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Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist

Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist

Titel: Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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auf eine nähere Erklärung, doch die blieb aus. Statt dessen sagte der Ispettore: »Solange man damit droht, ist es nur Gerede.« Und von der Theorie zur Praxis wechselnd, setzte er hinzu: »Außerdem, wie hätte sie denn in die Wohnung kommen sollen?« Brunetti sah förmlich, wie Vianello alle denkbaren Möglichkeiten abhakte. Endlich schüttelte er den Kopf und meinte: »Nein, es er gibt keinen Sinn.«
    »Aber warum beschuldigt Scarpa sie dann?« fragte Brunetti, gespannt, ob Vianello zu der gleichen Schlußfolgerung gelangen würde wie er.
    »Darf ich ganz offen sprechen, Commissario?«
    »Aber sicher.«
    Der Ispettore senkte den Blick auf seine Knie, wischte sich einen unsichtbaren Krümel von der Hose und sagte: »Er tut es, weil er Sie haßt. Ich bin ihm zu unbedeutend, andernfalls würde er mich auch hassen. Und Signorina Elettra macht ihm angst.«
    Im ersten Moment wollte Brunetti widersprechen, aber dann zwang er sich doch, Vianellos Sichtweise zu berücksichtigen. Und mußte erkennen, daß er sich deshalb dagegen sperrte, weil sie nicht zu der Schurkenrolle paßte, die er Scarpa zugedacht hatte. Folgte man Vianellos Interpretation, dann war der Tenente ein boshafter Zwerg, aber kein dämonischer Verschwörer. Brunetti zog sich die Akten heran und begann aufs neue, sie zu ordnen.
    »Soll ich lieber gehen, Commissario?« fragte Vianello.
    »Nein. Ich denke nur nach über das, was Sie gerade gesagt haben.«
    Die naheliegendste Erklärung war vermutlich die richtige: Wie oft hatte er sich nicht schon auf diese Regel berufen? Also bloß kleingeistige Gehässigkeit, kein großangelegtes Komplott. Zweifellos eine plausiblere Deutung, auch wenn sie ihn nicht für die Genugtuung entschädigte, den Tenente gemeinsam mit Vianello eines weitaus schlimmeren, ja abgefeimt kriminellen Motivs überführen zu können.
    Er blickte zu Vianello auf. »Also gut, Sie mögen recht haben.« Brunetti hielt kurz inne und erwog die Konsequenzen: Scarpa würde Patta einreden, Signora Gismondi sei die Schuldige; er, Brunetti, wäre gezwungen, das Spiel mitzuspielen, damit Patta nicht kopfscheu wurde und ihm den Fall entzog; man würde so lange und gewiß derart plump in Signora Gismondis Privatleben herumstochern, bis die Zeugin aufbegehrte; und sobald man sie dazu gebracht hätte, ihre Aussage über Flori Ghiorghiu zu ändern oder gar zu widerrufen, würde Patta zu seiner ursprünglichen Überzeugung zurückkehren, wonach die Rumänin den Mord begangen hatte; und der Fall konnte abermals für gelöst erklärt und zu den Akten gelegt werden.
    »Ich vertat mein Leben kaffeelöffelweis«, ließ Brunetti sich vernehmen. Worauf Vianello ihn so komisch ansah, daß er hastig hinzusetzte: »Ein Zitat, habe ich von meiner Frau.«
    »Meine sagt, wir sollten den Sohn unter die Lupe nehmen«, entgegnete Vianello.
    Brunetti beschloß, sich erst anzuhören, was Vianello über Paolo Battestini zu sagen hatte, bevor er ihm von seinem Besuch im Postamt erzählte, und begnügte sich daher mit einem schlichten: »Und warum?«
    »Nadia sagt, er ist ihr nicht geheuer. Sie findet es merkwürdig, wie die Leute über ihn reden oder vielmehr schweigen. Meine Frau meint, wenn all die Menschen, die ihn so lange gekannt haben, in seiner Nähe wohnten und ihn aufwachsen sahen, trotzdem nichts über ihn zu erzählen wissen, dann geht das nicht mit rechten Dingen zu.«
    Brunetti, der so ziemlich der gleichen Meinung war, fragte: »Hat Ihre Frau auch eine Vermutung, was dahinterstecken könnte?«
    Vianello schüttelte den Kopf. »Nein, sie sagt nur, es sei nicht normal, daß keiner über ihn reden will.«
    Das zufriedene Lächeln auf Vianellos Gesicht verriet Brunetti, daß der Ispettore auf eigene Faust ermittelt und eine Bestätigung für die Theorie seiner Frau gefunden hatte. Damit er mit seinem Triumph nicht länger hinterm Berg halten mußte, lieferte Brunetti ihm ein Stichwort: »Wie war's eigentlich bei der Schulbehörde?«
    »Die altbekannte Leier.«
    »Wie bitte?« fragte Brunetti.
    »Der gleiche alte Schlendrian wie bei allen städtischen Ämtern. Also ich habe angerufen und erklärt, daß ich im Zuge einer kriminalistischen Ermittlung den Direktor sprechen wolle. Ich hielt es für besser, vorab keine Namen zu nennen. Aber der Direktor war auf einer Tagung in Treviso, genau wie sein Assistent, und der Stellvertreter, mit dem ich schließlich verbunden wurde, sagte, er könne mir leider auch nicht weiterhelfen, denn er sei erst seit drei Wochen

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