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Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist

Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist

Titel: Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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besser mit mir, Signora«, sagte er mit beschwichtigender Stimme, aber ohne sie weiter zu bedrängen.
    Die Hand immer noch vor den Mund gepreßt, wehrte sie kopfschüttelnd ab.
    »Sie können nichts mehr für Ihre Poppi tun«, sagte er, und die Trauer über das qualvolle Ende eines so schönen Geschöpfes schwang in seiner Stimme mit. »Kommen Sie, lassen Sie uns ins Vorzimmer gehen. Ich bin sicher, das wäre besser für Sie.«
    Sie schluchzte mit abgewandtem Blick: »Ich will sie nicht allein lassen.«
    »Schon gut, Signora«, beschwichtigte er. Und obwohl er nicht die leiseste Ahnung hatte, was er damit sagen wollte, wiederholte er noch einmal: »Kommen Sie, es wird schon alles gut.«
    Da nahm sie die Hand vom Mund, ließ sie flach auf die Tischplatte sinken, legte die andere daneben und stemmte sich daran hoch wie eine alte Frau. Ohne das tote Tier anzusehen, kam sie um den Schreibtisch herum auf Brunetti zu. Als sie vor ihm stand, faßte er ihren Arm und führte sie hinaus, nicht ohne sorgsam die Tür hinter sich zu schließen.
    Im Vorzimmer zog er den Stuhl der Sekretärin hinter ihrem Schreibtisch hervor, stellte ihn so hin, daß die gelbe Lache am Boden verdeckt war, und ließ die Anwältin Platz nehmen. Er selbst setzte sich ihr mit gut einem Meter Abstand gegenüber.
    »Können Sie mir jetzt sagen, was passiert ist, Signora?« fragte er. Und als sie stumm blieb: »Kommen Sie, versuchen Sie's.«
    Leise, fast geräuschlos begann Signora Marieschi zu weinen; eigentlich erkannte man es nur an ihren verzerrten Lippen und an den Tränen, die ihr aus den Augen quollen. Als sie endlich sprach, klang ihre Stimme erstaunlich gefaßt, so als schildere sie ein Unglück, das sich anderswo zugetragen habe und von dem sie nicht betroffen sei. »Sie war erst zwei Jahre alt. Fast noch ein Baby. Und sie hatte jeden gern.«
    Brunetti nickte. »Ich glaube, das liegt an der Rasse«, sagte er, »diese große Zutraulichkeit.«
    »Ja, genau, sie hat allen Menschen vertraut. Jeder hätte es ihr geben können.«
    »Sie sprechen von Gift?« fragte Brunetti.
    Sie nickte. Und bevor er weiter in sie dringen konnte, fuhr sie fort: »Hinterm Haus ist ein Garten, dort ist sie den ganzen Tag, auch während ich zum Essen gehe. Jeder weiß das.«
    »Jeder in der Nachbarschaft oder auch Ihre Klienten?«
    Sie überhörte die Frage und erzählte weiter: »Als ich von der Mittagspause zurückkam, wollte ich sie reinholen. Aber ich sah gleich, was passiert war. Sie hatte ... Überall auf dem Rasen waren Spuren von Erbrochenem, und sie konnte nicht mehr laufen. Ich mußte sie ins Haus tragen.« Sie blickte sich um, sah den Fleck an der Wand, aber weder den auf ihrem Rock noch die Spritzer auf ihrem linken Schuh. »Ich habe ihr hier notdürftig ein Lager zurechtgemacht, doch dann mußte sie sich wieder übergeben, und ich habe sie mit reingenommen in mein Büro und zwischendurch immer wieder vergeblich versucht, den Tierarzt zu erreichen. Sie hat immerzu gewürgt und gespuckt. Und auf einmal war sie tot.« Eine Weile herrschte Schweigen, bis Signora Marieschi sagte: »Dann habe ich Sie angerufen. Aber Sie waren auch nicht da.« Es klang, als wolle sie ihn mit dem gleichen sinnlosen Vorwurf belegen wie den Tierarzt.
    Brunetti ging nicht darauf ein. Statt dessen beugte er sich ein wenig zu ihr hinüber und sagte: »Der Beamte, der mir Ihre Nachricht überbrachte, sagte, Sie hätten von Mord gesprochen. Können Sie mir sagen, wen Sie in Verdacht haben, Signora?«
    Sie schob die gefalteten Hände zwischen die Knie und sackte so weit in sich zusammen, daß er nur noch ihren Scheitel und die Schultern sah.
    Beide verharrten lange in der gleichen Stellung.
    Als sie endlich das Wort ergriff, war ihre Stimme so leise, daß er sich noch weiter vorbeugen mußte, um zu verstehen, was sie sagte. »Ihre Nichte«, flüsterte sie. »Graziella.«
    Brunetti verlieh seiner mitfühlenden Stimme etwas mehr Sachlichkeit und fragte: »Warum sollte sie so etwas tun?«
    Sie zuckte so heftig mit den Schultern, daß Brunetti unwillkürlich zurückfuhr. Nachdem er vergeblich auf eine Erklärung gewartet hatte, fragte er: »Hängt es vielleicht mit der Erbschaft zusammen, Signora?« Daß er über die Sonderkonten Bescheid wußte, behielt er vorerst für sich.
    »Mag sein«, antwortete die Anwältin, und sein geschultes Ohr hörte heraus, daß sie schon wieder auf Ausflüchte sann. Offenbar ließ der Schock allmählich nach.
    »Was wirft sie Ihnen denn vor, Dottoressa?« fragte

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