Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist
er.
Er war darauf gefaßt, daß sie sich abermals hinter einem Achselzucken verschanzen könnte, aber daß sie ihm dreist ins Gesicht lügen würde, damit hatte er nicht gerechnet. »Ich weiß es nicht«, behauptete sie.
Brunetti wußte, daß dies der alles entscheidende Moment war. Wenn er ihr diese Lüge durchgehen ließ, würde sie ihm nie die Wahrheit sagen, ganz gleich, wie lange oder wie oft er sie ins Kreuzverhör nehmen mochte. Scheinbar beiläufig, wie ein guter alter Freund, den man zu einem vertraulichen Kamingespräch gebeten hat, begann er im Plauderton: »Es wäre uns ein leichtes zu beweisen, daß Sie das Geld der Signora Battestini außer Landes geschafft haben, Avvocatessa. Und selbst wenn es dank Ihrer Vollmacht zu keiner Verurteilung käme - Ihr Ruf als Anwältin wäre ruiniert.« Und wie eine freundschaftliche Warnung vor weiteren Konsequenzen setzte er hinzu: »Wahrscheinlich würde sich auch die Finanza bei Ihnen melden und Auskunft über den Verbleib des Geldes fordern.«
Er hatte sie völlig überrumpelt. All ihre juristischen Finessen waren wie weggeblasen, und sie stammelte entgeistert: »Wie haben Sie das rausgekriegt?«
»Es genügt, daß wir Bescheid wissen«, sagte er in so verändertem Ton, daß sie sich unwillkürlich aufrichtete, ja sogar ein wenig von ihm abrückte. Brunetti sah, wie sie, seinem Beispiel folgend, ihre Gefühle zurückdrängte und sich verhärtete.
»Ich finde, es ist an der Zeit, die Karten aufzudecken.« Sie wollte etwas einwenden, doch er kam ihr zuvor. »Mich interessiert weder das Geld, noch was Sie damit gemacht haben. Ich will nur wissen, woher es stammt.« Wieder machte sie Anstalten, etwas zu sagen, doch er wußte, daß sie ihn weiter belügen würde, solange er ihr nicht gebührend angst machte. »Falls mich Ihre Antwort nicht zufriedenstellt, werde ich den ganzen Vorgang an die Staatsanwaltschaft weiterleiten: Konten, Vollmacht sowie Daten und Zielort der Auslandstransfers.«
»Wie haben Sie das alles herausgefunden?« fragte sie mit einer Stimme, die ihm gänzlich fremd war.
»Ich sagte bereits, das tut nichts zur Sache. Mein Interesse gilt einzig und allein der Herkunft des Geldes.«
»Sie hat meinen Hund umgebracht!« fauchte die Marieschi wutentbrannt.
Jetzt verlor Brunetti die Geduld. »Dann sollten Sie lieber beten, daß sie nicht auch ihre Tante ermordet hat, denn andernfalls wären Sie vermutlich die nächste auf ihrer Liste.«
Ihre Augen weiteten sich, als sie begriff, was er damit sagen wollte. Aber dann schüttelte sie mehrmals den Kopf, wie um seine Worte auszulöschen. »Nein, das kann sie nicht getan haben«, sagte sie. »Niemals.«
»Und warum nicht?«
»Ich kenne sie. Dazu wäre sie nicht fähig.« Die Bestimmtheit, mit der sie das sagte, duldete keinen Widerspruch.
»Und Poppi? Hat sie die etwa nicht getötet?« Brunetti hatte keine Ahnung, ob es wirklich so war, doch sie glaubte es, und darauf kam es an.
»Ja, aber sie haßt Hunde, Tiere überhaupt.«
»Wie gut kennen Sie die Frau?«
»Gut genug, um das zu wissen.«
»Das ist aber keine Garantie dafür, daß sie ihre Tante nicht umbringen würde.«
Seine Taktik hatte Erfolg; sie ließ sich von seiner hartnäckigen Skepsis provozieren. »Wenn Graziella es gewesen wäre, dann hätte sie das Geld schon vorher genommen. Spätestens am Tag danach.«
In der Annahme, daß Signora Marieschi von der Vollmacht der Nichte wußte, ja sie vielleicht sogar selbst aufgesetzt hatte, fragte er: »Aber Sie sind ihr zuvorgekommen?«
Die Beleidigung prallte scheinbar wirkungslos an ihr ab, und sie antwortete nur mit einem gleichmütigen »Ja«.
»Damit kämen auch Sie als Mörderin in Frage«, stellte Brunetti fest, der das zwar für unwahrscheinlich hielt, aber auf ihre Reaktion gespannt war.
»Für das bißchen Geld würde ich niemanden umbringen«, sagte sie so kühl, daß es Brunetti die Sprache verschlug.
Als er sich wieder gefaßt hatte, kam er noch einmal auf seine ursprüngliche Frage zurück. »Woher stammte das Geld?« Und als sie auch diesmal die Antwort verweigerte, fuhr er fort: »Sie waren ihre Anwältin, der sie vertraute, die ihre Vollmacht hatte. Sie müssen also etwas gewußt haben.« Als sie beharrlich weiter schwieg, sagte er: »Wer immer Signora Battestini getötet hat, genoß ihr Vertrauen und hatte Zutritt zu ihrer Wohnung. Es ist anzunehmen, daß der Mörder von dem Geld wußte, ja vielleicht stammte es sogar von ihm.« Er konnte sehen, wie es hinter ihrer Stirn
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