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Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist

Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist

Titel: Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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endlich landeten ihre Finger von allein auf der Brille, die sie sorgsam mit beiden Händen nahm und wieder aufsetzte.
    »Was hat sie Ihnen gesagt, Graziella?« wiederholte Brunetti. »Wo hatte Paolo das Geld her?«
    »Von da, wo er gearbeitet hat«, stammelte sie. »Tante Maria war so stolz auf ihn. Sie sagte, es wäre ein Bonus, für seine Klugheit. Aber sie hat so häßlich gelacht dabei, als ob sie ganz was anderes meinte und wie wenn Paolo was Schlimmes getan hätte, um an das Geld zu kommen. Doch mir war das egal, weil sie nämlich versprochen hat, daß es eines Tages mir gehören würde. Darum war's mir gleich, wo Paolo es herhatte. Außerdem hat die Tante gesagt, alles, was er tut, steht unter dem Schutz der Madonna, und da kann's ja nichts Unrechtes gewesen sein, oder?«
    Ohne auf ihre Frage einzugehen, forschte Brunetti weiter: »Wußten Sie auch, auf welchen Banken das Geld lag?«
    Sie ließ den Kopf hängen, starrte auf den Boden zwischen ihren Füßen und nickte.
    »Und wie es dorthin gekommen ist?«
    Schweigen. Sie hielt den Kopf gesenkt. Er war gespannt, wie ihr schwerfälliges Hirn seine Frage wohl einschätzen und wieviel von der Wahrheit sie preisgeben würde.
    Graziella überraschte ihn mit einer Antwort, die seine Frage wörtlich nahm. »Ich habe es hingebracht.«
    Obwohl das für ihn zunächst keinen Sinn ergab, ließ Brunetti sich sein Befremden nicht anmerken. »Und wie?« fragte er.
    »Seit Paolos Tod habe ich sie jeden Monat besucht. Sie gab mir das Geld, und ich brachte es auf die Bank.«
    Aber natürlich! Er hatte nie daran gedacht nachzuforschen, wie die Einzahlungen getätigt wurden, sondern war davon ausgegangen, daß die dazu erforderlichen obskuren Transferwege höchstens Signorina Elettra aufspüren könnte. »Und die Belege?«
    »Habe ich der Tante zurückgebracht. Jeden Monat.«
    »Wo sind sie jetzt?«
    Schweigen. Brunetti wiederholte mit erhobener Stimme: »Wo sind sie jetzt?«
    Sie sprach so leise, daß er sich zu ihr niederbeugen mußte, um zu verstehen. »Sie hat gesagt, ich soll sie verbrennen.«
    »Wer?« fragte Brunetti, der freilich schon einen Verdacht hatte.
    »Na, sie.«
    »Wer?«
    »Die Anwältin«, sagte Graziella endlich und immer noch ohne Signora Marieschis Namen zu nennen.
    »Und haben Sie den Rat befolgt?« fragte Brunetti. Ob ihr wohl klar war, daß sie damit den einzigen Beweis für die Existenz des Geldes vernichtet hätte?
    Als sie sich aufrichtete, schwammen ihre Brillengläser in Tränen, und sie schielte ärger denn je.
    »Haben Sie die Belege verbrannt, Signorina?« fragte er, ohne eine Spur von Sanftheit in der Stimme.
    »Sie hat gesagt, nur so könnte ich sicher sein, daß ich das Geld auch bekomme. Wenn die Belege der Polizei in die Hände fielen, würde man mißtrauisch werden.« Aus jedem Wort war herauszuhören, wie verloren sie sich fühlte.
    »Und später, Signorina? Was geschah, als Sie zu den Banken gingen, um das Geld abzuheben?« fragte Brunetti.
    »Die Bankangestellten - ich kannte sie ja alle - haben mir gesagt, die Konten wären aufgelöst worden.«
    »Und wie kamen Sie darauf, daß Avvocatessa Marieschi das Geld genommen hatte?« forschte Brunetti und brachte zum ersten Mal den Namen der Anwältin ins Spiel.
    »Weil Zia Maria gesagt hat, daß sie die einzige ist, die außer mir noch davon weiß. Die Tante hat gesagt, ich könnte ihr vertrauen«, setzte sie entrüstet hinzu. »Wer soll es sonst gewesen sein?«
    Brunetti suchte Vianellos Blick und hob fragend das Kinn. Der Ispettore schloß einen Moment die Augen, dann schüttelte er den Kopf: Das war's; mehr würden sie hier nicht erfahren.
    Brunetti wandte sich zum Gehen, ohne noch einmal das Wort an die junge Frau zu richten.
    Er war schon fast an der Tür, als er hinter sich Vianellos Stimme hörte. »Warum haben Sie den Hund getötet, Signorina?« Brunetti blieb stehen, drehte sich jedoch nicht um.
    Es blieb so lange still, daß jeder außer dem beharrlichen Vianello das Warten aufgegeben und sich getrollt hätte. Da, endlich, stieß sie mit eingespeichelten Konsonanten hervor: »Weil die Menschen Hunde liebhaben.« Nach einer kurzen Pause, als er Vianellos Schritte hinter sich vernahm, überquerte Brunetti die Schwelle zum Ladenlokal.

19
    N un«, fragte Brunetti, als sie in die Calle Lunga San Barnaba hinaustraten, »was ist Ihr Eindruck?«
    »Ich würde sagen, sie ist das, was meine Kinder in der Schule neuerdings ›Menschen mit besonderer Befähigung‹ nennen müssen.«
    »Sie

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