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Brunetti 16 - Lasset die Kinder zu mir kommen

Brunetti 16 - Lasset die Kinder zu mir kommen

Titel: Brunetti 16 - Lasset die Kinder zu mir kommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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ist.«
    »Deine Logik ist entwaffnend«, sagte Brunetti, leerte sein Glas und gab es zurück.
    »Ich bin gleich wieder da.«
    »Wie schön«, murmelte Brunetti und schloß erneut die Augen.
    Er spürte, wie Paola vom Sofa aufstand, lauschte ihren Schritten auf dem Weg zur Küche, hörte sie dort hantieren und dann ins Wohnzimmer zurückkehren. Gläser schlugen leise klingend aneinander, es gluckerte verheißungsvoll, und dann sagte Paola: »Hier, bitte.«
    Brunetti, der auf einmal gespannt war, wie lange er die Augen geschlossen halten könne, streckte eine Hand in die Luft und wedelte mit den Fingern. Sie reichte ihm das Glas, abermals hörte er es klirren und glucksen und spürte gleich darauf eine leichte Erschütterung, als Paola wieder auf dem Sofa Platz nahm.
    »Salute«, sagte sie, und er trank aus dem Glas, das er nicht sehen konnte. Erneut ein Vorgeschmack des Himmels.
    »Und nun erzähle«, bat er.
    »Aber gern!« antwortete sie und stürzte sich ohne Überleitung in ihren Bericht. »Anfangs unterstellten die Leute, Pedrolli müsse sich genieren, peinlich berührt sein, und folglich machte man sich lustig über ihn. Aber als herauskam, daß er ganz verrückt war nach seinem Sohn, hörte das schlagartig auf, und man sprach nur noch Gutes über ihn. So jedenfalls wurde es mir erzählt.«
    »Und die hollywoodreife Versöhnung, die, wie du sagtest, nicht lange gehalten hat?«
    »Nicht ich habe das gesagt, es wurde mir zugetragen«, berichtigte Paola. »Ich habe mehrfach gehört, daß er stets der liebevolle Partner gewesen sei, während sie von Anfang an diejenige war, die sich seine Liebe gefallen ließ. Aber als der Sohn kam, heißt es, habe sich das Gleichgewicht verschoben.«
    »Und wie?« fragte Brunetti, dem bereits ihr Tonfall verriet, daß hier nicht der naheliegende Fall zu erwarten war, wonach der Ehemann, sobald ein Kind kam, von seiner Frau vernachlässigt wurde.
    »Er hat seine ganze Zuneigung auf den Sohn übertragen ... so wurde es mir zumindest geschildert.« Der Nachsatz war typisch für Paola, die stets darauf bedacht war, ihre Klatschgeschichten durch Zeugen zu beglaubigen.
    »Und seine Frau, wohin hat die ihre Gefühle übertragen?« fragte er.
    »Auf das Kind jedenfalls nicht«, antwortete sie. »Was aber wohl auch verständlich ist, wenn man bedenkt, daß es nicht ihr Sohn war und ihr Mann sich obendrein dem Kleinen bald mehr widmete als ihr.«
    »Obwohl ihr eigentlich kaum noch was an seiner Zuneigung lag?« fragte Brunetti.
    Paola schmiegte sich an ihn und stützte den Ellbogen auf sein Knie. »Darauf kommt es nicht an, Guido. Das weißt du doch.«
    »Worauf?«
    »Ob ihr noch was an seiner Liebe liegt oder nicht. Begehren soll er sie trotzdem weiterhin.«
    »Aber das ist doch unsinnig«, sagte er.
    Sie schwieg so lange, daß Brunetti schließlich die Augen öffnete und sie ansah. Paola hatte das Gesicht in den Händen vergraben und schüttelte den Kopf hin und her.
    »Was hab ich denn gesagt?« fragte er verständnislos.
    Sie schaute ihn fest an. »Selbst wenn eine Frau nicht mehr glücklich ist mit der Liebe ihres Partners, will sie sie trotzdem nicht an jemand anderen verlieren.«
    »Aber hier geht es um ihren Sohn, Himmel noch mal!«
    »Seinen Sohn«, berichtigte ihn Paola. Und wie um ihren Worten Nachdruck zu verleihen, ergänzte sie: »Nicht ihr gemeinsames Kind, sondern ganz allein seins.«
    »Das ist noch die Frage«, sagte Brunetti. Und dann erzählte er ihr, was in dem Carabinieri-Bericht gestanden hatte.
    »Ach, der biologische Vater ist doch hier gar nicht ausschlaggebend«, beharrte Paola. »Für Pedrolli ist und bleibt der Kleine sein Sohn. Bianca Marcolini dagegen hat ihn, nach dem, was ich heute gehört habe, nie als ihr eigenes Kind betrachtet.«
    Wieweit hatte Pedrolli seine Frau eigentlich eingeweiht? Im Krankenhaus hatte sie behauptet, er habe ihr die Wahrheit gesagt, doch wie sah die aus? Brunetti nahm an, daß die Albanerin, als man ihr mit Abschiebung drohte, den Behörden genau das erzählt hatte, was die hören wollten und was sie ihr gegenüber möglichst gnädig stimmte. Und wenn sie bei der Befragung angab, Dottor Pedrolli habe ihr zugesichert, den Kleinen als seinen Sohn aufzuziehen, dann sprach das insofern für sie, als sie sich offenbar von dem Wunsch hatte leiten lassen, ihrem Sohn zu einem besseren Leben zu verhelfen. Selbst als herauskam, daß bei dem Tausch Geld geflossen war, stand sie mit dieser Version immer noch weitaus besser da als mit dem

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