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Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist

Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist

Titel: Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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Signora?«
    »Nachmittags gegen zwei, vielleicht kurz danach.«
    Für eine Bäckerin schien das eine ungewöhnliche Arbeitszeit, aber die Frau erklärte sogleich: »Wir haben nächste Woche Inspektion vom Gesundheitsamt, da gibt es noch viel zu tun, und alle arbeiten eine halbe Schicht zusätzlich.« Der Hinweis, daß es nicht Sinn und Zweck dieser Inspektionen war, sie im voraus anzukündigen, schien im Augenblick wenig angebracht, und Brunetti verzichtete darauf. Unterdessen fuhr die Frau fort: »Weil Not am Mann ist, sind unsere Bäcker auch nachmittags da, um alles vorzubereiten.«
    »Verstehe«, sagte Brunetti. Und mit einem Nicken zur Tür hinüber fragte er: »Dort drinnen?«
    »Ich glaube«, sagte sie plötzlich widerstrebend, »ich schicke Ihnen lieber die Inhaberin.« Ohne seine Einwilligung abzuwarten, trat sie zu der rothaarigen Frau an der Kasse und wechselte ein paar Worte mit ihr. Die andere blickte mißtrauisch in ihre Richtung, flüsterte der Bedienung dann rasch etwas zu, woraufhin die ihren Platz hinter der Kasse einnahm.
    Die Rothaarige kam auf sie zu und fragte ohne jede Einleitung: »Was hat sie angestellt?«
    Brunetti setzte ein, wie er hoffte, entwaffnendes Lächeln auf und servierte ihr eine faustdicke Lüge. »Soviel ich weiß, gar nichts, Signora. Aber wie Sie sicher schon gehört haben, ist ihre Tante einem Verbrechen zum Opfer gefallen, und wir hoffen, daß Signorina Simionato uns bei unseren Ermittlungen weiterhelfen kann.«
    »Ich dachte, Sie haben die Schuldige längst«, versetzte die Rothaarige fast vorwurfsvoll. »Es war doch diese Albanerin, oder?« Auch während sie zu ihnen sprach, hatte sie jedesmal, wenn ein Kunde sich der Kasse näherte, ein wachsames Auge auf ihre Vertretung.
    »Sieht ganz so aus«, sagte Brunetti, »aber wir brauchen noch ein paar Informationen über ihre Tante.«
    »Und muß das unbedingt hier sein?« konterte sie trotzig.
    »Nein, Signora. Nicht hier. Ich dachte, wir könnten hinten in der Küche mit ihr sprechen.«
    »Mit hier meinte ich, während der Arbeitszeit. Ich bezahle sie nämlich fürs Arbeiten und nicht dafür, daß sie Geschichten über ihre Tante erzählt.« Obwohl man ihm immer wieder begegnete, war Brunetti jedes Mal aufs neue verblüfft, wenn er auf den fast schon legendären venezianischen Eigennutz traf. Dabei war es nicht so sehr die Habgier, die ihn erstaunte, als vielmehr die Ungeniertheit, mit der sie zur Schau getragen wurde.
    Noch einmal brachte er sein Lächeln zum Einsatz. »Dafür habe ich durchaus Verständnis, Signora. Vielleicht komme ich dann lieber später wieder und postiere uniformierte Beamte am Eingang, während ich die Signorina befrage? Oder ich könnte mich beim Gesundheitsamt erkundigen, woher Sie jetzt schon wissen, daß nächste Woche eine Inspektion ansteht?« Bevor sie ein Wort sagen konnte, schloß er: »Oder vielleicht könnten wir doch einfach in die Küche gehen und uns kurz mit Signorina Simionato unterhalten?«
    Ihr Gesicht rötete sich vor unterdrücktem Zorn; Brunetti, der mit seinen Drohungen krassen Amtsmißbrauch getrieben hatte, sah es ohne Gewissensbisse. »Sie ist hinten«, zischte die Frau, bevor sie sich brüsk abwandte und an die Kasse zurückkehrte.
    Vianello ging voran in die Backstube, die von einer Fensterreihe an der rückwärtigen Wand erhellt wurde. Leere Stahlgestelle säumten die übrigen Wände, und die Glaseinsätze in den Türen der mächtigen Öfen glänzten so blitzblank, daß man sich darin hätte spiegeln können. Ein Mann und eine Frau, beide mit makellos weißen Kitteln und Mützen, standen vor einem tiefen Spülbecken voll dampfender Seifenlauge, aus der die Henkel diverser Küchengerätschaften und die Griffe der großen Holzbretter herausragten, auf denen man den Teig vor dem Backen gären ließ.
    Da ein laufender Wasserhahn alle anderen Geräusche übertönte, gelangten Brunetti und Vianello bis auf einen Meter an die beiden heran, ehe der Mann sie gewahr wurde und sich umsah. Er musterte sie kurz, bevor er das Wasser abdrehte und in die plötzliche Stille hinein fragte: »Ja, was gibt's?« Er war auffallend klein und untersetzt, doch auf seinem hübschen Gesicht malte sich nur arglose Neugier.
    Die Frau hatte die Eintretenden offenbar erst bemerkt, als der Mann zu ihnen sprach, denn sie wandte sich jetzt erst um. Sie war noch kleiner als ihr Kollege und trug eine Brille mit schwerem, rechteckigem Gestell und so dick geschliffenen Gläsern, daß die entstellten Augen

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