Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist
ich dafür, daß schon morgen ein vollständiger Bericht über Ihre illegalen Machenschaften an die Einwanderungspolizei geht - einschließlich der Adressen der beiden Frauen in Triest und Mailand, die Florinda Ghiorghius Papiere mitbenutzen. Und die Guardia di Finanza werde ich darüber informieren, was Sie mit Signora Battestinis Konten gemacht haben.«
Sie wollte protestieren, doch er gebot ihr mit erhobener Hand Einhalt. »Des weiteren werde ich, sollten Sie mich noch einmal hintergehen, gleich heute ein Protokoll über das Ableben Ihres Hundes anfertigen, mit dem Vermerk, daß Sie Signora Battestinis Nichte des Mordes an Poppi beschuldigt haben. Und sobald ich das weiterleite, wird die Staatsanwaltschaft Signorina Simionato nach möglichen Motiven für ihre Tat befragen.«
Sie schaute ihn nicht an, doch er spürte, daß sie jedes Wort aufnahm. »Ist das klar?«
»Ja.«
»Gut, dann wiederholen Sie mir jetzt genau, was die Signora jemals über diese Konten verlauten ließ. Ferner alles, was Ihnen in den Jahren, da Sie darüber Bescheid wußten, zur möglichen Herkunft des Geldes eingefallen ist, gleichgültig ob es Ihnen aus heutiger Warte glaubhaft scheint oder nicht.« Er hielt kurz inne und fragte dann: »Haben Sie mich verstanden?«
Ihr »Ja« kam ohne Zögern, und sie bekräftigte es mit einem tiefen Seufzer. Doch Brunetti sagte sich, daß er bei einer so gewandten Lügnerin trotzdem auf der Hut sein mußte. Sie ließ ein paar Minuten verstreichen, ehe sie begann: »Ja, die Signora hat mir von den Konten erzählt, als sie ihr Testament machte, aber woher das Geld stammt, habe ich nie erfahren. Das ist die Wahrheit. Nur einmal, vor etwa einem Jahr, ist indirekt etwas angeklungen, als sie von ihrem Sohn sprach und ihn lobte, weil er ein so guter Junge gewesen sei und für ihr Alter vorgesorgt habe. Er und die Madonna würden auf sie aufpassen und sie beschützen.« Brunetti, der sie beim Sprechen beobachtete, fragte sich, ob sie die Wahrheit sagte und ob er es merken würde, wenn sie ihn belog.
»Damals fing sie an, sich ständig zu wiederholen«, fuhr die Anwältin fort, »wie das so ist im Alter, und ich hörte ihr meist nur noch mit halbem Ohr zu.«
»Was war der Anlaß für diesen Besuch vor einem Jahr?« fragte Brunetti. »Sie sagten doch, das Testament sei schon vor drei Jahren entstanden.«
»Diesmal ging es um den Fernseher. Ich habe ihr zugeredet, ihn leiser zu stellen oder besser noch ganz auszumachen, bevor sie ins Bett ging. Das einzige Druckmittel, das mir einfiel, war die Polizei. Ich hatte ihr schon früher eingeredet, daß man den Apparat konfiszieren würde, wenn die Nachbarn sich weiter beschwerten. Aber sie war furchtbar vergeßlich geworden, oder aber sie behielt nur die Dinge, an die sie sich erinnern wollte.«
»Verstehe«, sagte er.
»Ja, und bei der Gelegenheit schwärmte sie mir wieder einmal vor, was ihr Sohn für ein guter Junge war. Sein Leben lang sei er bei ihr geblieben und habe sie noch über den Tod hinaus gut versorgt, unter dem Schutz der Madonna zurückgelassen. Damals dachte ich mir nichts dabei - ich habe immer abgeschaltet, wenn sie in die Vergangenheit abschweifte -, aber später kam mir der Gedanke, daß es vielleicht ihr Sohn war, der das Geld beschafft und auf welche Weise auch immer dafür gesorgt hatte, daß die Konten regelmäßig bestückt wurden.«
»Haben Sie mit der Signora darüber gesprochen?«
»Nein, ich sagte Ihnen doch, es ist mir erst im nachhinein eingefallen. Außerdem hatte ich da schon gelernt, daß es nicht ratsam war, sie direkt auf diese Konten anzusprechen.«
Es waren noch immer Fragen offen: Wann hatte sie den Plan gefaßt, das Geld zu stehlen; wieso fürchtete sie nicht, daß die Nichte sie anzeigen könnte? Aber für den Augenblick wollte er sich mit den wichtigsten Informationen begnügen. Er war sicher, daß seine Einschüchterungsmethode, auf die er nicht stolz war, für die er sich aber auch nicht schämte, gewirkt und sie ihm die Wahrheit gesagt hatte.
Brunetti erhob sich. »Falls ich weitere Auskünfte brauche, werde ich mich bei Ihnen melden«, sagte er. »Und wenn Ihnen noch etwas einfällt, rufen Sie mich an.« Er kramte eine Visitenkarte hervor, schrieb seine Privatnummer auf die Rückseite und gab sie ihr.
Er war schon fast am Ausgang, als sie ihn zurückrief: »Was mache ich, wenn es nicht Graziella war?«
Brunetti war ziemlich sicher, daß die Nichte Poppi auf dem Gewissen hatte und Signora Marieschi für sich
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