.

10
    B runettis Termin bei Avvocatessa Roberta Marieschi war für zehn Uhr am nächsten Morgen anberaumt. Da ihre Kanzlei in Castello lag, gleich am Beginn der Via Garibaldi, nahm der Commissario ein Vaporetto der Linie eins und stieg bei den Giardini aus. Die Bäume in den Anlagen wirkten müde und staubig und sehr regenbedürftig. Was man mit Fug und Recht auch von den meisten Bürgern der Stadt behaupten konnte. Die Kanzlei fand er ohne Schwierigkeiten in unmittelbarer Nähe einer ehemals sehr guten Pizzeria, die inzwischen leider einem Laden für nachgemachtes Muranoglas hatte weichen müssen. Er läutete an der Haustür, betrat das Gebäude und stieg hinauf zu der Kanzlei im ersten Stock.
    Die Sekretärin, mit der er am Vortag telefoniert hatte, blickte hoch, kaum daß er eintrat, und erkundigte sich lächelnd, ob er Signor Brunetti sei. Als er bejahte, bat sie ihn, sich noch ein paar Minuten zu gedulden, da die Dottoressa noch mit einem anderen Mandanten

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