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Brunetti 17 - Das Mädchen seiner Träume

Brunetti 17 - Das Mädchen seiner Träume

Titel: Brunetti 17 - Das Mädchen seiner Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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Fakten auftischst?«
    Brunetti blickte gespannt zu Vianello. »Ich bin«, antwortete der, »selbst kein großer Freund von Predigern und von verschleierten Predigten erst recht nicht.«
    »Aber er hat doch keine Predigt gehalten, oder?«, fragte Nadia. »Jedenfalls keine richtige.«
    »Nein, da haben Sie recht«, antwortete Brunetti. »Aber wir dürfen nicht vergessen, dass heute Abend vier Personen im Publikum saßen, die er nie zuvor gesehen hatte. Möglich, dass er erst herausfinden will, wer wir sind, bevor er alle Register zieht.«
    »Und wer beschwert sich immer, dass ich ihm eine schlechte Meinung von der menschlichen Natur andichten würde?«, erkundigte sich Paola.
    »Es ist ja nur eine Vermutung«, entgegnete Brunetti. »Man hat mir erzählt, dass in der Regel eine Kollekte stattfindet oder die Leute ihm am Ende seines Vortrags Umschläge zustecken. Heute Abend ist nichts dergleichen geschehen.«
    »Zumindest nicht, solange wir dort waren«, warf Nadia ein. »Stimmt«, bestätigte Brunetti.
    »Also, was machen wir?«, fragte Paola. Und an Brunetti gewandt, fuhr sie fort: »Falls du verlangst, dass ich noch mal da hingehe, dann ist unsere Ehe in Gefahr.« »Echte Gefahr oder gespielte?«
    Paola presste die Lippen zusammen, während sie sich ihre Antwort überlegte. »Gespielte, nehme ich an«, gestand sie schließlich. »Aber wenn ich dieses Theater ein zweites Mal durchstehen müsste, würde ich mich vorher aus lauter Verzweiflung über den Kochsherry hermachen.«
    »Den trinkst du doch auch so«, entgegnete er, und damit war das Gespräch über Bruder Leonardo beendet.

11
    A m nächsten Morgen hatte Brunetti kaum an seinem Schreibtisch Platz genommen, als das Telefon klingelte. Signorina Elettra, frisch aus Abano zurück, teilte ihm mit, der Vice-Questore, seinerseits gerade von der Interpol-Konferenz in Berlin heimgekehrt, bitte ihn um eine kurze Unterredung. Diese wohlgesetzte, neutrale Formulierung ließ Brunetti aufhorchen: Sie hatte weder etwas von Pattas gewohnt hochfahrender Polterei noch von jener dick aufgetragenen falschen Liebenswürdigkeit, mit der er sich dringend benötigte Gefälligkeiten zu erschleichen pflegte.
    Die Neugier führte Brunetti nach unten, ins Büro von Signorina Elettra. Wo er sofort eine Veränderung wahrnahm, auch wenn es einen Moment dauerte, bis er sie ausfindig gemacht hatte: Auf dem Schreibtisch stand anstelle ihres geräumigen Computergehäuses nur mehr ein superschlanker schwarzer Bildschirm. Und statt der klobigen grauen Tastatur setzte ein elegantes schwarzes Rechteck mit flachen Tasten alles daran, unsichtbar zu erscheinen.
    Signorina Elettras Garderobe war auf die neue Tastatur abgestimmt: Zum grau-schwarz gemusterten Pullover (den gleichen hatte ihm Paola vor einer Woche im Schaufenster von Loro Piana gezeigt) trug sie eine schwarze Hose, und die Spitzen der schwarzen Lackpumps, die darunter hervorblitzten, waren eine Kreuzung zwischen Schuh und Dolch.
    »Haben Sie eine Ahnung, worüber er mit mir reden will?«, fiel Brunetti mit der Tür ins Haus.
    Signorina Elettra löste ihren Blick vom Bildschirm. Brunetti sah zu, wie ihr Lächeln erlosch und einer steifen, hochkonzentrierten Miene Platz machte. »Ich glaube, der Vice-Questore interessiert sich neuerdings für multi-cultural sensitivity, Commissario«, erklärte sie. »Berlin?«, fragte Brunetti.
    »Die Notizen über die Konferenz, die er mir als Grundlage für seinen Bericht an den Questore gegeben hat, lassen darauf schließen.«
    »Multikulturelle Sensibilität?« »Ganz recht.«
    »Und was versteht man darunter?«
    Gedankenverloren langte Signorina Elettra nach einem Bleistift, fasste ihn an der Spitze und klopfte mit dem Radiergummiende auf ein Blatt Papier auf ihrem Schreibtisch. »Wenn ich seine Aufzeichnungen richtig deute, heißt es, dass demnächst neue Weisungen für den Umgang unserer Polizeibeamten mit den extracomunitari erlassen werden.«
    »Nur mit den extracomunitari oder mit allen Ausländern?«, fragte Brunetti.
    »Nein, Europäer oder Amerikaner kommen nicht vor, Commissario. Für die, die gemeint sind, war, glaube ich, früher der Ausdruck ›Dritte Welt‹ oder ›Die Armen‹ gebräuchlich.«
    »Heute ersetzt durch ›extracomunitari‹?« »Genau!«
    »Verstehe«, sagte Brunetti, der gern gewusst hätte, ob das Blatt Papier unter dem Radiergummi zu Pattas Bericht gehörte. »Und gibt es auch schon Richtlinien dafür, in welcher Form sich diese Sensibilität äußern soll?«
    »Ich

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