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Brunetti 16 - Lasset die Kinder zu mir kommen

Brunetti 16 - Lasset die Kinder zu mir kommen

Titel: Brunetti 16 - Lasset die Kinder zu mir kommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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Testergebnis rüberzuschicken?«
    »Aber sicher! Mit Vergnügen. Soll ich mich bei dir melden, wenn ich's kriege?«
    »Du bist die Freundlichkeit in Person«, stellte Brunetti fest.
    Bocchese schnaubte verächtlich und legte auf.
    Weder Vianello noch Pucetti brauchten zu fragen, wie es ausgegangen sei. Beide wußten, daß Bocchese einen Arbeitsrhythmus pflegte, dessen Tempo - und das war fast so etwas wie ein ehernes Gesetz - nur er selbst vorgab.
    Mit einer Langmut, die gekünstelt wirkte, legte Brunetti den Hörer auf. »Die Wege des Herrn sind unergründlich«, war alles, was ihm zu Bocchese einfiel.
    »Wie gehen wir nun vor?« fragte Vianello, den die Wege des Herrn offenbar nicht sonderlich interessierten.
    »Kennst du jemanden aus Franchis Datei?« wollte Brunetti wissen.
    Vianello nickte und kramte in den Unterlagen. Pucetti kam ihm zu Hilfe und zog den gesuchten Ordner hervor.
    »Zeig mal her.« Brunetti nahm die Akte entgegen, überflog die Liste der Namen und erkannte zwei: den einer jungen Kollegin von Paola und den eines Chirurgen vom Ospedale Civile, der die Mutter eines Freundes operiert hatte.
    Da es schon spät war, einigte man sich darauf, daß jeder die ihm bekannten Personen anrufen und einen Termin für den nächsten Tag verabreden solle. Dann ging Brunetti wieder hinauf in sein Büro und studierte die Einträge über seine beiden Kandidaten. Dottor Malapiero hatte vor drei Jahren erstmals Levodopa verschrieben bekommen. Selbst Brunetti wußte, daß es sich dabei um einen Arzneistoff handelte, der vor allem im Frühstadium der Parkinson-Therapie eingesetzt wurde.
    Was Paolas Kollegin betraf, so war er Daniela Carlon nur ein einziges Mal begegnet. Ein zufälliges Treffen: Paola hatte sie einander vorgestellt, man war gemeinsam einen Kaffee trinken gegangen, und die Unterhaltung, die sich dabei entspann, verlief wesentlich angenehmer, als Brunetti erwartet hatte. Zunächst erschien ihm die Aussicht, einer Anglistikprofessorin und einer Orientalistin bei ihren Fachsimpeleien zuzuhören, nämlich alles andere als verlockend. Doch das änderte sich schlagartig, als er herausfand, daß Daniela jahrelang im Nahen Osten gelebt hatte und ihr Mann, ein Archäologe, immer noch bei Ausgrabungen in Syrien weilte. Bald schon waren sie in ein angeregtes Gespräch über Arrianus von Nikomedien und Quintus Curtius vertieft. Paola saß stumm dabei; ausnahmsweise einmal abgehängt bei einer literarischen Diskussion, was ihr indes nicht das geringste auszumachen schien.
    Franchis Aufzeichnungen zufolge hatte Daniela Carlon sich vor acht Wochen einer Abtreibung unterzogen. Sie war im dritten Monat gewesen, und von ihrem Gespräch her, das kurz zuvor stattgefunden hatte, wußte Brunetti, daß ihr Mann die vorangegangenen acht Monate ohne Unterbrechung in Syrien verbracht hatte.
    Brunetti entschied sich, mit dem leichteren Anruf zu beginnen, und erfuhr von Dottor Malapieros Frau, daß der Arzt in Mailand sei und sie ihn erst in zwei Tagen zurückerwarte. Er hinterließ keine Nachricht, sondern sagte nur, er werde sich wieder melden.
    Daniela war gleich selbst am Apparat und wunderte sich, daß Brunetti und nicht Paola bei ihr anrief. »Was gibt's denn, Guido?«
    »Ich würde gern mit Ihnen sprechen.«
    Die Pause, die daraufhin entstand, dehnte sich so lange aus, bis es peinlich wurde.
    »Es ist beruflich«, schob Brunetti verlegen nach.
    »Betrifft es Ihren Beruf oder meinen?«
    »Meinen, leider.«
    »Wieso leider?« fragte sie.
    Das war genau die Situation, die Brunetti hatte vermeiden wollen. Am Telefon konnte er bei einem solchen Dialog weder ihre Reaktionen einschätzen, noch ihr Mienenspiel beobachten.
    »Weil es mit einer Ermittlung zu tun hat.«
    »Einer polizeilichen Ermittlung?« fragte Daniela, hörbar verblüfft. »Was habe denn ich damit zu schaffen?«
    »Darüber bin ich mir selbst noch nicht im klaren. Und deshalb würde ich das gern persönlich besprechen«, sagte Brunetti.
    »Mir ist es lieber, wir klären das gleich«, entgegnete sie, und ihre Stimme klang plötzlich hart.
    »Vielleicht morgen vormittag?« schlug er vor.
    »Da habe ich keine Zeit«, versetzte sie unnachgiebig. Als Brunetti nichts darauf erwiderte, fuhr sie einlenkend fort: »Hören Sie, Guido, ich kann mir zwar nicht vorstellen, warum die Polizei mich sprechen will, aber ich gestehe, Sie haben mich neugierig gemacht.«
    Brunetti wußte, wann er sich geschlagen geben mußte. »Also gut«, sagte er. »Es geht um Ihre

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