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Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist

Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist

Titel: Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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ausrichten, Sie möchten sofort kommen, weil die Poppi getötet hätten.«
    »Hat sie sonst noch was gesagt, Alvise?« fragte Brunetti mit eiserner Ruhe.
    Als müsse er sich auf eine Unterredung besinnen, die Wochen zurücklag, schloß Alvise einen Moment die Augen und heftete dann den Blick starr auf den Fußboden. »Nur, daß sie gerade reingekommen sei und sie gefunden habe. Poppi, nehme ich an.«
    »Hat sie Ihnen eine Adresse genannt, Alvise?« wiederholte Brunetti streng.
    »Nein, Commissario«, beteuerte der Sergente. »Sie hat nur gesagt, daß sie auswärts essen war, aber jetzt dableibt und auf Sie wartet.«
    Brunetti lockerte die zu Fäusten geballten Hände und sagte: »Gut, Sie können dann gehen, Sergente.« Noch in Alvises geräuschvollen Abgang hinein wies er Vianello und Signorina Elettra an: »Suchen Sie mir die Privatadresse von Avvocatessa Marieschi heraus. Vianello, Sie sehen dort nach. Ich übernehme die Kanzlei.«
    »Und wenn ich sie zu Hause antreffe, Commissario?«
    »Finden Sie heraus, wer ›die‹ sind, und warum die Marieschi glaubt, daß sie ihren Hund getötet haben.«
    Damit machte Brunetti kehrt und hatte das Büro verlassen, noch bevor Signorina Elettra nach dem Telefonbuch greifen konnte. Er vergewisserte sich rasch, daß er sein telefonino dabeihatte, und hastete im Laufschritt die Treppe hinunter und aus der Questura. Am Pier lag eine freie Barkasse, doch da er zu ungeduldig war, um noch einmal hineinzugehen und nach dem Bootsführer zu suchen, machte er sich kurzerhand zu Fuß auf den Weg nach Castello.
    Er war kaum bis ans Ende der Salizada San Lorenzo gekommen, da klebten ihm schon Hemd und Jackett am Rücken, und sein Kragen war schweißgetränkt. Als er dann noch aus dem Schatten der calli heraustreten mußte auf die Riva degli Schiavoni, brannte die sengende Nachmittagssonne so unbarmherzig auf ihn nieder, daß auch die leichte Brise von der Lagune her nicht die erhoffte Linderung brachte, sondern ihm nur einen jähen Schauder über den verschwitzten Körper jagte.
    Eilig überquerte er die Brücke und bog in die Via Garibaldi ein. Die Anwohner hatten sich vor der Hitze in ihre Häuser geflüchtet; sogar die Plätze unter den Sonnenschirmen der Bars am Straßenrand waren verwaist, da die Leute offenbar lieber abwarteten, bis die Sonne so weit nach Westen gewandert war, daß wenigstens eine Straßenseite im Schatten lag.
    Die Haustür stand offen, und er gelangte ungehindert die Treppe zur Kanzlei hinauf. Vor dem Eingang traf er auf eine schleimig gelbe Lache, die aussah wie Erbrochenes. Von banger Vorahnung getrieben, stieg er darüber hinweg und rief, während er mit der Faust gegen die Tür hämmerte: »Signora, ich bin's, Brunetti.« Als sich nichts rührte, drückte er probeweise auf die Klinke. Die Tür gab nach, und er trat ein. »Signora?« rief er wieder. »Ich bin da. Commissario Brunetti.« Ein leicht säuerlicher Geruch stieg ihm in die Nase, und er entdeckte auch hier Spuren der gelben Flüssigkeit: etliche Spritzer an der Wand links vom Schreibtisch der Sekretärin sowie eine größere Pfütze am Boden.
    Ihm war, als höre er ein schwaches Geräusch hinter der Tür zu Avvocatessa Marieschis Büro. Ohne einen Gedanken an seine Pistole zu verschwenden, die sowieso in seinem Schreibtisch eingeschlossen war, durchmaß Brunetti das Sekretariat und riß die Tür auf.
    Die Anwältin hinter ihrem Schreibtisch zuckte zusammen und hielt sich die Hand vor den Mund, wie um einen Schreckensschrei zu ersticken. Dann aber schien sie den Eindringling zu erkennen, jedenfalls schwand die Furcht aus ihrem Blick. Trotzdem preßte sie sich weiter die Hand an die Lippen.
    Brunetti blickte sich schweigend um. Und sah den Hund, der links vom Schreibtisch am Boden lag, umgeben von dem gleichen stinkenden gelben Geifer. Die Zunge hing ihm unvorstellbar weit aus dem Maul, ein dicker weißlicher Schaum bedeckte Lefzen und Zunge, und ein gebrochenes Auge starrte wie anklagend oder auch flehentlich zu Poppis Herrin empor.
    Das jähe Frösteln, das den Commissario überlief, kam nicht nur von der Klimaanlage; viel mehr graute ihm vor dem, was er jetzt zu tun hatte. Als man ihm damals in der Ausbildung beigebracht hatte, einen Zeugen immer im Moment größter Schwäche zu packen, war das eine einleuchtende Regel gewesen; hart wurde es erst, wenn man sie anwenden mußte.
    Er trat näher und zögerte kurz, bevor er der Frau, die wie versteinert dasaß, die Hand entgegenstreckte. »Sie kommen jetzt

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