Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brunetti 16 - Lasset die Kinder zu mir kommen

Brunetti 16 - Lasset die Kinder zu mir kommen

Titel: Brunetti 16 - Lasset die Kinder zu mir kommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
Vom Netzwerk:
besänftigt.
    Sorgfältig darauf bedacht, die Reihenfolge einzuhalten, schob Brunetti die Papiere wieder zusammen. »Was ist da sonst noch drin?« fragte er und deutete auf den Ordner.
    »Pucetti und ich sind schon auf Aids-Fälle und SuchtRehabilitation gestoßen; ach, und sogar ein Chirurg mit früherer Hepatitis-B-Infektion ist dabei.«
    »Eine regelrechte Goldmine«, stellte Brunetti fest.
    »Du sagst es«, bestätigte Vianello seufzend.
    »Bist du alle Fälle durchgegangen?«
    »Nein, erst ungefähr die Hälfte. Aber als ich auf Pedrolli stieß, wollte ich dir gleich Bescheid sagen.«
    »Sehr gut.« Brunetti nickte. »Wer arbeitet denn alles dran?«
    »Nur Pucetti und ich«, antwortete Vianello.
    »Und wie kriegt ihr raus, worum es jeweils geht?« Brunetti klopfte mit den Fingerknöcheln auf die medizinischen Gutachten.
    »Pucetti hat über seinen Computer Zugriff auf ein medizinisches Wörterbuch, falls er sich mit irgendwas nicht auskennt.«
    »Und wie funktioniert das?« wollte Brunetti wissen.
    »Ist auf einer Diskette abgespeichert. Die war mit bei den Dateien, die uns Elettras Freund geschickt hat. Er meinte, das würde uns die Recherche erleichtern.«
    »Sehr aufmerksam von ihm«, lobte Brunetti.
    »Ja.« Vianellos Zustimmung fiel eher halbherzig aus.
    »Ich würde sagen, ihr beide macht unten weiter und seht zu, was ihr noch auswerten könnt, ja? Inzwischen lese ich mir das hier noch mal in Ruhe durch.«
    Vianello trat vom Schreibtisch zurück, blieb dann aber unschlüssig mitten im Raum stehen.
    »Nun geh schon«, ermunterte ihn Brunetti und wies zur Tür. »Ich komme bald nach.«
    Als er sich, allein geblieben, ein zweites Mal über die ausgedruckten Dateien beugte, überflog er Texte und Tabellen nur mit mäßigem Interesse: Alles Wesentliche hatte er bereits beim ersten Durchgang erfahren. Ein Blick aus dem Fenster machte ihm bewußt, daß er jedes Zeitgefühl verloren hatte. Kurz entschlossen erhob er sich, ging um den Schreibtisch herum und riß das Fenster auf. Die Luft war kühl und roch nach Regen: gute Aussichten für den welken, staubigen Rasen von gegenüber. Seine Uhr zeigte kurz vor eins. Er raffte die Papiere zusammen und begab sich nach unten. Doch Vianello und Pucetti waren, wie man ihm sagte, bereits zu Tisch gegangen. Das Mittagessen im Familienkreis fiel heute aus, da Paola anderweitige Verpflichtungen hatte; Brunetti versuchte trotzdem, sich nicht selbst zu bemitleiden. Die Kränkung darüber, daß seine Kollegen ihn nicht eingeladen hatten, sie zu begleiten, schluckte er tapfer hinunter und kehrte in sein Büro zurück. Hier wählte er die Nummer von Ettore Rizzardi, dem amtlich bestellten medico legale, und legte sich zurecht, was er ihm auf den Anrufbeantworter sprechen wollte. Doch zu seiner Überraschung war der Gerichtsmediziner selbst am Apparat.
    »Ich bin's, Ettore.«
    »Hmm?«
    »Danke der Nachfrage, und selbst, Dottor Rizzardi?« erkundigte sich Brunetti in aufgesetzt fröhlichem Ton.
    »Was ist denn, Guido?« fragte der Gerichtsmediziner. »Ich bin mitten in einer Sektion.«
    »Deformation der Spermienleiter aufgrund eines Traumas in der Adoleszenz?« zitierte Brunetti aus dem Gedächtnis.
    »Keine Kinder.«
    »Hundertprozentig?«
    »Annähernd. Nächste Frage.«
    »Therapierbar?«
    »Unter Umständen. Sonst noch Fragen?«
    »Ja, aber die sind eher persönlicher Natur«, antwortete Brunetti. »Es geht um Dottor Pedrolli, den Kinderarzt.«
    »Bin im Bilde«, versetzte Rizzardi schroff. »Hat seinen Sohn verloren.«
    »Und was weißt du darüber, wie er zu seinem Sohn gekommen ist?«
    »Also soweit ich es mitbekommen habe, war da was mit einer Frau in Cosenza.«
    »Was hast du genau gehört?«
    »Guido, ich sagte doch, ich bin mitten in einer Sektion!« entgegnete Rizzardi mit mühsam erzwungener Geduld.
    »Nur noch eine Minute! Sag mir, was man dir erzählt hat, bitte.«
    »Über Pedrolli?«
    »Ja.«
    »Daß er auf einem Ärztekongreß in Cosenza war und dort - wie das Leben so spielt - eine Frau kennengelernt hat. Als er einige Zeit später erfuhr, daß sie schwanger sei, war er so anständig, die Vaterschaft anzuerkennen.«
    »Wann und wo hast du das gehört, Ettore?«
    Es entstand eine lange Pause, bevor Rizzardi antwortete: »Ich glaube, es war im Krankenhaus. Da wurde die Geschichte hinter vorgehaltener Hand kolportiert.«
    »Und wer hat sie aufgebracht?«
    »Ich bitte dich, Guido«, sagte Rizzardi nun schon provozierend höflich, »das ist über ein Jahr her. Wie

Weitere Kostenlose Bücher