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Brunetti 14 - Blutige Steine

Brunetti 14 - Blutige Steine

Titel: Brunetti 14 - Blutige Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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hörte, erschrak ich so, daß ich beiseite springen wollte, aber ich brachte den Fuß nicht hoch und verlor darüber das Gleichgewicht. Und bis ich wieder Halt fand, hatte ich mich irgendwie um die eigene Achse gedreht. Ja, und da sah ich, wie dieser Mann, der eben noch ganz in Marthas Nähe gestanden hatte, plötzlich zurückwich. Er hielt sich die Hand vors Gesicht und nestelte an seinem Schal oder dem Hut, so daß ich nur seinen Handrücken sehen konnte, und der war eben sehr behaart, fast wie bei einem Affen. Aber dann hörte ich auch schon Martha nach Fred rufen und drehte mich wieder um und gab nicht weiter acht auf den Mann.«
    Ihre Aufmachung hatte Brunetti dazu verleitet, Lydia Watts als kapriziöse Lebedame einzustufen. Ein Irrtum, wie er nun erkennen mußte: Die Frau war frei von jeder Koketterie. Und so schlicht und glaubhaft, wie sie die Szene auf dem Campo geschildert hatte, zweifelte er nicht daran, daß die Hände jenes Mannes tatsächlich behaart waren wie die eines Affen.
    Da von sich aus offenbar niemand mehr etwas beisteuern wollte, warb Brunetti erneut um ergänzende Informationen. »Fällt einem von Ihnen noch irgend etwas zu diesen beiden Männern ein?«
    Doch die Tischgesellschaft blieb stumm und antwortete ihm nur mit allgemeinem Kopfschütteln.
    »Wenn ich Ihnen mein Wort gebe, daß man Sie weder zwecks weiterer Vernehmungen hier festhalten noch Sie aufgrund Ihrer Aussagen als Zeugen nach Italien zurückbeordern wird - würde es Ihnen dann leichter fallen, mir zu antworten?« Brunetti wußte zwar nicht, ob Ausländer sich ebenso davor fürchteten, in die Mühlen der Justiz zu geraten, wie Italiener; trotzdem schien es ihm klug, sie diesbezüglich zu beruhigen, auch wenn er nicht sicher war, ob er sein Versprechen würde halten können.
    Keiner sprach ein Wort.
    Doch bevor Brunetti seine Frage anders formulieren konnte, sagte Dottoressa Crowley: »Das ist sehr nett von Ihnen, Commissario, aber wir brauchen keine solche Zusage. Falls wir etwas gesehen hätten, würden wir es Ihnen sagen, selbst wenn das unseren Aufenthalt hier verlängern sollte.«
    Und ihr Mann ergänzte: »Als wir gestern abend ins Hotel zurückkamen, haben wir herumgefragt, aber von den anderen hat anscheinend keiner diese beiden Männer bemerkt.«
    »Oder ist bereit, darüber auszusagen«, warf Lydia Watts ein.
    Der Kellner brachte eine Kanne Kaffee für die Amerikaner und un caffè für Brunetti. Der gab Zucker hinein und trank rasch aus. Dann erhob er sich, nahm einige Visitenkarten aus der Brieftasche und verteilte sie. »Falls Ihnen doch noch irgend etwas einfallen sollte, melden Sie sich bitte. Per Telefon, Fax oder E-Mail. Jede Kleinigkeit kann wichtig sein.« Anschließend bedankte er sich lächelnd für ihre Hilfe und die Zeit, die sie ihm geopfert hatten, und verließ das Hotel, ohne ihre Adressen aufzunehmen. Die konnte er jederzeit im Hotel erfragen, falls irgendwelche Bestätigungen einzuholen wären; womit angesichts der äußerst dürftigen Angaben jedoch kaum zu rechnen war: ein großer, kräftiger Mann von mediterranem Einschlag mit behaarten Händen, ein kleinerer, den niemand beschreiben konnte; und kein einziger Zeuge, der gesehen hatte, wie einer von beiden oder auch alle zwei ihre Waffe abfeuerten.
    Der Nebel hatte sich nicht gelichtet, sondern war eher noch stärker geworden, weshalb Brunetti, sobald er an die riva kam, darauf bedacht war, die Häuserfassaden zu seiner Linken in Sichtweite zu behalten. Die Reihen der bancarelle mit ihrem geschäftigen Markttreiben verschwanden so tief im Dunst, daß er mit noch gemischteren Gefühlen als sonst an ihnen und ihren Verkäufern vorbeistreifte. Ganz im Gegensatz zu der angenehmen Vertrautheit, mit der er sich anderswo durch die Stadt bewegte. Allein, er versuchte erst gar nicht, diesen gleichsam instinkthaften Gefahrenmelder zu analysieren, sondern nahm ihn als gegeben hin. Und kaum daß er die Marktstände hinter sich hatte und an der Chiesa della Pietà vorbei war, verflüchtigte sich das Gefühl auch wieder, während der Nebel sich allmählich zu lichten begann.
    Brunetti kam kurz nach neun in der Questura an und erkundigte sich gleich in der Telefonzentrale, ob schon Informationen über den Toten vom Campo Santo Stefano eingegangen seien. Der diensthabende Beamte verneinte; bislang habe niemand angerufen. Signorina Elettras Büro im ersten Stock war noch leer, was den Commissario einigermaßen verwunderte. Im Unterschied zu der Entdeckung, daß ihr -

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