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Brunetti 14 - Blutige Steine

Brunetti 14 - Blutige Steine

Titel: Brunetti 14 - Blutige Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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und sein - direkter Vorgesetzter, Vice-Questore Giuseppe Patta, noch nicht an seinem Arbeitsplatz erschienen war. Abschließend schaute Brunetti auf einen Sprung im Dienstzimmer vorbei und bat Pucetti, der allein dort saß, mit ihm hinaufzukommen.
    Oben in seinem Büro erkundigte er sich bei dem jungen Beamten nach Ispettore Vianello, doch Pucetti hatte keine Ahnung, wo der sich aufhielt. Er sei kurz nach acht gekommen, habe ein paar Telefonate geführt und sei dann wieder gegangen. Ohne zu sagen, wohin, nur, daß er noch vor Mittag zurück sein werde.
    »Kein Anhaltspunkt?« erkundigte Brunetti sich beiläufig, als beide Platz genommen hatten. Um den jungen Mann nicht in Verlegenheit zu bringen, vermied er die direkte Frage, ob Pucetti den Inspektor am Telefon belauscht habe.
    »Nein, Commissario. Ich habe selber telefoniert, da konnte ich nicht hören, was er sagte.« Brunetti sah mit Erleichterung, daß Pucetti ihm inzwischen nicht mehr stocksteif gegenübersaß; manchmal ging er sogar schon so weit, die Beine übereinanderzuschlagen. Auch mit seiner Uniform war der junge Beamte allmählich so vertraut, daß er darin nicht mehr wie ein rotwangiger Schuljunge im Karnevalskostüm wirkte.
    »Hatte es vielleicht was mit der Mordsache von gestern abend zu tun?«
    Pucetti überlegte einen Moment, dann schüttelte er den Kopf. »Ich glaube nicht, Commissario. Was immer Vianello vorhatte, er wirkte sehr entspannt.«
    Brunetti ließ es dabei bewenden. »In der Telefonzentrale hat sich bis jetzt kein einziger Zeuge gemeldet. Das heißt, wir wissen immer noch nicht, wer der Tote ist oder woher er stammt.«
    »Vermutlich aus dem Senegal«, meinte Pucetti.
    »Ja, ja, das liegt nahe. Aber um ihn identifizieren zu können, müssen wir Gewißheit haben. Er hatte keine Papiere bei sich, und nachdem niemand angerufen hat, um sich nach ihm zu erkundigen oder einen der vucumprà als vermißt zu melden, dürfen wir wohl vom Rest der Leute keine Hilfe erwarten.« Ihm war klar, wie abfällig es klang, wenn er eine ganze Bevölkerungsgruppe als »Rest« bezeichnete, doch er hatte jetzt nicht die Zeit, sich mit Formulierungsfeinheiten aufzuhalten. »Also ist es an uns, herauszufinden, wer er war, und dazu brauchen wir jemanden, der Kontakt zu den vucumprà hat.«
    »Jemand, dem sie vertrauen?« fragte Pucetti.
    »Oder den sie fürchten«, ergänzte Brunetti. Noch so ein Satz, bei dem ihm nicht wohl war.
    »Und was schlagen Sie vor?«
    »Einer, vor dem sie Angst haben, findet sich wahrscheinlich leichter«, antwortete Brunetti. »Ich würde sagen, wir fangen mit den Zimmervermietern an. Als nächstes versuchen wir's bei den Großhändlern, die ihnen die Taschen verkaufen. Und dann bei den Polizisten, die sie im Zuge irgendeiner Razzia verhaftet haben«, schloß er und zählte die Gruppen an den Fingern ab.
    »Es wäre vielleicht einfacher, wenn wir bei uns beginnen, Commissario. Ich meine mit den Kollegen, die an solchen Festnahmen beteiligt waren«, sagte Pucetti.
    »Einverstanden«, stimmte Brunetti zu. »Sind denn die Fotos vom Tatort schon gekommen?«
    »Soviel ich weiß, nicht«, antwortete Pucetti, »aber ich kann im Labor nachfragen.« Er erhob sich eilfertig.
    »Gut, tun Sie das. Und wenn Sie schon mal unten sind, sehen Sie auch gleich nach, wo Signorina Elettra steckt, ja?«
    Pucetti salutierte und ging. Brunetti holte die Zeitung aus seiner Mappe und las den überregionalen Teil zu Ende. Nach einem Kommentar zum Mord auf dem Campo Santo Stefano suchte er vergebens. Allein, er wußte, daß der noch kommen würde.
    Als er zum Lokalteil überging, der mit einem längeren, wenn auch wenig informativen Artikel über den Fall aufmachte, kam Pucetti mit einem dicken Stoß großformatiger Fotos zurück.
    Brunetti blätterte die Abzüge rasch durch und konzentrierte sich auf die Profil- und En-face-Aufnahmen. Auf den Fotos hatte der Mann die Augen geschlossen, und ein Blick in seine entrückten Züge genügte, um zu wissen, daß sie sich nie wieder öffnen würden.
    »Er sah verdammt gut aus, nicht?« fragte Pucetti. »Wie alt schätzen Sie ihn?«
    »Auf höchstens dreißig«, antwortete Brunetti.
    Pucetti nickte zustimmend. »Wer würde einem dieser Jungs so was antun? Die sind doch wirklich harmlos.«
    »Haben Sie schon mal einen festgenommen?« fragte Brunetti.
    »Ja, schon«, räumte der junge Polizist ein. »Aber es sind trotzdem nette Leute.«
    »Sieht Savarini das auch so?« fragte Brunetti.
    Pucetti zögerte einen Moment. Dann

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